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"LeBron fehlt noch ein Schritt zu Jordan"

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Die Cavs-Defense ist zu schwach für die Finals

Andre Voigt: Ganz so hart würde ich es nicht formulieren - trotzdem halte ich die Defense der Cavs für arg überbewertet. Zumal sie bis dato noch nicht wirklich auf die Probe gestellt wurde. Betrachtet man die Serien gegen Boston oder gegen Toronto, sollte man sich fragen: Wie viele offene Würfe hatten die Gegner eigentlich? Jede Menge! Sie haben sie nur nicht getroffen. Die Cavs haben das natürlich clever gemacht, indem sie Leute wie Isaiah Thomas oder DeMar DeRozan gedoppelt haben, weil sie wussten, dass der "Rest" das nicht bestrafen kann. Trotzdem waren die Fehler, die Cleveland gemacht hat, klar zu sehen, auch wenn sie etwas konzentrierter agiert haben als in der Regular Season. Nun geht es gegen die Warriors, die sehr gut von draußen treffen. Zudem haben sie Spieler, die es verstehen, im richtigen Moment zu cutten. Dann siehst du plötzlich schlecht aus, wenn die Zuordnung nicht mehr da ist und es keinen "Notfallplan" gibt. Was den Cavs helfen könnte, wäre eine großzügige Regelauslegung der Referees, ohne dass ich hier jetzt Verschwörungstheorien lostreten will. Das war auch letztes Jahr in den Finals zu sehen, dass da sehr viel abseits des Balles passiert ist. Hier mal ein Rempler, da mal ein Halten gegen einen Shooter, der um einen Screen läuft - das ging alles durch. Auch dadurch wurde die Defense der Cavs besser und die Warriors verloren ihren Rhythmus. Wenn das allerdings alles kleinlich abgepfiffen wird, haben die Cavs ein Problem, da sie einfach nicht dauerhaft mehr als drei gute Verteidiger auf einmal aufbieten können. Zudem können sie nirgends Doppeln gegen diese Dubs, weshalb ich glaube, dass ihre Defense ein Riesenproblem wird.

Thorben Rybarczik: Defensiv-technisch sehe ich es ähnlich wie du. Die Taktik, die für die Cavs bis dato zum Erfolg geführt hat, muss komplett über den Haufen geschmissen werden. Aber das wissen natürlich auch die Cavs. Und es ist ja nicht so, dass sie 2016 nicht schon gezeigt hätten, dass sie sich anpassen können. Nach den ersten beiden Spielen hat auch niemand damit gerechnet, dass die Cavs darauf eine Antwort haben. Doch sie haben daraus, dass ab Spiel 3 offensiv plötzlich alles lief, defensive Energie generiert und jeder einzelne Spieler ist über sich hinausgewachsen. So kam es, dass nicht mehr zwei oder drei Spieler versteckt werden mussten, sondern nur einer - und die anderen waren in der Lage, den Gegenspieler vor sich zu halten. So konnten sie erzwingen, dass die letzten Würfe der Warriors nicht den Shootern gehörten, sondern den Rollenspielern. Das wird durch Durant dieses Jahr ungleich schwieriger, das ist klar - aber ich traue jedem einzelnen Cavs-Spieler zu, dass er in entscheidenden Momenten mehr Leistung bringt als in den Serien zuvor. Man erinnere sich nur an Game 7, als in der Crunchtime plötzlich jeder einzelne auf Bruce-Bowen-Niveau verteidigt hat.

Ole Frerks: In den letzten drei Spielen der Finals 2016 haben die Cavs kollektiv auf einem Niveau verteidigt, das ich ihnen nicht zugetraut hätte. Das war wirklich extrem stark. Ich glaube, dass sie dieses Niveau auch jetzt noch für einzelne Possessions erreichen können, aber bisher lässt mich wenig daran glauben, dass sie es auch über ganze Spiele schaffen können. Zumal sie ab jetzt eben nicht mehr gegen eindimensionale Ost-Teams antreten, die massive Probleme kriegen, wenn man ihnen den besten Scorer nimmt. Bei den Dubs weiß man ja nicht mal, ob nun Curry oder Durant der beste Scorer ist! Und dann rennt da immer noch ein Thompson rum. Schon mit den nicht gerade elitären Shootern der Celtics hatten die Cavaliers Probleme, das beste Beispiel war wohl ihre verpennte Rotation vor dem Gamewinner von Bradley in Spiel 3. Und ich glaube, man muss das wirklich noch mal betonen, wie groß der qualitative Unterschied zwischen den Celtics und den Warriors ist. Oder zwischen den Warriors und den Warriors im letzten Jahr - jetzt hat man einen gesunden Curry und Durant statt Barnes. Abgesehen von (vielleicht) Green und (vielleicht) Iggy gibt es in den besten Lineups der Warriors schlichtweg keine Spieler, die man mal stehen lassen kann. Das ist für Clevelands Defense eine viel größere Herausforderung als letztes Jahr, zumal sie mit Dellavedova einen wirklich ordentlichen Verteidiger verloren haben.

Alex Schlüter: Man sollte die Cavs aber auch nicht unterschätzen in dem, was sie bis jetzt defensiv geleistet haben in den Playoffs. Sie sind in jede Serie mit einem klaren Plan gegangen und haben ihn durchgezogen. Nun lässt sich mit dem Argument dagegenhalten, dass es bitter ist, dass die Teams darauf keine Antwort gefunden haben. Aber das Lob für die Cavs und Lue sollte im Vordergrund stehen. Sie haben in jeder Serie Spiele auch durch die Verteidigung gewonnen. Wir sollten also schon davon ausgehen, dass auch in der vierten Serie für die Cavs Adjustmens vorgenommen werden, die dem Gegner das Leben schwer machen. Genug Zeit haben sie dafür. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, dass sie das Werfen bei den Warriors Draymond Green überlassen mit der Prämisse: 'Nimm den Dreier - und wenn du ihn triffst, kann eh kein Team der Welt gegen euch gewinnen. Aber wenn du ihn verfehlst, dann lassen wir dich da draußen verhungern und ziehen die Helpside von dir weg.'

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Andre Voigt: Das war ja ein Stück weit schon der Plan aus dem Vorjahr, als man Green, einem strauchelnden Harrison Barnes oder Iguodala Würfe gegeben hat. Aber die Warriors und gerade Green sind inzwischen schau genug zu erkennen, dass es für sie viel mehr Optionen gibt als den Dreier. Wenn es dazu kommt, dass Green offen gelassen wird, wird er von der Vier aus den Playmaker geben, Drives initiieren und dadurch die Defense zur nächsten Aktion zwingen. Geschieht dies, sehe ich einfach nicht, wie die Cavs auch das beantworten sollen. Es sei denn, die Linie der Refs hilft etwas mit - wie ich es schon erwähnt habe. Dann können die Cavs extrem physisch werden. Darauf waren de Warriors schon letztes Jahr nicht eingestellt. Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie denselben Fehler wieder machen.

Ole Frerks: Ich frage mich ja zudem auch, ob die Warriors nun endlich mehr das Pick-and-Roll mit Durant und Curry laufen werden, vielleicht auch mal vermehrt mit KD als Blocksteller. Nominell ist das das gefährlichste Play in der gesamten NBA, die Warriors haben es in der Saison aber kaum mal aus der Mottenkiste geholt. Ich kann mir vorstellen, dass dieses Play die Serie entscheiden könnte.