NBA

Eine Armee gegen den König

Von Thorben Rybarczik
Die Toronto Raptors müssen LeBron James stoppen
© getty

Der Weg in die Conference Finals hätte für die Cleveland Cavaliers und die Toronto Raptors unterschiedlicher kaum sein können. Während LeBron James und Co. nach zwei Sweeps ausgeruht sind, haben die Kanadier die maximale Anzahl an Spielen in den Knochen - da blieben auch Verluste nicht aus. Haben sie trotzdem eine Chance oder ist die Big Three zu mächtig? SPOX macht den Check.

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Cleveland Cavaliers (1) - Toronto Raptors (2)

Saisonbilanz: 1-2

Ausgangslage: NBA Finals ohne LeBron James? Hat es zuletzt 2010 gegeben - seitdem war er immer dabei. Viermal mit den Heat, einmal mit den Cavaliers. Und die Leistung des Königs samt seinem Gefolge lässt auch in diesem Jahr erahnen, dass die Gleichung LeBron = Finals nicht widerlegt werden wird.

Denn pünktlich zur Postseason war der Vizechampion bei seiner Bestform angekommen. Darunter mussten erst die jungen Pistons und anschließend die Hawks leiden, die jeweils mit einem Sweep abgeschossen wurden. "Abgeschossen" ist dabei quasi wörtlich zu verstehen: Die Jungs aus Ohio pulverisierten in Game 2 gegen Atlanta den Playoff-Rekord für getroffene Dreier in einem Spiel (25 Treffer), was aber nur den Höhepunkt einer unglaublichen Performance von Downtown darstellte: Die Cavs treffen von dort in der Postseason sensationelle 46,2 Prozent.

Die logische Folge: Das beste Offensiv-Rating aller Playoff-Teams (120,6), die Warriors eingeschlossen (114,5). Besonders Kyrie Irving spielte zwei starke Serien, seine Dreierquote (53,8 Prozent) überstrahlte noch einmal alles. Uncle Drew ist mit 24,4 Punkten auch Playoff-Topscorer der Cavs. Er profitiert davon, dass James als Ballhandler immer wieder Lücken in die Defense reißt und mit präzisen Kickout-Pässen freie Abschlüsse für seine Kollegen kreiert.

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Die Raptors dagegen rissen gegen die Pacers und Heat ein Programm ab, das gegenteiliger nicht hätte sein können. Beide Male gingen sie über die volle Distanz, beide Male behielten sie in einem Game 7 vor heimischer Kulisse die Oberhand. Und da solche Schlachten nicht ohne Verluste daherkommen, verletzte sich Center Jonas Valanciunas am Knöchel und droht auch für Teile der Conference Finals auszufallen. Auch Kettenhund DeMarre Carroll ging zwischenzeitlich am Stock, trotzte aber leichten Knöchel- und Handgelenksverletzungen.

Dass die Kanadier trotzdem die ersten Conference Finals ihrer Geschichte spielen dürfen, liegt vor allem daran, dass Kyle Lowry zuletzt zu seiner überragenden Form der Regular Season fand. Nach schwachem Playoff-Beginn schenkte er den Heat jüngst 71 Punkte in zwei Spielen ein und strotzt vor Selbstvertrauen, auch DeMar DeRozan (20 Punkte pro Spiel) findet immer öfter seinen Rhythmus.

In der regulären Saison gewannen die Kanadier zwei der drei direkten Aufeinandertreffen - allerdings sollte man diese Ergebnisse nicht zu hoch bewerten, da bei zwei Spielen noch David Blatt der Head Coach auf der anderen Seite war. Seitdem hat sich gerade die Offense von James und Co. gewandelt: "Wir sind ein ganz anderes Team geworden", so der King.

Key Matchup: Kyrie Irving vs. Kyle Lowry. Bei all den Diskussionen um die schwankende Offense von Lowry wird oft vergessen, dass er auch mit seiner exzellenten Defense eine große Stütze für sein Team ist. Er ist in der Lage, auch einen Irving vor sich zu halten, was essenziell werden wird: Denn einen zweiten Gegner neben LeBron, der immer wieder in die Zone kommt, können sich die Raptors nicht leisten.

Beim 99:97-Heimsieg gegen die Cavs am 26. Februar hielt Lowry seinen Gegenüber bei 10 Punkten - während er selbst 43 auflegte. Doch es wird auch viel darauf ankommen, wie es den Kanadiern gelingt, LeBron aus der Pant zu halten. Muss Lowry mit in die Helpside, wird Irving das eiskalt bestrafen. Dieser dürfte seine Treffsicherheit von draußen auch während der einwöchigen Pause nicht eingebüßt haben.

Den Job gegen LeBron wird wohl Carroll übernehmen. Er ist der beste Eins-gegen-Eins-Verteidiger seines Teams. Wird er von LBJ dominiert, droht der Defense seines Teams das gleiche Schicksal wie zuletzt den Hawks und Pistons.

X-Faktor: Bismack Biyombo. Wenn die Cavs in einer Playoff-Kategorie nicht zur obersten Elite gehören, dann bei den Rebounds. Trotzdem ist ihre defensive Reboundquote minimal besser als die der Raptors (79,3 Prozent gegenüber 77,3) - der eventuelle Verlust von Valanciunas (9,1 Rebounds pro Spiel) schmerzt also doppelt.

Allerdings hat Biyombo vor allem in Game 7 (17 Punkte, 16 Rebounds) gegen die Heat gezeigt, dass er mit seiner Explosivität und dem richtigen Riecher in der Zone ein würdiger Ersatz ist, auch wenn die Post-Option mit ihm auf dem Feld fast gänzlich wegfällt.

Gelingt es ihm, seinem Team auch gegen die Cavs zahlreiche zweite Chancen zu sichern und obendrein seinen Job als Rim Protector erledigt, könnte er die Cavs - die ohne klassischen Center spielen - zumindest ärgern.

Es besteht eine Chance, dass der etatmäßige Starting Center Jonas Valanciunas während der Serie von seiner Knöchelverletzung zurückkehrt. Das könnte den Raptors Aufwind verschaffen, da in diesem Fall die Fünf doppelt gut besetzt wäre.

Prognose: Die Cavs sind Favorit, die Cavs sind ausgeruht, die Cavs sind vollzählig und treffen jeden Wurf. Zudem haben sie mit James den besten Spieler der Conference, von dessen Präsenz auch endlich Irving und Love maximal profitieren. Die Raptors-Offense dagegen ist zu unbeständig, zudem zeigte die Defense schon in der Regular Season eine Schwäche: Bei der gegnerischen Dreierquote lag sie auf dem vorletzten Platz. Die Heat und Pacers sind keine Shooting-Team, die Cavs hingegen werden sich über jeden offenen Dreier freuen. Cleveland in 5.

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