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Kämpfen für den Kobold-Bruder

Marcus Smart vertrat den verletzten Isaiah Thomas
© getty

Die Boston Celtics haben für eine dicke Überraschung gesorgt und den Cleveland Cavaliers die erste Playoff-Niederlage beschert- trotz katastrophaler erster Halbzeit. Denn Head Coach Brad Stevens hatte den richtigen Plan und vor allem einen würdigen Ersatz für den verletzten Isaiah Thomas.

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"Was für eine legendäre Saison von Isaiah Thomas! Wie er uns nach der Tragödie und trotz seiner Verletzung durch Game 7 getragen hat, war heldenhaft."

Dieser Tweet stammt von Celtics-GM Danny Ainge. Er ging online, nachdem bekannt wurde, dass IT4 in den laufenden Playoffs nicht mehr spielen wird: Eine Hüftverletzung, mit der er sich schon lange herumplagte, hatte sich verschlimmert. So musste das berüchtigte "out for remainder of playoffs" hinter seinen Namen gesetzt werden.

Nun galt der Tweet von Ainge zwar Thomas persönlich, doch so manche lasen in ihm bereits eine Art von Saisonabschluss-Post. Dabei war sein Team doch eigentlich noch mitten drin im Kampf um die Finals. Wie gesagt - eigentlich.

Es ging schon wieder los...

Denn nachdem die Kobolde vor heimischem Publikum zweimal in Folge vom amtierenden Champion aus Ohio vorgeführt wurden, waren sie plötzlich schon abgeschrieben und die Cavs in den Finals. Der Klassenunterschied schien einfach zu groß - und dann kam auch noch die Verletzung von Thomas. Und die erste Halbzeit von Spiel 3 in der Quicken Loans Arena.

Dort machten LeBron James und Co. nämlich so weiter, wie sie in Boston aufgehört hatten - sie trafen nahezu jeden Wurf, egal ob frei oder gegen eine Hand. 14/22 Dreiern hatten sie in den ersten 24 Minuten bereits verwandelt und führten folgerichtig mit 16 Punkten.

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Die Celtics schienen während des Dreierregens in Panik zu geraten. Sie ließen sich von jeder Wurffinte vernaschen oder rannten mit zwei Mann auf einen Schützen zu, der dann einfach den Extra-Pass spielte. Kurzum: Die grüne Armee war in der Defense ein vogelwilder Haufen, der zu allem Überfluss auch noch in der Offensive vermeintlich einfache Würfe liegen ließ.

"Härter spielen als sie"

Doch mindestens eine Person blieb ruhig: Head Coach Brad Stevens. Er war sich wohl bewusst, dass es einfach nicht möglich sein konnte, das Cleveland zum dritten Mal in Folge solch einen Sahnetag von der Dreierlinie erwischen würde. Deshalb ermahnte er seine Spieler in der Halbzeit, nicht den Kopf hängen zu lassen. Denn: "Ihr müsst nur härter spielen als sie. Wenn ihr das tut, werden wir sie nerven und sie lassen uns zurück ins Spiel."

Und genau so kam es. Die Cavaliers kamen betont locker aus der Kabine, wollten ihren gewohnten Stiefel runterspielen und schnelle Dreier nehmen. Leider fielen diese aber nicht mehr rein - zum einen, weil die eigene Körperspannung fehlte, zum anderen weil die Closeouts der Defense nun deutlich präziser und energischer waren.

Zunächst warfen die Cavs trotzdem munter weiter, was Coach Tyronn Lue gar nicht gefiel. Er sprach es sogar in einem Seitenlinien-Interview an, dass er diese Dreier nicht mehr sehen wolle. Doch es musste festgehalten werden: So einfach war die Vorgehensweise nicht zu ändern, da die Celtics-Defense nach allen Regeln der Kunst die Zone verrammelt hatte.

Smart ersetzt Thomas

Der erste "Türsteher" in grün war Marcus Smart, der am Perimeter seinem Ruf als Kettenhund alle Ehre machte und für ordentlich Physis sorgte. Smart war für Thomas in die Starting Five gerückt und verbrachte somit mehr gemeinsame Zeit mit Avery Bradley und Jae Crowder auf dem Feld. Härter geht es kaum.

Die Cavs kamen damit nicht zurecht und verloren jegliche Struktur in der Offense. Stevens' Taktik - die er mit dem ebenfalls nicht gerade "soften" Jonas Jerebko noch einmal verstärkte - ging also auf. Wenn es dann also noch in der Offense laufen würde...

Dieser Wunsch trat spätestens zum Ende des dritten Viertels ein, als die Celtics aus ihren defensiven Stops Selbstvertrauen generierten und plötzlich selber Dreier trafen. Auch hier ist Smart zu nennen, der nicht davor zurückschreckte, einen Großteil des Ballhandlings zu übernehmen und in der entscheidenden Phase einen Wurf nach dem anderen zu nehmen und zu treffen (27 Punkte, 7/10 3FG).

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"Jeder von uns musste heute eine Schippe drauflegen, da einer von unseren Brüdern nicht dabei war", sagte Smart im Anschluss. "Unsere Liebe und unsere Unterstützung geht an Isaiah. Wir wünschen uns alle, dass er dabei sein könnte, wir verstehen aber, dass es nicht so sein kann. Wir haben einfach gekämpft. Jeder hat seinen Teil erledigt."

Bradley mit Glück

Zur durch und durch runden Leistung von Smart gehörte auch das letzte Play des Abends, das Avery Bradley zum Helden machte. Bei Gleichstand und noch 10 Sekunden auf der Uhr warf Jerebko zu Smart ein, der die Ehre hatte, von LeBron persönlich verteidigt zu werden. Anstatt selber den Gamewinner zu erzwingen, verließ er sich auf den von Stevens aufgemalten Spielzug und fand auf dem Flügel Bradley, der von Al Horford zuvor optimal freigeblockt wurde.

Bradley drückte ab - und traf den Ring. Doch das Glück war den Kleeblättern hold und der Spalding sprang über Umwege doch noch durch die Reuse. Als die Uhr anhielt, waren noch 0,1 Sekunden angezeigt. Das Ding war durch, da die Cavs es gar nicht mehr mit einer Auszeit versuchten.

Bei den Cavs dürfte derweil die erste Erkenntnis des Abends sein, dass LeBron doch keine Maschine ist, die in diesen Playoff konstant auf Hochtouren läuft. "Er ist nur ein Mensch und darf auch mal solche Spiele haben", erklärte Lue die Leistung des Kings, der mit 11 Punkten und 4/13 aus dem Feld sein schwächstes Playoff-Spiel der letzten Jahre hinlegte.

James selber sah die ganze Sache eher pragmatisch: "Besser, so eine Niederlage passiert uns jetzt als zu einem anderen Zeitpunkt", sagte er. Welchen Zeitpunkt er genau meinte, verriet er nicht - doch es wussten wohl alle, dass die Finals gemeint sind. Es scheint also so, als müssten die Celtics noch einmal so eine Willensleistung hinlegen, um in den Augen der Cavs als ernsthafte Hürde wahrgenommen zu werden.

Das Playoff-Bracket im Überblick

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