NBA

"Mein Traum ist keineswegs geplatzt"

Tibor Pleiß sah vergangene Saison nur 82 Minuten Spielzeit in der NBA
© getty

Die erste NBA-Saison war mit nur 82 Minuten Spielzeit kein Triumphzug, dennoch sieht sich Tibor Pleiß unfair bewertet. SPOX sprach mit dem Center über Anpassungsschwierigkeiten, das Abschiedsspiel von Kobe Bryant und seine Arbeit im Sommer. Außerdem: Was er sich in der kommenden Saison von den Utah Jazz erhofft.

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SPOX: Herr Pleiß, nach kurzem Urlaub sind Sie jetzt schon wieder bei der Summer League am Start. Ab wann war Ihre Offseason vorbei?

Tibor Pleiß: Mit dem offiziellen Training für die Summer League haben wir in Salt Lake City erst am vergangenen Freitag begonnen, persönlich trainiere ich aber bereits seit mehr als sieben Wochen.

SPOX: Hatten Sie dann denn überhaupt Zeit, um abzuschalten?

Pleiß: Ja, die gab es schon. Nach der Saison habe ich erstmal zwei Wochen Urlaub gemacht und war erst in Mexiko, bevor ich nach Deutschland zu meiner Familie gefahren bin. Die hatte ich ja auch schon länger nicht mehr gesehen. Danach habe ich dann aber auch eigentlich gleich wieder losgelegt.

SPOX: Welchen Fokus hatten Sie in dieser Trainingszeit?

Pleiß: Ich habe an meiner Athletik gearbeitet. Knapp sechs Wochen lang war ich in Santa Barbara und habe P3 absolviert. Das ist ein Programm, bei dem man im Kraftraum mit einem Personal Trainer gezielt an Schwächen arbeitet und das sehr viele NBA-Spieler nutzen. Die Jazz machen dort beispielsweise ihre gesamten Athletik-Tests, deswegen habe ich dort auch viele bekannte Gesichter angetroffen. Andre Drummond habe ich dort auch mal gesehen. Viele kommen dort für einzelne Workouts hin, es gibt aber eben auch wie bei mir die Option, dort über Wochen ein komplettes Programm durchzuziehen.

SPOX: Sechs Wochen Athletik- und Krafttraining klingt nach einem anstrengenden Sommer.

Pleiß: (lacht) Ja, aber das ging schon und ich wollte es ja auch so. Ich hatte nach dem Training trotzdem immer die Zeit, ein wenig abzuschalten und die Stadt zu genießen, da bietet Santa Barbara und die ganze Umgebung in Kalifornien ja sehr gute Voraussetzungen.

SPOX: Ich nehme an, dass Sie spätestens dann auch ein Fazit zur ersten NBA-Saison ziehen konnten. Lassen Sie uns daran teilhaben?

Pleiß: Man könnte es jetzt negativ sehen und sagen, dass ich nur sehr wenig gespielt habe und natürlich hätte ich mir da mehr erwünscht. Aber ich bewerte das anders. Und auch meine Erfahrungen in der D-League waren sehr positiv! Ich stand dort 35 Minuten pro Spiel auf dem Feld und konnte vor allem auch ausprobieren. Ich durfte werfen und an meinen Moves feilen, anstatt den Ball immer gleich weiterzupassen. Gerade meinen Wurf hatte ich in den Jahren davor ja kaum einsetzen können.

SPOX: Wie war dann die Umstellung, als Sie zurück zu den Jazz geholt wurden und andersherum? Kam da auch mal Frust auf?

Pleiß: Nein, bei meinem zweiten Gang in die D-League etwa hatte ich das ja selbst vorgeschlagen. Aber ich habe natürlich auch bei den Jazz versucht, stets positiv zu bleiben und mein Bestes zu geben. Auch dort hatte ich sehr viel Spaß, auch wenn ich natürlich gerne mehr gespielt hätte.

SPOX: Es ist gerade bei internationalen Rookies ja keineswegs ungewöhnlich, dass sie zwischen NBA und D-League pendeln. In Deutschland ist dieses System jedoch eher unbekannt und deswegen wird Spielern leicht mal voreilig ein "geplatzter Traum" attestiert. Das war bei Dennis Schröder auch schon so, bei Ihnen nun noch extremer. Wie reagieren Sie darauf?

