NBA

Defense: Auch Draymond macht sexy Sachen

Draymond Green beherrscht den Nahkampf unterm Korb wie kaum ein Zweiter
© getty
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Dafür gibt es mittlerweile eine Vielzahl an anderen Möglichkeiten, wenngleich bisher noch keine allumfassende Zauberformel gefunden wurde - aber man ist nun doch um einiges klüger als früher. So ermöglicht es beispielsweise das Player Tracking mittels etlicher Kameras in jeder Halle, die Handlungen und den Einfluss aller Spieler auf dem Court einigermaßen detailliert abzubilden.

So erhebt die Liga etwa seit der vorvergangenen Saison die sogenannten "Hustle Stats" - man kann nun nachschauen, welcher Spieler wie viele Deflections verzeichnet, Loose Balls wieder einsammelt, Würfe erschwert oder auch Offensiv-Fouls annimmt. Die "klügeren" Teams haben diese schon lange vorher erhoben, Pat Rileys Spieler erhielten etwa bereits in den 90ern eine Prämie für jedes Offensiv-Foul.

Überraschende Erkenntnisse durch Hustle Stats

Es sind die klassischen "Zahlen, die nicht im Boxscore auftauchen", die aber doch sehr wichtig sind, wenn man insbesondere den Einsatz eines Spielers bewerten möchte. Während Stephen Curry etwa nicht für seine Defense berühmt ist und häufig als "reiner Schütze" verschrien wird, sammelte er letzte Saison pro Spiel die drittmeisten Loose Balls wieder ein.

James Harden contestete unter den Guards die drittmeisten Würfe (!), der 1,85 m große Kemba Walker nahm die drittmeisten Offensiv-Fouls der gesamten Liga an. Defense ist eben nicht nur Physis oder Länge, sondern auch Einsatz (dass Harden trotzdem oft defensiv den Fokus verliert, bestreitet natürlich niemand).

Green, der langarmige Hydrant

Wahrscheinlich gibt es in der Liga aktuell keinen Spieler, der das besser verkörpert, als Draymond Green. Der amtierende DPOY mag den Körperbau eines langarmigen Hydranten haben, er ist mit 2,01 m aber zu klein für einen Big Man - und trotzdem kann er defensiv dominieren. Das hat bei ihm mehr mit Instinkten, Disziplin, Einsatz und auch Stolz zu tun als mit übermäßiger Athletik, die Resultate sprechen jedoch für sich.

Green verzeichnet viele Steals (2,0) und Blocks (1,4), sein wahrer Wert zeigt sich aber erst, wenn man tiefer blickt. So gehört er zu den besten Ringbeschützern der Liga - innerhalb von 1,80 m rund um den Korb zwingt er seinen (meist größeren) Gegnern eine um 13 Prozent schlechtere Quote (verglichen mit ihrem Durchschnitt) auf. Dank seiner Schnelligkeit schließen gegen ihn aber auch Dreierschützen um 5,6 Prozent schlechter ab.

Saison 2016/17*
#SpielerDifferenz Ring-FG%#SpielerDifferenz 3FG%
1Joel Embiid-17,81Jason Terry-7,7
2Draymond Green-13,02LeBron James-7,1
3Rudy Gobert-12,83Brandon Rush-6,9
4Roy Hibbert-12,24Patrick Patterson-6,4
5LaMarcus Aldridge-12,15J.J. Barea-6,1
6Rudy Gay-11,96Jae Crowder-6
7Giannis Antetokounmpo-11,57Kevin Durant-6
8Kristaps Porzingis-11,38Draymond Green-5,6
9Aron Baynes-10,79Tim Frazier-5,5
10Kyle O'Quinn-10,710Jimmy Butler-5,3

* Spieler mit mind. 30 Einsätzen, die mindestens 2,5 Würfe pro Spiel verteidigt haben

Der Gegenpol zu Kevin Love

Die alles zerstörende Offense der Warriors funktioniert auch deshalb so gut, weil Green (und auch Kevin Durant) problemlos auf der Fünf seinen Mann stehen und den Ring beschützen kann - er führt die Liga bei der Defensive Field Goal Percentage am Ring (48,3 Prozent) sogar knapp vor Gobert an. Und das liegt nicht daran, dass er jeden Wurf erwischt, sondern daran, dass Green im Kopf seines Gegners auftaucht wie ein trash-talkender Freddy Krüger.

Wenn man das mit dem ewigen Finals-Gegner Kevin Love von den Cavaliers vergleicht, wird es traurig: Dieser erlaubt seinen Gegnern am Ring eine um 4,3 Prozent bessere Quote als ihren Durchschnitt und belegt damit bei weitem den letzten Platz unter allen Spielern, gegen die am Ring wenigstens fünf Würfe pro Spiel versucht wurden. Das zeigt allerdings auch wieder, wie besonders Green und die Warriors offensiv wie defensiv sind.

"Man hört immer nur: ‚Oh man, Steph Curry, der beste Shooter der Welt! Klay Thompson, 60 Punkte in drei Vierteln! KD, ein Wunder der Natur!' Und ich gebe zu, der Scheiß ist sexy, deswegen fällt das auf", erklärte Green im Mai selbst gegenüber Sports Illustrated. "Aber es gibt überall in der NBA sexy Scheiß. Vergesst nicht die anderen Gründe, warum wir erfolgreich sind."

Kawhi Leonard: Wie Revis Island

Freilich ist auch die gegnerische Quote kein perfekter, allumfassender Wert. Es ist passend, dass Green und Gobert hier so gut abschneiden, da sie fraglos zu den besten Verteidigern der Liga gehören. Das tut Kawhi Leonard allerdings auch. Letzte Saison schlossen seine Gegenspieler gegen ihn trotzdem nur um 0,8 Prozent schlechter ab als im Durchschnitt, Dreier trafen sie sogar um 2,7 Prozent besser. Ist der zweifache DPOY also kein guter Verteidiger mehr?

Natürlich ist er das noch. Leonards Impact ist dennoch schwieriger einzufangen als der von Big Men beziehungsweise Spielern, die primär am Zonenrand verteidigen. Viele Teams spielen mittlerweile seinen Gegenspieler kaum noch an, da sie um die Defensivstärke der Klaue wissen - es ist beinahe wie Revis Island.

So wird gewissermaßen Vier gegen Vier gespielt, auf den Ausgang der Possession hat Kawhi aber nur relativ wenig Einfluss, weil sein Gegenspieler eben kaum noch involviert ist.

Es erinnert ein Stück weit an die "Gravity", die Curry in der Offense ausübt, allerdings kann man es defensiv (bisher) nicht messen. Dennoch lohnt es sich, auf ein paar der bisher verfügbaren "allumfassenden" Werte zu blicken, um deren Stärken und Schwächen kurz zu skizzieren.