NBA

"Curry der Unterhaltsamste seit MJ"

Will Cherry (r.) diskutierte mit SPOX über Parsons, Curry und LeBron
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Clevelands Finaleinzug ist nicht mehr in Stein gemeißelt

Ole Frerks: Ich bin ganz ehrlich: Ich würde dieser These gerne zustimmen. Und es gibt ja auch Argumente: Die Cavs wirken derzeit eher wie eine dysfunktionale Familie und LeBrons Philosophie-Ausflüge bei Twitter oder Instagram sind für mich nur noch verwirrend. Es scheint, als wäre er wirklich genervt von seinem Team, speziell von seinen Co-Stars, und schlägt daher öffentlich Alarm. Und dabei geht er selbst oft nicht einmal mit dem besten Beispiel voran, setzt defensive Ballbesitze aus oder verlässt aus Protest einfach mal komplett das Geschehen. Ein merkwürdiger Führungsstil und ich glaube auch nicht, dass das bei seinen Kollegen wirklich gut ankommt. Gleichzeitig machen Teams wie Toronto, Miami und Boston weiter Fortschritte. Und trotzdem: Sobald die Playoffs losgehen, werden LeBron und die Cavs meiner Meinung nach wieder den Schalter umlegen können. Und dann fehlt es einfach an Konkurrenz: Die Raptors sind aktuell stark, haben in den Playoffs aber noch nie etwas gerissen. Die Celtics spielen toll zusammen, sind vom Talent her aber kein Match für Cleveland (siehe letztes Jahr). Die Heat sind offensiv zu harmlos. Die Hawks? Not gonna be able to do it! Letzten Endes wird es laufen wie immer in den letzten Jahren: Nur ein Team im Osten hat LeBron James in seinen Reihen, und das wird auch in die Finals einziehen. Es sei denn, der King hat keinen Bock auf die dann folgende 2-5-Bilanz in den NBA Finals...

Will Cherry: Das sehe ich ähnlich. Der Pfad in die Finals ist vielleicht etwas steiniger als in der letzten Saison, die Teams im Osten etwas näher zusammen gerückt. Gerade die Heat schaue ich mir aktuell richtig gerne an, weil Dwyane Wade scheinbar wieder mal in den Jungbrunnen gefallen ist, auch die Raptors mag ich aufgrund ihres Backcourts gerne - für mich sind Lowry und DeRozan das beste Guard-Duo nach Curry und Thompson. Aber du hast es richtig gesagt, Ole: Niemand von ihnen hat LeBron. Der Typ ist schon so lange der beste Spieler der Welt und weiß einfach, wie er sein Team steuern kann - ich weiß daher nicht, wie eins der anderen Teams Cleveland viermal in einer Serie schlagen sollte. An dieser Ausgangslage hat sich meiner Meinung nach einfach nicht genug geändert. Können Toronto, Miami oder Boston eine Serie spannend machen? Das denke ich schon. Aber ich würde weiterhin nicht gegen die Cavs wetten.

Marc-Oliver Robbers: Ach, warum nicht? Ole hat es bereits gesagt, da scheint es im Team gerade überhaupt nicht zu stimmen. Der Trainerwechsel ist im Grunde ohne äußerliche Wirkung verpufft und dann kann sich sowas schnell mal verselbstständigen. Den Saisonvergleich haben die Cavs bereits gegen Toronto verloren. Das Argument, dass die Raptors in den Playoffs noch nie was gerissen haben, zählt für mich nicht. Das konnte man bis zum vergangenen Jahr auch über die jüngere Vergangenheit der Hawks berichten. Toronto ist stark genug, dem fragilen Gebilde der Cavs Schaden hinzuzufügen. Und ich bin mir wirklich nicht sicher, ob LeBron noch mal so in den Außerirdischen-Modus schalten kann und will wie in den vergangenen Playoffs. Eins ist auf jeden Fall klar, wenn es in diesem Jahr wieder nichts wird, werden die nächsten Köpfe in Ohio rollen. Mehr All-In als die Cavs kann man nicht sein. Aber im Moment sieht es eher so aus, als hätten sie sich verpokert. Es ist wirklich erstaunlich, wie schnell sich die Wahrnehmung verändert hat.

Martin Klotz: Was vor wenigen Wochen noch für unmöglich gehalten wurde, ist nun wirklich Realität. Die Cavs haben im Osten ernsthafte Konkurrenz. Das liegt gleichermaßen an der Stärke von Toronto und Co. sowie an Clevelands Schwächephase. Nach dem Coaching-Wechsel von David Blatt zu Tyronn Lue hatte ich das Gefühl, es würde jetzt ruhiger und konzentrierter gearbeitet in Ohio. Doch die jüngsten vier Pleiten in den letzten neun Spielen zeigen, dass die Cavs keineswegs unverwundbar sind. Gerade für die Raptors war der Sieg psychologisch fast wichtiger als der schmelzende Rückstand in der Tabelle. Der Glanz bröckelt, die Cavs sind schlagbar - und auch in einer Playoff-Serie gegen Boston oder Miami würde ich zumindest nicht mehr ohne zu zögern auf LeBron setzen. Eine Übergangs- und Findungsphase ist mit neuem Coach normal, nur sollte Cleveland solch bittere Fehler wie die unnötige Pleite gegen die Grizzlies-Rumpftruppe dringend einstellen. Ansonsten glauben bald noch die Hawks, Hornets, Pacers und Pistons, dass sie Cleveland in der Postseason schlagen können. Und diese "Inception" müssen die Cavs um jeden Preis verhindern. Denn wenn ein Gedanke erst mal gesät ist...

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