Pleiß: Darüber kann ich eigentlich nur lachen, da das einfach blödsinnig ist. Es ist doch so: Ich habe es in die NBA geschafft, als einer von momentan drei deutschen Spielern, auch wenn Paul Zipser jetzt hoffentlich nachzieht. Jeder Basketball-Spieler der Welt möchte dorthin und ich bin bereits hier. War deswegen alles perfekt? Natürlich nicht, die Umstellung nach zehn Jahren Profi-Basketball in Europa war auch keineswegs leicht, weil hier einfach anders gespielt wird. Mein Traum ist daher keineswegs geplatzt. Ich habe mir meinen Traum erfüllt und jetzt geht es noch weiter. So sehe ich das!

SPOX: Können Sie erklären, inwiefern genau die Umstellung schwergefallen ist?

Pleiß: Es geht da um einige Aspekte. Zunächst mal wird hier deutlich schneller und athletischer agiert als in Europa - dort werden mehr Systeme gelaufen, hier geht es mehr rauf und runter und der Korb wird auch schneller attackiert. Und dann sind natürlich auch die Regeln anders. In einem Vorbereitungsspiel etwa bin ich automatisch hochgesprungen, um einen ruhenden Ball vom Ring zu kratzen, weil ich das einfach so im System hatte. Das war dann natürlich Goaltending! (lacht) An so etwas muss man sich erst gewöhnen, genau wie an einige andere Regeln im defensiven Stellungsspiel.

SPOX: Ein Problem, dass gerade in der D-League ziemlich häufig vorkam, waren die Fouls. Woran lag das?

Pleiß: In der D-League wird ganz anders gepfiffen als in der NBA oder auch in Europa. Dort wird sehr kleinlich fast alles unterbunden und man kann da nicht wirklich etwas dran ändern. Ich sollte ja aggressiv spielen und habe das auch gemacht. Was dann passiert, kann ich nur bedingt kontrollieren. Der Schiri sitzt da am längeren Hebel, deswegen habe ich einfach versucht, mich da nicht von meiner Spielweise abbringen zu lassen.

SPOX: Wie häufig haben Sie während der Zeit in der D-League Feedback vom Coaching Staff der Jazz bekommen?

Pleiß: Wir standen viel in Kontakt und haben regelmäßig telefoniert. Die Coaches haben mich ermutigt, Dinge auszuprobieren und einfach Spielpraxis zu sammeln. Ich war froh darüber, schließlich bin ich zum Spielen rübergewechselt und nicht für die guten Plätze auf der Tribüne. Zwischenzeitlich gab es dann mal etwas weniger Kontakt, weil das Team ja mitten im Playoff-Kampf steckte und wirklich andere Sorgen hatte. Aber sobald ich zurück war, wurde ich sofort wieder wie der Teil der Mannschaft aufgenommen, der ich ja auch war.

SPOX: Während der Saison fielen sowohl Derrick Favors als auch Rudy Gobert mal länger aus. Hätten Sie da eine Chance für Sie erwartet?

Pleiß: Ja, man hofft natürlich immer. Im Januar gab es da auch mal eine Phase, in der ich dreimal hintereinander eingesetzt wurde und auch einige Minuten bekommen habe. Aber die Spiele liefen nicht ideal, dann kamen Rudy und Derrick auch schnell wieder zurück und das Fenster war gewissermaßen zu. Natürlich hätte ich mir mehr erhofft, aber ich musste mich letzten Endes damit abfinden, dass ich nicht im Fokus stand. Umso mehr habe ich dafür gearbeitet, dass es in der kommenden Saison anders wird.

SPOX: Wurde Ihnen das am Saisonende in Aussicht gestellt? Jeder Spieler bekommt ja traditionell ein Exit-Interview vor dem Urlaub.

Pleiß: Es war ein sehr positives Gespräch mit Coach Quin Synder und GM Dennis Lindsey. Es hat ihnen ein Stück weit imponiert, wie ich mit der Situation umgegangen bin, die ja nicht ganz einfach war. Ich habe noch Ziele und das haben sie auch erkannt. Es hat ihnen auch gefallen, dass ich am Ende der Saison in der D-League im Schnitt auf ein Double-Double kam. Natürlich haben sie aber auch gesagt, dass ich selbst für mein Schicksal verantwortlich bin, aber damit kann ich gut leben.

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