NBA

Der Turm hinter dem Turm

Tibor Pleiß hofft, sich hinter dem eindrucksvollen Jazz-Frontcourt zu etablieren
© getty
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Center

Bei der WM 2014 ging sein Stern auf, die vergangene Saison und auch die EuroBasket 2015 haben seinen Status als Eckpfeiler der Jazz zementiert. Die Rede ist von Rudy Gobert. Der Stifle Tower wird von manchen Beobachtern bereits als All Star 2016 gehandelt. Und das ist keine Spinnerei.

Zahlen gefällig? Stand Gobert auf dem Feld, schloss das gegnerische Team nur 40,4 Prozent seiner Würfe am Ring erfolgreich ab - Bestwert in der Liga. Dazu blockte er mit seinen Krakenarmen in der Saison die zweitmeisten Würfe und griff sich im März durchschnittlich 15 Rebounds pro Spiel.

Bei einem solchen Center, der noch nicht einmal seinen Zenit erreicht hat, gibt es für die Reservisten nicht viel Spielzeit. Wie Favors und Hayward wird Gobert zwischen 32 und 36 Minuten fressen. Bleiben noch maximal 16. Für Tibor Pleiß?

Nicht so schnell. In Jeff Withey haben die Jazz noch vor der Verpflichtung von Pleiß einen Backup-Center für den schmalen Geldbeutel mit zwei Jahren NBA-Erfahrung geholt. Und der wird sicher nicht einfach zur Seite treten und dem deutschen Rookie das Feld überlassen.

Dennoch stehen die Chancen für Pleiß gut, aus dem Training Camp als erste Bankoption hervorzugehen. Die überzeugende EuroBasket, bei der Jazz-Assistant Alex Jensen als Co-Trainer des DBB ständig mit Tibor arbeitete, sollte ihm Auftrieb gegeben haben.

David Locke, Radio-Analyst der Jazz, sagte in seinem Podcast: "Tibor Pleiß ist für mich der wirklich interessante Spieler, den es zu beobachten gilt. Ich glaube, dass er die Skills und das Talent hat, um wertvolle NBA-Minuten zu spielen."

Dennoch merkte Locke an, "die Jazz müssten Tibors Einstellung verändern." Was er damit meint? In den letzten Jahren in Barcelona war Pleiß gezwungen, aufgrund des Spielstils vermehrt unter dem Korb zu agieren. Nun soll er wieder Selbstvertrauen in seinen Wurf aufbauen und nicht nachdenken, sondern einfach abdrücken.

Gelingt das, hat das unbequeme System bei Barca vielleicht im Nachhinein sogar sein Gutes. Denn das vorher äußerst schmale Post-Move-Repertoire von Pleiß umfasst nun immerhin einen soliden Jumphook. Bei seiner Größe und Spannweite ein probates Mittel, zu scoren.

Gegenüber SPOX sagte Jazz-Reporter Tony Jones: "Die Verantwortlichen in Utah sind sehr zufrieden mit dem ersten Eindruck von Pleiß und auch mit seinen Leistungen bei der EuroBasket. Er wird sicherlich die Möglichkeit bekommen, sich als Backup-Center zu beweisen und hat meiner Meinung nach eine gute Chance, sich gegen Withey und Cooley, der auch auf der Fünf agieren kann, durchzusetzen. 15 Minuten auf dem Parkett halte ich für realistisch."

In der Defense hat Pleiß im Vergleich zu Gobert deutliche Defizite, so ist sowohl seine Vor- und Rückwärtsbewegung als auch seine Seitwärts-Mobilität ausbaufähig. Die langen Arme helfen ihm aber, das zu kompensieren, und sollten den einen oder anderen senkrechten Strich in der Block-Kategorie zur Folge haben. Pluspunkt für Pleiß gegenüber Withey ist auch die überragende Freiwurfquote (ACB: 88 Prozent, EuroBasket: 92 Prozent).

Wenn Pleiß zudem seine offenen Dreier versenkt wie beim Workout in Utah (66/90 Treffer), dann gibt es keine Zweifel, wem die Backup-Minuten auf der Fünf gehören. Zumindest, solange Pleiß nicht in Foul Trouble gerät - eines seiner Probleme.

In seinem Interview am Media Day sagte Tibor: "Ich muss mich natürlich noch an dem amerikanischen Basketball anpassen. Beim Trainingsspiel habe ich den Ball gleich zweimal vom Ring geschlagen und alle haben darüber gelacht. Aber ich denke, in ein paar Tagen werde ich das schon verinnerlicht haben."

Wie auch Gobert leidet Pleiß unter der Verletzung von Exum. Beide können ihre Stärken am besten im Pick-and-Roll ausspielen und sind daher auf einen Spielmacher mit Übersicht angewiesen. Pleiß, der vermutlich mit Neto gemeinsam auf dem Court stehen wird, könnte mit dem Brasilianer mehr Freude haben als Gobert mit Burke.

Laut Jones wird aber nicht nur das Pick-and-Roll für Pleiß wichtig: "Er ist ein besserer Shooter als er die letzten Jahre zeigen konnte und bei den Jazz wird er auch im Pick-and-Pop agieren. So wie er den Dreier wirft, kann ich mir gut vorstellen, dass er von draußen für Gefahr sorgen wird. Generell ist es für ihn gut, in Utah gelandet zu sein. Dort wird richtiger Team-Basketball gespielt und auch Tibor wird schon jetzt darin bestärkt, den Wurf zu nehmen, wenn er offen ist."

Fazit

Der Frontcourt ist das Prunkstück der aufstrebenden Utah Jazz, die in der aktuell schwächsten Division der Western Conference erstmals seit vier Jahren wieder die Postseason anpeilen dürfen. Defensiv-Liebhaber Quin Snyder hat bewiesen, dass er die Franchise weiterbringt und um Gobert eine starke Team Defense installiert, in der auch Pleiß wachsen wird.

Der Deutsche 2,16-Meter-Turm muss hinter dem Stifle Tower um jede Minute kämpfen, doch bei der Konkurrenz und seinem Talent sollte er sich den Job als Backup-Center sichern können. Vorausgesetzt, sein Kopf spielt mit.

Die größte Herausforderung erwartet Trey Burke, der nach der Exum-Verletzung die nominell beste Option auf der Eins darstellt. Können die Jazz diese Lücke füllen, sollten sich die anderen Playoff-Anwärter warm anziehen.

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