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#TheTimeline: Der Prozess des Westens

Devin Booker ist ein Versprechen in die Zukunft
© getty

Sogar der einst so ungeduldige Besitzer hat mittlerweile eingesehen: Die Suns müssen radikal auf die Jugend setzen. Das Praktische daran: Um dieses Ziel umzusetzen, war in diesem Sommer nicht viel Arbeit nötig. Die Offseason-Analyse.

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Die Transaktionen der Phoenix Suns

Der Fokus der Suns lag auf dem Draft, bei dem sie an vierter Stelle wählen durften. Wie erwartet fiel die Wahl auf Josh Jackson von den Kansas Jayhawks, der den Ruf eines äußerst explosiven Flügel-Scorers mitbringt. An 32. Stelle wurde zudem Davon Reed geholt, der sich über intensive Defense auf den Guard-Positionen definiert.

In der anschließenden Free Agency passierte nahezu gar nichts. Lediglich der Vertrag von Forward Alan Williams wurde verlängert (3 Jahre/17 Millionen Dollar). Mike James, zuletzt bei Panathinaikos unterwegs, erhielt einen Two-Way Contract.

Leandro Barbosa (Ziel unbekannt) und Mike Scott (Wizards), deren Verträge ausgelaufen waren, werden künftig außerhalb der Wüste Arizonas ihr Geld verdienen. Eine Entscheidung bezüglich Alex Len (Restricted Free Agent) steht noch aus.

Deutlich schwerwiegendere Verträge wurden im Front Office unterzeichnet: Der (beim Besitzer Robert Sarver) nicht unumstrittene General Manager Ryan McDonough erhielt eine Vertragsverlängerung bis 2020 und bekam überraschend James Jones als einen neuen Berater an die Seite gestellt. Jones war bis zuletzt als Spieler aktiv und erreichte sieben Mal in Folge die Finals (Heat und Cavaliers). Einst spielte er bei den Suns.

Die Strategie der Phoenix Suns

"Ich habe gar keine andere Wahl, als geduldig zu sein", erklärte Suns-Besitzer Robert Sarver Ende Juli. Diese Aussage darf durchaus als Überraschung eingestuft werden, war er doch in den Jahren zuvor vor allem dadurch aufgefallen, ziemlich ungeduldig zu sein.

Die Suns stehen inzwischen bei acht Jahren in Folge ohne Playoff-Teilnahme. Erinnerungen an die spektakulären Zeiten, in denen Steve Nash und Amar'e Stoudemire die beste Offense der Liga anführten, verdunsten Stück für Stück im Wüstenstaub. Sarver und sein "Stellvertreter" McDonough versuchten zwar Sommer für Sommer, per Free Agency oder Trade die Durststrecke zu beenden - scheiterten aber konstant.

Das Problem: Es gab kein Konzept. Mal streckten sie ihre Fühler nach LaMarcus Aldridge aus, mal nach Carmelo Anthony, mal nach Blake Griffin oder Kevin Love. Überzeugen konnten sie aber niemanden, wobei sich die Frage stellt, was das überhaupt gebracht hätte (vermutlich nichts).

Nun hat das krampfhafte Werben um Stars ein Ende. Mit der Verlängerung McDonoughs, der sich für einen Jugend-Kurs stark macht, und der Aussage Sarvers fand ein Kurswechsel statt, der durchaus ungewöhnlich ist (denn wann lässt sich ein Besitzer schon mal überzeugen?).

Zehn Spieler im Kader sind 24 oder jünger und strotzen nur so vor Talent. Booker entwickelt sich zu einem Elite-Scorer, Tyler Ulis soll eines Tages mehr sein als ein Backup und das Potenzial der Bigs Marquese Chriss und Dragan Bender ist weiterhin riesig. Sie sollen noch ein, zwei Jahre von Tyson Chandler lernen, dem letzten alten Haudegen im Kader.

Auch Rookie Jackson passt selbstverständlich in dieses Raster und hat im ersten Jahr keinen Druck, Spiele gewinnen zu müssen. Die Entwicklung der Jungspunde steht endlich über allem und soll eine rosige Zukunft bringen. In Phoenix spricht man von #TheTimeline, was getrost als "Process" des Westens bezeichnet werden darf.

