NBA

"Man könnte eine Selbsthilfegruppe aufmachen“

Mike Miller
© getty
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SPOX: Sie stehen mittlerweile in Ihrem 17. NBA-Jahr. Wenn Sie zurückblicken - welche Erinnerung kommt als erstes?

Miller: Die Miami-Jahre, keine Frage. Ich habe einige tolle Teams erlebt und hatte bei jeder meiner Stationen Spaß, auch jetzt, wo ich nur noch sehr wenig auf dem Court stehe. Aber nichts schlägt dieses Gefühl, wenn du dich Champion nennen kannst. In Miami habe ich das sowohl 2012 als auch 2013 erlebt - und mehr geht einfach nicht. Ich kann mich da an ziemlich viele Siege erinnern. (lacht) Es ist in der NBA unheimlich leicht, zu verlieren. Gewinnen ist viel schwerer. Es dann über die Ziellinie zu schaffen, sogar zweimal in Folge, ist nicht zu toppen.

SPOX: Und vermutlich erinnern Sie sich auch an sieben Dreier in Spiel 5 der Finals, oder?

Miller (lacht): Ja, natürlich. Es war ja keine leichte Saison für mich, ich habe viele Spiele verpasst und hatte dann auch bei den Heat nicht wahnsinnig viel Einsatzzeit. Und dann erlebe ich da im allerletzten Spiel der Saison so einen Tag, an dem ich einfach nicht daneben werfen kann. Ich habe mich nie nur als Shooter definiert, aber natürlich war das ein wichtiger Teil meines Spiels - und es gibt für einen Schützen kein schöneres Gefühl, als "automatic" zu sein. Es lief einfach. (lacht) Das sind die Momente, von denen man als Kind träumt. So etwas dann ausgerechnet auf dieser Bühne zu erleben, war einfach nur unheimlich schön.

SPOX: Sie waren auch 2011 schon dabei, als die Heat gegen Dallas in den Finals verloren. Haben sie nach dem Titel 2012 eine Veränderung an LeBron James bemerkt? War es wirklich so, als wäre eine riesige Last abgefallen?

Miller: Das kann man schon so sagen, ja. Er hatte ja vorher noch keinen Titel und für einen Spieler von seinem Stellenwert war das eben einfach ein Makel, auf dem wieder und wieder rumgeritten wurde - von allen Seiten. Ich habe mich daher besonders für ihn gefreut, als er diesen ersten Titel "abhaken" konnte. Seitdem kann er sich umso besser darauf konzentrieren, das zu tun, was er am besten kann. Er hat es mittlerweile auch den letzten Zweiflern bewiesen, dass er einer der Größten aller Zeiten ist.

SPOX: Wie ändert sich das Spiel für einen Distanzschützen wie Sie, wenn ein Passer wie LeBron mit auf dem Court steht?

Miller: Es bedeutet offene Würfe - die offensten Würfe, die man haben kann, wenn man nicht alleine in der Halle trainiert. (lacht) LeBron macht es seinen Mitspielern unglaublich einfach. Wenn man sich in die richtige Ecke bewegt, wird er dich finden, und zwar genau auf der Höhe, die für deine Wurfbewegung am besten ist. Das ist ein Luxus, den man nur mit den allerbesten Passern der Welt wirklich genießen kann.

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SPOX: James ist mittlerweile 32 Jahre alt - überrascht es Sie, dass er noch immer keine Anzeichen von Verfall zeigt?

Miller: Nein, überhaupt nicht.

SPOX: Wieso?

Miller: Er ist LeBron James! Der Typ ist ein Wahnsinniger, ich glaube, dass das vielen Leuten gar nicht klar ist. Was er an Arbeit in seinen Körper und sein Spiel steckt, ist wirklich unfassbar - nicht viele Spieler bringen so eine Professionalität und Arbeitseinstellung mit. Natürlich hat er auch ziemlich gute Gene, aber das allein würde niemals reichen. Die Art und Weise, wie er seinen Beruf ausübt, sollte jedem ein Vorbild sein. Ich glaube daher, dass er noch eine ganze Weile so dominant auftreten wird, solange er sich keine größere Verletzung zuzieht.

SPOX: Sie haben einige schwere Verletzungen hinter sich, dennoch sind Sie nun mit fast 37 Jahren immer noch dabei - wie hat sich Ihre Workout-Routine über die Jahre verändert?

Miller: Ich musste es erst lernen, richtig auf meinen Körper zu hören. Ich habe auch früher schon viel Zeit in Workouts investiert, stand oft stundenlang in der Halle und habe Gewichte gestemmt, Konditionstraining gemacht und so weiter. Aber erst später habe ich gelernt, dass es weniger auf die Dauer, sondern auf die Art des Workouts ankommt. Ich mache mittlerweile deutlich mehr abseits des Courts als auf dem Court, aber alle Übungen sind gezielt und sollen bestimmte Körperbereiche stärken. Ich arbeite jetzt wesentlich smarter, anders ginge es in meinem Alter auch mit Sicherheit nicht mehr.

SPOX: Wissen Sie denn schon, wie lange Sie sich das Ganze noch antun werden?

Miller: Ich habe da nicht wirklich Pläne gemacht, um ehrlich zu sein. Ich fühle mich momentan sehr gut, mein Körper ist gesund und ich denke, dass ich einem Team immer noch einiges geben kann, auch auf dem Feld, das ich in dieser Saison bisher erst fünfmal betreten habe. (lacht) Ich habe Lust, noch weiter Basketball zu spielen. Aber ich mache es jetzt schon seit einigen Jahren so, dass ich einfach im Sommer entscheide, ob es noch weitergeht oder ob ich doch mal aufhören möchte.

SPOX: Wissen Sie schon, wie es danach für Sie weitergehen soll? Sie waren ja immer als sehr intelligenter Spieler bekannt - können Sie sich eine Karriere als Coach vorstellen?

Miller: Ich weiß es noch nicht sicher, aber klar, Coaching wäre schon eine Möglichkeit. Das Spiel hat mir unheimlich viel gegeben und ich habe von sehr guten Coaches lernen können, daher ist das auf jeden Fall etwas, womit ich mich befassen werde. Man will ja gerne etwas zurückgeben und gewissermaßen tue ich das ja auch jetzt schon. (lacht) Aber die Entscheidung steht noch aus und wird letztendlich auch in Absprache mit meinen Kindern getroffen, die sogar noch wichtiger sind als Basketball.

Mike Miller im Steckbrief

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