NBA

Der Gigant im Schatten

Russell Westbrook - immer mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen
© getty
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OKC hat kein einziges Fünf-Mann-Lineup mit positivem Net-Rating, bei dem nicht mindestens einer von beiden involviert ist (Minimum: 8 Einsätze). Dabei verfügen die Thunder mit Dion Waiters, Anthony Morrow, Serge Ibaka, Steven Adams und Enes Kanter ja durchaus noch über Rollenspieler, die Punkte auflegen können - die meisten von ihnen lebt aber in erster Linie von der Aufmerksamkeit, die vom Star-Duo kreiert wird.

Ibaka ist in Ermangelung eines Post-Games offensiv ein (guter) Spot-Up-Shooter, für Morrow gilt das Gleiche. Adams drückt zumeist Alley-Oops oder Putbacks durch die Reuse, aufgepostet wurde er in dieser Saison bisher auch nur 24 Mal. Würfe kreieren können eigentlich nur noch D.J. Augustin, der zuletzt allerdings durch den immer besser werdenden Rookie Cameron Payne verdrängt wurde - und zwei "polarisierende" Rollenspieler.

Zum einen Waiters: Der Off-Guard ist aus Cavs-Zeiten für seine miese Wurfauswahl bekannt und verlegt immer noch gerne mal einen offenen Korbleger, insgesamt hat er sich in Oklahoma City aber klar gesteigert und scheint langsam einzusehen, dass er kein Superstar ist. Bei seinen 86 Isolationen in dieser Saison war er sogar etwas effektiver als Westbrook (0,8 Punkte pro Possession zu 0,72). Er gibt den Thunder eine dringend benötigte zusätzliche Ballhandling-Option, solange er nicht überdreht - und der Distanzwurf befindet sich auf solidem Niveau.

Kanter als Müllabfuhr

Die Option im Post heißt derweil Kanter. Vorweg: Klar, seine Defense ist schlecht. Sehr schlecht sogar, selbst wenn er sich mittlerweile ein bisschen mehr reinhängt als zu Jazz-Zeiten. Und dass ihn sein Vertrag aus dem Sommer offiziell "überbezahlt" machen würde, war schon zum Zeitpunkt der Unterschrift klar. Die Thunder können seine Defensivschwäche durch Ibaka und Adams aber meist kaschieren - und offensiv bringt er dem Team eine neue Dimension.

Um den Korb herum ist Kanter ungemein effektiv. Bei seinen 124 Post-Ups legte er bisher eine starke Quote von 51,1 Prozent auf, noch besser ist er aber als "Müllabfuhr": Der Türke schnappt sich 16,3 Prozent aller Offensiv-Rebounds, wenn er auf dem Court steht - das kann nicht einmal Andre Drummond toppen. Seine 149 Punkte durch Putbacks sind nach Drummond Nummer zwei ligaweit.

Kanter braucht nicht allzu viele Touches, weil er sich seine Punkte auf diese Art und Weise selbst erarbeiten kann. Da das Player Efficiency Rating nahezu ausschließlich offensive Produktion einbezieht, ist der Big Man mit 23,08 derzeit sogar auf Platz 13. Seine On/Off-Werte sind trotzdem nicht gut (OKC hat ohne ihn ein fast 10 Punkte besseres Net-Rating), aber in kleiner Dosis kann er die Thunder-Offense einigermaßen über Wasser halten.

Die Geheimwaffe

Ist eine solche Produktion mehr als 16 Millionen Dollar im Jahr wert? Eigentlich natürlich nicht, aber OKC hat schließlich Titel-Ambitionen und befand sich aufgrund der drohenden Free Agency von KD im kommenden Sommer in einer prekären Situation. Kanter hat für OKC durchaus seinen Wert - und ist zudem Teil der Thunder-"Geheimwaffe" für den Titelkampf.

Jeder kennt mittlerweile das "Lineup of Death" der Warriors mit Draymond Green auf der Fünf, das in kurzen Abschnitten schon reihenweise enge Spiele zu Blowouts gemacht hat. Die Thunder haben ihre eigene Variante davon: In 89 gemeinsamen Minuten haben Durant, Ibaka, Kanter, Waiters und Westbrook ein Offensiv-Rating von 138,8 aufgelegt.

Defensiv hat dieses Lineup die erwarteten Schwächen, dennoch erzielte das Quintett bis dato gemeinsam ein Net-Rating von +25,2. Donovan setzt diese Fünf bisher noch relativ selten ein, insgesamt erst in 29 Spielen - in den Playoffs wird man sie dagegen wohl häufiger gemeinsam zu sehen bekommen.

Denn nur darum geht es schließlich in OKC. Die Thunder haben zwei Spieler, die sie in der Regular Season an fast jedem Abend gemeinsam tragen können und die dafür sorgen werden, dass ihr Team immer eine Chance hat. Geht es in den Playoffs jedoch gegen intelligent verteidigende Teams wie San Antonio oder Golden State, die sich ja zudem mehr vorbereiten können, wird jeder weitere Mann im Kader wichtig sein.

Die Härtetests kommen

Falls sich bis zur Trade Deadline nichts mehr tut (einen verlässlichen Three-And-D-Spieler würde GM Sam Presti mit Kusshand nehmen), wird es neben KD, Russ und Ibaka daher zu einem großen Teil auch auf Waiters und vor allem Kanter ankommen. Bisher hat sich Donovan noch nicht auf ein designiertes Crunchtime Lineup festgelegt, Bewerbungen werden bis zu den Playoffs angenommen.

OKC spielt bis zum 4. März unter anderem dreimal gegen die Warriors - im Schatten werden diese Spiele dann nicht mehr stattfinden, stattdessen wird jeder Zuschauer genau darauf achten, wie Golden State Kanter attackiert und wie er mit ihrem Small-Ball zurechtkommt.

KD, Russ und ihr Team können dann zeigen, ob sie tatsächlich mit "jedem Gegner mithalten" können. Und ob wir trotz allem Fokus auf Golden State, Cleveland und San Antonio noch ein weiteres Team in die Titel-Konversation aufnehmen müssen.

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