Wem nun auffällt, dass Eric Bledsoe in dieses Konzept nicht so ganz reinpasst, sei gesagt: stimmt. Der 27-Jährige hat noch zwei Jahre Vertrag und ist fast schon traditionell ein Trade-Kandidat. Doch: Erzwingen werden die Verantwortlichen nichts. Auf ein sehr gutes Angebot, welches weiteres Talent und/oder Picks einbringen würde, ginge man sicherlich ein. Handlungsdruck gibt es aber nicht, denn auch ohne einen Deal gehen die Suns mit viel Cap Space und genügend Picks in die Zukunft. Gut möglich also, dass Bledsoe bis zu seinem Vertragsende in Phoenix bleibt, damit die jungen Spieler nicht auf sich allein gestellt sind.

Dass die Suns in einen Trade von Kyrie Irving involviert werden, wird immer unwahrscheinlicher. Denn die Cavs würden wohl - neben Bledsoe - auch Jackson fordern. Und den gibt man nicht aus der Hand.

Die Schwachstellen der Phoenix Suns

Auch wenn das jetzt langweilig klingt: Die große Stärke - die Jugend - ist ein ebenso großer Schwachpunkt. Wie gewinnt man enge Spiele? Wie befreit man sich aus einem Sumpf während einer Niederlagen-Serie? Wie hält man die Motivation aufrecht in einer Western Conference, in der man in nahezu jedem Spiel der Außenseiter ist?

Hier ist Head Coach Earl Watson gefragt, der mit seinen 38 Jahren selbst ins junge Konzept passt. Schafft er es, die Balance zwischen Spieler-Entwicklung und sportlichem Wettbewerb aufrecht zu erhalten? Das Beispiel Devin Booker aus der vergangenen Saison zeigt, dass ihm das zuzutrauen ist.

Eine andere große Baustelle ist die Defense. 2016/17 verteidigten nur zwei Teams mieser als die Suns. Besonders auf den Guard-Positionen gab es - zumindest wenn Bledsoe nicht auf dem Feld stand - kaum Gegenwehr. Hoffnung macht in dieser Hinsicht Jackson, der mit seiner Athletik und seinem Einsatz zumindest am College ein starker Flügel-Verteidiger war.

Auch das Rebounding steht auf der Problem-Liste. Bender oder Chriss müssen physisch stärker werden, damit die ganze Drecksarbeit nicht an Chandler hängen bleibt. Sollte der Vertrag mit Len, zuletzt der zweitbeste Müllsammler im Team, nicht verlängert werden, gilt dies umso mehr.

Die Hoffnungsträger der Phoenix Suns

Mit seiner 70-Punkte-Performance gegen die Celtics hat sich Devin Booker quasi schon unsterblich gemacht. Zur Erinnerung: Der Junge ist nach wie vor erst 20 Jahre alt und legte vergangene Saison schon 22,1 Punkte auf. Geht diese Entwicklung so weiter, könnte er eines Tages zum Liga-Topscorer werden. Für dieses Ziel muss er aber noch an vielen Aspekten arbeiten. Dazu gehört vor allem die Wurfauswahl, sein Playmaking und die Konstanz von der Dreierlinie (36,3 Prozent). Dass Jackson ihn schon bald entlastet, könnte Booker helfen.

Und hier kommt der zweite Hoffnungsträger ins Spiel: Jackson persönlich. Er wurde lange Zeit als Top-3-Pick gehandelt, rutschte aber letztendlich vor allem aufgrund seines schwachen Distanzwurfs auf die Vier. Seine Wurftechnik macht zwar in dieser Hinsicht nicht unbedingt Hoffnung auf schnelle Besserung, doch mit seiner Explosivität und der Fähigkeit, am Brett abzuschließen, kann er trotzdem eine Sofort-Hilfe sein. Seine Spielmacher-Fähigkeiten sind ebenfalls nicht zu verachten.

Das Fazit

Besonders im Hinblick auf das Wettrüsten der Western Conference war der Strategiewechsel in Phoenix völlig richtig. McDonough konnte Besitzer Sarver davon überzeugen, voll auf die Jugend zu setzen und langfristig etwas aufzubauen. So war es kein Wunder, dass in der Free Agency die Füße still gehalten wurden. Eine Verpflichtung von beispielsweise Griffin war wohl nie realistisch und hätte auch nicht ins Konzept gepasst.

Nun steht eine junge Truppe zur Verfügung, die neben den Lakers und Wolves im Westen das meiste Potenzial hat. Booker, Jackson, Chriss, Bender oder Ulis sollen eher lang- als mittelfristig den Erfolg zurück bringen - und die Chancen dafür stehen gut. Denn es gibt genügend Spielraum (Cap Space und Picks), um einzelne Missstände zu korrigieren oder auf die ausbleibende Entwicklung einzelner Spieler zu reagieren. Kurz: Die Fans dürfen sich auf die Zukunft freuen!

Die Note: 2-

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