NBA

"Heute passiert Trash Talk über Twitter"

Von Interview: Dean Walle
Paul Pierce war 15 Jahre lang einer der Leader der Boston Celtics
© getty

Paul Pierce gewann 2008 die Championship und legte eine Hall-of-Fame-Karriere hin. Nun steht der langjährige Forward der Boston Celtics, die am Christmas Day (ab 18 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE) gegen die New York Knicks antreten, kurz vor dem Ende seiner Laufbahn. Im Interview spricht The Truth über lange Nächte im Locker Room, Trash Talk der Marke Old School und seine größten Playoff-Duelle.

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SPOX: Mr. Pierce, Wie ist Ihre Entscheidung, nach dieser Saison Ihre Karriere zu beenden, in Ihrem Umfeld aufgenommen worden?

Paul Pierce: Die Entscheidung hat sehr viel Zustimmung gefunden. Viele Leute haben allerdings bereits gesagt, dass sie mich vermissen werden. Ich habe der Liga einige sehr sehr gute Jahre gegeben. Die Menschen haben verstanden, was für ein Spieler ich über die ganzen Jahre hinweg war, wie sehr ich mich für diesen Sport aufgeopfert und wie viel Leidenschaft ich in diesen Sport investiert habe. Ich hab mein ganzes Leben dem Basketball untergeordnet. Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich mich auf die nächste Phase in meinem Leben vorbereiten muss.

SPOX: Die nächste Phase - wie wird die aussehen?

Pierce: Ganz sicher bin ich mir noch nicht, aber ich möchte auf jeden Fall dem Basketball etwas zurückgeben. Nicht mehr als Spieler, aber vielleicht als Coach oder im Management oder möglicherweise sogar als TV-Kommentator. Irgendwie, in irgendeiner Form, werde ich dem Sport erhalten bleiben.

SPOX: Wie kurz standen sie im Sommer wirklich davor, die Schuhe an den Nagel zu hängen?

Pierce: Ich stand sehr kurz davor, in der Offseason meine Karriere zu beenden. Die Sommerpausen werden jedes Jahr immer kürzer, besonders dann, wenn der Zeitpunkt kommt, wo man sich für die nächste Saison in Form bringen muss. (lacht) Dieses Mal hat es wieder ein bisschen länger als üblich gedauert aus dem Bett zu krabbeln und sich aufzuraffen, um zum Training zu gehen. Die Saison selbst ist gar nicht mal das Schlimmste. Viel schlimmer ist die Vorbereitung darauf. Diesen Sommer ist es mir viel schwerer gefallen als in den vergangenen Jahren. Diesmal war's auf jeden Fall das allerletzte Mal.

SPOX: Warum sind Sie denn überhaupt noch mal für eine weitere Saison zurückgekommen?

Pierce: Ich wollte einfach noch einmal um den Titel mitspielen. Ich hab mir unser Team für diese Saison angeschaut und gesehen, dass wir eine echte Chance auf die Meisterschaft haben. Außerdem hat es mir überhaupt nicht gefallen, wie das letzte Jahr zu Ende gegangen ist. Wir hatten enorme Verletzungsprobleme. Dieses Jahr, dachte ich mir, könnten wir mit diesem Team noch mal richtig angreifen. Wir haben so viele große großartige Spieler, da könnte es zum Titel reichen.

SPOX: Sie sind einer der übrig geblieben Dinosaurier sozusagen. Wie verrückt war es für Sie persönlich, zu beobachten, wie die Stars, die wie Sie in den Neunzigern gedraftet wurden, nach und nach die Liga verlassen?

Pierce: Das war schon hart. Ich bin Teil einer ganz fantastischen Ära. Gucken Sie sich an, wer seit dem Jahr 2000 die Liga verlassen hat, zum Beispiel Allen Iverson und Tracy McGrady. Oder nur allein dieses Jahr: Kobe Bryant, Tim Duncan, Kevin Garnett. Das sind alles Jungs mit denen ich zusammen in die Liga gekommen bin. Das tut schon ein bisschen weh, diese Spieler gehen zu sehen. Ich bin als Nächster dran.

SPOX: Stichwort Garnett. Sie haben zusammen mit ihm in Boston einen Titel gewonnen und auch darüber hinaus sehr viel mit ihm erlebt. KG war ja bekanntermaßen auch ein legendärer Trash Talker. Können Sie ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern?

Pierce: Ich teile unglaublich viele ganz tolle gemeinsame Erinnerungen mit ihm. Nicht nur die Championship mit ihm machte die Zeit mit ihm zu etwas Besonderem. Auch die Geschichten, die er jeden Tag erzählt hat. Das war schon verrückt. Er hat einfach jeden in seinen Bann gezogen mit seiner Stimme und mit seinen Anekdoten. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich nach dem Spiel oder nach dem Training gemeinsam mit ihm in dem Locker Room gesessen habe und wir einfach Geschichten ausgetauscht haben. Teilweise stundenlang. Auf einmal sah die Kabine aus wie ein verdammtes Lagerfeuer. Alle Leute, die zur Mannschaft gehörten, haben sich nach und nach um uns versammelt und einfach zugehört, was KG zu sagen hatte. Anekdoten, Erfahrungen und Geschichten aus der Liga, die er mit uns teilte. Er ist ohne Frage eine der besten Mitspieler den ich jemals hatte. Es ist wirklich traurig, dass er nicht mehr da ist. Aber irgendwann müssen wir halt alle gehen.

SPOX: Schätzen Sie dieses - ihr letztes - Jahr mehr als die anderen Jahre?

Pierce: Auf jeden Fall. Viel mehr. Deswegen komme ich immer früh zum Training und zum Spiel und genieße diese Erfahrung ein letztes Mal. Ich freue mich auf jede Auswärtsreise, jede Busfahrt, jeden Flug. Selbst die Zeit mit der Presse und den Journalisten. (lacht) Ich weiß halt, es ist das letzte Mal.

SPOX: Wie wichtig ist es, in einer so langen Saison seinen Sinn für Humor zu behalten?

Pierce: Sehr wichtig. Den musst du einfach bewahren, ich ganz besonders. Denn das war's, es ist mein letztes Jahr. Ich kann hier nicht schlecht gelaunt zum Training kommen und enttäuscht oder traurig sein. Ich werde positiv bleiben. Du musst einfach auch Spaß haben. Es ist so eine lange, harte Saison. Die Leute verstehen das nicht. 82 Spiele! Dazu kommen die Playoffs. Man sieht sich praktisch jeden Tag. Beim Training. Zum Spiel. Ich genieße jeden Moment. Besonders die Zeit mit den jungen Spielern in der Mannschaft. Die wollen von einem Veteran wie mir erfahren, wie es ist, gegen die Superstars der vergangenen Zeiten gespielt zu haben, gegen die sie ja nie angetreten sind. Und natürlich teile ich meine Erfahrungen gerne mit ihnen.

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