NBA

Vom Franchise-Raub zur Erfolgsgeschichte

Kevin Durant spielte eine Saison für die Super Sonics
© getty
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Die Wahl Westbrooks sollte nicht das einzige Mal sein, dass Presti mit seinen Einschätzungen komplett richtig lag. Das galt auch für die wohl wichtigste Entscheidung im ersten "Thunder-Jahr": Nach einem miserablen 1-12-Start feuerte er Carlesimo und setzte dessen damaligen Assistant Coach Scott Brooks als Interimslösung ein. Zwar fuhr dieser mit seinem jungen Team auch nur 22 Siege aus 69 Spielen ein, doch Presti hielt - zum Unverständnis vieler Experten - an Brooks fest.

Denn was er sah, waren nicht nur die schwachen Ergebnisse, sondern vielmehr die Tatsache, dass Brooks es verstand, den Rohdiamanten Westbrook zu schleifen und ihm dazu verhalf, Teil eines der explosivsten Duos der Liga zu werden. "Er ist jemand, der als Person unglaublich beständig und konsequent ist. Er lässt sich weder von Schwierigkeiten unterkriegen, noch hebt er bei Erfolgen ab. Deshalb ist er genau die Richtige Person für uns, um den nächsten Schritt zu machen", sagte Presti über Brooks.

Dieser Schritt erfolgte schon ein Jahr später: Durant und Westbrook legten zusammen 46 Punkte im Schnitt auf und führten ihr Team mit einer Bilanz von 50-32 überraschend in die Playoffs. Dort unterlagen sie den erstplatzierten Lakers zwar mit 2-4, lösten aber landesweite Euphorie aus: Mit ihrem frechen und selbstbewussten Basketball brachten sie frischen Wind in die Western Conference, die damals immer von denselben Teams dominiert wurde.

Dieses Team, hieß es, habe eine große Zukunft vor sich. Und die Seattle Super Sonics? Über die wurde kaum noch geredet. Denn dass Oklahoma City einer NBA-Franchise mehr als würdig war, bewiesen die Playoffs 2010 endgültig.

Die jungen Wilden

In der besagten Postseason spielten zwei weitere Presti-Volltreffer nur eine kleine Rolle: James Harden (dritter Pick 2009) und Serge Ibaka (24. Pick 2008). Sie waren zu diesem Zeitpunkt noch weit davon entfernt, ein Teil der Big Four zu sein, die das Team 2012 in die Finals führte, doch beide standen für das neue, junge Blut in Oklahoma.

In den Jahren nach dem ersten Playoff-Einzug 2010 entwickelte sich die Franchise zu einem Dauerbrenner im Westen. Die Finals 2012 bildeten den Höhepunkt der jungen Erfolgsstory, auch wenn die Heat um LeBron James am Ende zu stark und die OKC-Kids zu grün hinter den Ohren waren.

Die Zukunft sah rosig aus - bis Presti einen Deal einfädelte, der das Konstrukt erstmals zum Bröckeln brachte. Nachdem James Harden 2012 zum Sixth Man of the Year gewählt wurde, tradete ihn Presti zu den Rockets: Für Jeremy Lamb, Kevin Martin und eine Handvoll Picks, woraus sich später immerhin einer in einen Center namens Steven Adams transformierte.

Das frühe Ende der Big Four

Die Gründe für den Trade mögen aus Prestis Sicht nachvollziehbar gewesen sein, da Harden zu viel Geld wollte und so eine dauerhaftes Zusammenspielen der drei Stars nicht möglich gewesen wäre. "Ich denke, es gibt einen Punkt in jeder Verhandlung, an dem man merkt, dass man sich nicht einig werden wird. Deshalb musste ich schauen, was das Beste für unsere Franchise ist", erklärte der GM später.

Fakt ist: Seit 2012 konnte die Franchise den letzten Schritt nie gehen, da es Presti nicht gelang, ein entscheidendes Puzzlestück für den Titel-Run zu akquirieren. 2016 waren sie immerhin kurz davor, doch nach einer 3-1-Führung in den Conference Finals gegen die Warriors ging dem Team die Puste aus.

Nachdem schon im Vorjahr Coach Brooks durch Billy Donovan ersetzt wurde, entschied sich Presti anschließend für einen weiteren kleinen Umbruch und gab mit Serge Ibaka den zweiten Teil seiner Big Four von 2012 ab. Die Intention dahinter war, einen gemeinsamen Verbleib von Durant und Westbrook finanziell zu ermöglichen.

Der ewige Schatten?

Der Rest ist bekannt. Mit der Entscheidung von Durant, die Franchise zu verlassen, steht diese dem ersten richtigen Neuanfang nach dem Umzug. Vielleicht ist es auch eine Chance: Nach dem Weggang der Durantula ist Nick Collison der letzte Spieler im Kader, der einst noch das grüne Sonics-Trikot trug.

OKC arbeitet daran, seine eigene Geschichte zu schreiben. Denn die Thunder wollen nicht die Sonics sein und die Sonics-Fans nichts mit den Thunder zu tun haben. Was aber beide Seiten verbindet, ist der Titel 1979, der der gesamten Franchise-Historie zugeschrieben wird. Und solange, bis es einen eigenen Ring für die neue Stadt gibt, wird dieser Geist weiterhin über Oklahoma City schweben.

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