NBA

NBA - Kommentar zum Wechsel von Cousins zu den Warriors: Genießt es doch einfach!

Stephen Curry und DeMarcus Cousins spielen künftig gemeinsam für die Warriors.
© getty

Der Wechsel von DeMarcus Cousins zu den Golden State Warriors schockte die NBA-Welt. Der Spieler muss harte Kritik dafür einstecken, die Warriors werden ohnehin von vielen Fans verachtet - und die Liga sei längst kaputt, heißt es. All dies ist völlig absurd, kommentiert NBA-Redakteur Thorben Rybarczik.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die Verpflichtung von DeMarcus Cousins durch die Warriors schlug ähnlich hohe Wellen wie der LeBron-Deal zu den Lakers. Anders als bei diesem war der Tenor aber ein komplett anderer: Wie kann Cousins es wagen? Und wie können die Warriors es wagen? Zur Hölle mit ihnen!

Es hieß, die NBA sei kaputt (wobei... sie war doch schon 2016 nach dem Durant-Wechsel kaputt, also ist sie nun eher "noch kaputter"), obendrein sei Cousins eine "Snitch" und eine "Ringh***", die Liga müsse die Salary-Cap-Regeln verändern, weil solche Deals diesen lächerlich machen und überhaupt: Wieso hat dieser blöde Commissioner Adam Silver den Deal nicht mit einem Veto verhindert?

Gehen wir diese Klassiker doch mal durch, beginnend mit der "kaputten Liga" - in der Jahr für Jahr hinsichtlich der Umsätze, globalen Einschaltquoten oder ausgelasteten Arenen neue Rekorde aufgestellt werden. Das spielerische Niveau steigt obendrein, in jedem Draft kommen viele internationale Talente in die Liga, die zur Globalisierung des Sports beitragen.

Lakers, Bulls, Warriors: Es gab schon immer Dynastien

Wirtschaftlich geht es der Association vermutlich so gut wie nie - aber ist es nicht langweilig, dass "die Warriors den Titel für 2019 schon gebucht haben"? Erstens: Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Zweitens: Wenn sie tatsächlich den Threepeat schaffen, was wäre so schlimm daran? Die Historie der Liga ist geprägt von Dynastien. Witzigerweise werden oft die 90er als das so tolle Zeitalter herangezogen, in dem alles besser war - und in dem die Bulls sechs Titel innerhalb von acht Jahren holten und in denen circa 85 Prozent aller Teams keinen Spieler im Kader hatte, der auch nur annähernd im Verdacht stand, Michael Jordan halbwegs verteidigen zu können.

In der 80ern standen die Lakers viermal in Folge in den Finals, dreimal spielten sie gegen die Celtics. Apropos Celtics und Lakers: 33 Championships sammelten diese beiden Teams zusammen, in 71 Jahren NBA. Das ist fast die Hälfte aller Titel für nur zwei Teams - wenn die Liga kaputt ist, war sie also noch nie heile.

Kommen wir zum nächsten Punkt: Cousins' Move sei der eines Verräters, der nur darauf schaut, möglichst einfach einen Titel abzustauben. Ein Blick auf seine Situation wirft indes die Frage auf: Was hätte er denn machen sollen? Laut ESPN hatte er bis zu den Verhandlungen mit den Warriors kein einziges (!) ernstes Angebot vorliegen. Nun kommt er in eine Situation, die sportlich für seine Umstände ideal ist: Das Team wird auch ohnehin ganz gut zurechtkommen, bei seiner Reha besteht keinerlei Eile.

DeMarcus Cousins kommt bei den Warriors in ein optimales Umfeld

Wenn er dann zurückkommt, kann er sich minutenweise steigern, die Stars um ihn herum werden für Platz sorgen, er kann in Ruhe seinen Rhythmus finden und nebenbei gewinnen. Der Mann hat mit 27 Jahren noch kein einziges Playoff-Spiel absolviert - kann man es ihm übelnehmen, dass er das mal ändern will? Sicherlich ist der Warriors-Weg der angenehmste. Aber wie gesagt: Er hatte als 27-jähriger All-Star kein richtiges Alternativ-Angebot. Gewissermaßen haben die 29 anderen Teams den Warriors die Verpflichtung erst ermöglicht.

