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"Hatte jedes Mal Angst, dass Dirk geht"

Mavericks-General-Manager Donnie Nelson ist seit 18 Jahren an Dirk Nowitzkis Seite
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SPOX: Sie waren des Öfteren in Deutschland und sind bekannt, auch über den Tellerrand hinaus zu schauen. Wäre eine Kooperation mit dem FC Bayern München denn denkbar?

Nelson: Absolut. Einer meiner besten Freunde ist Rudolf Vidal, der das Bayern-Büro in New York leitet. Wir haben in der Vergangenheit schon in allen möglichen Bereichen Ideen ausgetauscht, zum Beispiel bei der Sportmedizin. Man versucht immer, von den größten Klubs der Welt zu lernen. Ob da ein Ball gekickt oder geworfen wird, spielt keine Rolle. Rudi ist wie gesagt ein sehr guter Freund und ich bin hoffnungsvoll, dass wir in der Zukunft aufregende Nachrichten zu verkünden haben werden. Wir haben hervorragende Beziehungen, Dirk ist ein großer Fußball-Fan - wer weiß, eines Tages könnten die Sterne richtig stehen, um etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen.

SPOX: Vielleicht könnte es was sein für die Zeit, wenn Dirk seine Karriere beendet hat. Ein Jahr Vertrag hat er noch und es sieht ganz so aus, dass er danach noch ein weiteres Jahr dranhängt und gerne die 20 voll machen will.

Nelson: Das ist zu hundert Prozent Dirks Entscheidung. Solange er die Leidenschaft noch in sich spürt und weiterspielen will, empfangen wir ihn mit offenen Armen. Dallas wird für immer sein Zuhause sein. Wir werden auch alles tun, was in unserer Macht steht, um dafür zu sorgen, dass die letzten Jahre seiner Karriere hoffentlich nochmal zu den besten gehören. Wir wissen, was dieser junge Mann, okay, was dieser Mann mittleren Alters, für Dallas getan hat. Er steht in Dallas in einer Reihe mit Troy Aikman, Roger Staubach, Nolan Ryan oder Mike Modano. Dirk ist eine Legende. Er wird vor dem American Airlines Center seine Statue bekommen.

SPOX: Aber gerade deshalb ist es ärgerlich, dass Dirk in den vergangenen Jahren keine Chance mehr auf einen zweiten Ring hatte. Tut es Ihnen leid, dass Sie ihm aktuell nicht die Spieler zur Seite stellen können, die nötig wären?

Nelson: Natürlich fühle ich mich schlecht deswegen und es tut mir Leid für Dirk. Wir wollen alle mehrere Championships gewinnen, wir wollen zumindest immer in den Kampf eingreifen können, aber leider gibt es keine einfache Formel dafür. Wir wollten Dirk mit Star-Power umgeben, aber die Free Agency ist bekanntlich nicht so gelaufen, wie wir uns das gewünscht hätten. Ich muss aber auch klar sagen, dass wir in Dallas keine Kobe-Bryant-Situation haben.

SPOX: Das stimmt. Aber dafür sind die Mavs jetzt in der Mittelmäßigkeit gefangen und kommen dort nicht heraus. Oder wie sieht der Plan für die nächsten Jahre aus?

Nelson: Ich kann Ihnen sagen, wie wir die letzten Jahre an die Sache herangegangen sind und wie unsere Taktik auch erstmal bleiben wird. Wir haben zum Ende von Dirks Karriere alle Chips in die Mitte des Tisches gepackt. Wir werden auf keinen Fall den Stecker ziehen, solange Dirk noch spielt. Wir hatten immer wieder Möglichkeiten, Picks zu ergattern, aber wir haben uns für erfahrenere Jungs entschieden. Weil wir der Meinung sind, dass Dirk es sich verdient hat. Wir sind es ihm schuldig, alles zu tun, um ihm eine Chance zu geben, so gut es geht oben mitzuspielen.

SPOX: Aber es reicht maximal für das Erreichen der Playoffs.

Nelson: Nur ein Team kann Champion werden, das ist nun mal so. Wir wollen in die Playoffs und dann hat man ja 2011 gesehen, was passieren kann. Niemand hat auf uns gesetzt. Nicht in der ersten Runde, nicht in der zweiten, auch nicht in der dritten und schon gar nicht in den Finals. Aber wir haben zum richtigen Zeitpunkt gut gespielt und unser Ding durchgezogen. Ich sehe da auch gewisse Ähnlichkeiten zu unserer aktuellen Mannschaft. Wir sind kein perfektes Team, aber wenn wir im richtigen Moment Feuer fangen, dann weißt du nie, was passieren kann. So sind wir zweimal in die Finals gekommen. Dirk hat sich 18 Jahre lang für uns zerrissen und es sich auf jeden Fall verdient, dass wir einen Teil unserer Zukunft opfern und er seine Karriere in einer möglichst guten Art und Weise beenden kann.

SPOX: Justin Anderson spielt sich aktuell immer mehr in den Vordergrund, aber generell hatten die Mavs beim Draft nicht immer das beste Händchen.

Nelson: Das ist auch ein fairer Kritikpunkt. Wobei man sagen muss, dass wir ja oft gegen Ende der ersten Runde gedraftet haben - wie ist die Überlebensrate dieser Picks? Das ist einfach oft ein Schuss ins Blaue.

SPOX: Eine der Schlüsselfiguren in der Post-Nowitzki-Ära könnte Chandler Parsons sein. Hat er das Zeug zum Franchise-Player?

Nelson: Chandler hat sicherlich viele Fähigkeiten, die man dafür braucht. Er kann scoren, er ist vielseitig, er kann auf jeden Fall eine wichtige Rolle spielen. Aber ich würde nicht davon sprechen, dass er das Team von Dirk übernehmen kann. Es ist so gut wie unmöglich, in diese Fußstapfen zu treten.

SPOX: Wenn man als GM gerade die freie Wahl hätte für einen Franchise-Player, würde man sicher Steph Curry nehmen, oder doch noch LeBron James?

Nelson: Beide wären für mich okay. (lacht) Wir erleben aktuell natürlich die Saison des Steph Curry, weil er das Spiel prägt, wie es wenige Spieler können. Wie Magic Johnson oder Michael Jordan früher. Oder auch Dirk. Dirk war ein Mismatch-Albtraum für jeden und hat das Spiel mit seiner Größe und Fähigkeit zu schießen verändert. Das hatte die Liga vorher so nicht gesehen. Bei Kevin Garnett war es seine Athletik auf seiner Position, jetzt haben wir Steph. Es ist selten, dass Spieler dafür sorgen, dass die ganze Liga auf sie reagiert und so neue Trends gesetzt werden. Steph setzt jetzt den Standard, wie ein Point Guard heutzutage auszusehen hat. Man muss sich nur anschauen, wie viele Leute sich sein Warmup anschauen, um zu verstehen, was er für einen Hype ausgelöst hat.

SPOX: Ein Segen für die NBA?

Nelson: Dem Basketball könnte nichts Besseres passieren als Steph Curry. Jedes normale Kind auf der ganzen Welt kann sich Curry anschauen und denken: Warte mal, der Typ ist kein sensationeller Athlet, wie es MJ war. Er ist auch nicht sonderlich groß. Wenn ich hart genug dafür arbeite und mal so schießen kann wie er, dann könnte ich potenziell der nächste Steph sein. Jedes normale Kind kann diesen Traum haben, wenn es sich Steph als Vorbild nimmt. Dazu kommt, dass er genau wie Dirk einfach ein liebenswerter Kerl ist, der total auf dem Boden geblieben ist. Jeder liebt Steph.

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