Viele fordern nun, um solche Moves künftig zu verändern, Anpassungen am Salary Cap. Der werde schließlich lächerlich gemacht, wenn ein All-Star in seiner Prime für 5,2 Millionen unterschreibt anstatt für 25 Millionen. Nur: Wie soll man das verhindern? Soll es Minimal-Gehälter geben für Spieler von Cousins' Kaliber? Dafür gibt es schlichtweg keine Basis, da Stats und All-Star-Nominierungen immer nur die halbe Wahrheit erzählen.

Es wäre Spielern gegenüber ungerecht, die es nicht in diese Kriterien schaffen, obendrein ist es im Osten viel einfacher, All-Star zu werden als im Westen. Ohnehin bräuchte so eine Regel hunderte Ausnahmen: Das Alter des Spielers müsste berücksichtigt werden oder diverse Verletzungen (die wiederum kategorisiert werden müssten). Auch das würde zu großen Ungerechtigkeiten führen. Und überhaupt: Wie absurd wäre bitte eine Regel, die Spielern vorschreibt, dass sie nicht auf Gehalt verzichten dürfen?

Der Trend geht nun einmal dahin, dass für Superstars das reine Spielergehalt nicht mehr im Fokus steht. Einnahmequellen gibt es abseits davon zuhauf, diese wiederum steigern sich mit dem sportlichen Erfolg. Es kann also paradoxerweise dazu führen, dass man als Spieler höhere Einnahmen generiert, wenn man auf Gehalt verzichtet. Und, nicht vergessen: Der Salary Cap hat in allen Teams die gleichen Regeln!

Zuletzt bleibt die Forderung eines Vetos von Commissioner Silver. Legitimation soll diese Forderung erlangen, weil einst David Stern den Wechsel von Chris Paul zu den Lakers verhindert hatte. Noch einmal die Kurzform: Damals befanden sich die Hornets im Besitz der Liga. Diese handelte also im Interesse der Franchise und machte von ihrem Veto-Recht Gebrauch, dass jeder Team-Besitzer oder -Präsident sein Eigen nennt. Dies war eine einzigartige Situation in der Liga-Geschichte - und ist nicht mit dem Cousins-Deal zu vergleichen.

Die Golden State Warriors bleiben sportlich faszinierend

Wenn man all dies berücksichtigt, kann man sich doch fragen: Warum nicht die Fähigkeit der Warriors anerkennen, solch ein Team aufzubauen? Warum nicht akzeptieren, dass jeder Spieler das Recht hat, in seinem Sinne zu handeln?

Und als neutraler Basketball-Fan: Warum kann man nicht einfach neugierig sein, wie dieses neue Warriors-Team funktioniert? Eine Starting Five aus Curry, Thompson, Durant, Green und Cousins wäre eine, die nur aus All-Stars besteht - ein absolutes Novum. Es wird spannend sein zu sehen, wie Coach Kerr es schafft, dieses Team zu einer Einheit zu formen - genauso, wie es spannend war, als Durant 2016 kam.

Niemand muss die Warriors gut finden, das steht außer Frage. Aber mit bloßer Wut und Verachtung zu reagieren und sich der Faszination dieses neuen Teams zu verschließen, wäre einfach falsch - denn es macht doch sportlich großen Spaß zu verfolgen, wie sich andere Teams darauf einstellen und sich darauf vorbereiten, dieses Superteam zu stürzen. Dass die Warriors dies verhindern wollen und mit eigenen Moves reagieren, ist ihr gutes Recht - und macht die Angelegenheit nur facettenreicher.

Letztlich kann man Cousins und den Warriors also nur zu diesem Move gratulieren. Die NBA ist keineswegs kaputt - vielmehr profitiert sie von den all den Geschichten, die die Warriors schreiben und noch schreiben werden.

Artikel und Videos zum Thema