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Der Birkenstock-Philosoph

Phil Jackson coachte Kobe Bryant zu fünf Meistertiteln mit den Lakers
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Mit elf Meisterschaften ist Phil Jackson der erfolgreichste Coach aller Zeiten. Er machte aus Jordan einen Teamplayer und nahm Herausforderungen an. Sein spirituelles Konzept mischte die Liga auf, sein taktisches System dominierte die letzten 25 Jahre. Doch sein Weg an die Spitze war steinig und von Krisen geprägt.

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"Es ist mir egal, ob wir diese Saison 82 Spiele gewinnen - danach bist du verdammt nochmal weg." Zitat Jerry Krause, General Manager der Chicago Bulls im Sommer 1997. Direkt nach den zwei aufeinanderfolgenden Titeln, die Phil Jackson in die Windy City gebracht hatte. Und direkt vor der Vervollständigung des zweiten Three-Peats als Bulls-Coach.

Es wurden nicht 82 Siege, sondern "nur" 62. Danach war die Beziehung zwischen Jackson und Chicago wie angekündigt Geschichte. Wenn der Zen-Master mit seit Donnerstag 70 Jahren auf diesen Wendepunkt in seinem Leben zurückblickt, so wird er - seiner esoterischen Ader geschuldet - vermutlich überwiegend Positives sehen: eine Schnittstelle zweier langer und äußerst erfolgreicher Jobs, die ihn zum größten Coach aller Zeiten gemacht haben.

Nichts anderes als Sport

Der Weg dorthin war steinig und hart. Jackson war kein Überflieger-Coach und schon gar kein Überflieger-Spieler, dessen späterer Erfolg an den Seitenlinien der NBA vorbestimmt war. Aufgewachsen als Kind eines Priesters und einer Priesterin, die ihr Leben der Armut verschrieben hatten, blieb Philip Douglas Jackson in seinen jungen Jahren nichts anderes als Sport - denn Fernsehen, Rockmusik oder Kinobesuche waren nicht erlaubt.

Nicht auszudenken, Jackson hätte sich für Baseball oder Football entschieden, zwei Sportarten in denen er in der High School ebenfalls überdurchschnittlich gut war. Doch zum Glück für Michael Jordan, Kobe Bryant und die gesamte Basketball-Welt ging er an die University of North Dakota, um dort in der Division II den Spalding mit seinem ungelenken Linkshänder-Hakenwurf durch die Reuse zu befördern.

Vom Invaliden zum Hilfscoach

Dank seiner stählernen Screens und der intensiven Defense spielte sich Jackson trotz der unterklassigen Liga auf das Radar der NBA-Teams. Mit dem 17. Pick. des Drafts 1967 zogen ihn die New York Knicks, deren Jersey er in den folgenden elf Jahren trug. Die Meistersaison 1970 - inklusive des Wunderauftritts von Willis Reed - verpasste Phil mit Wirbelsäulenproblemen.

"Ich landete auf der Verletztenliste und Coach Red Holzmann hatte keinen Assistenten" erzählte Jackson später: "Also wurde ich der zweite Mann in der Kabine. Als wir eine Verbindung aufbauten und er sah, dass ich das Spiel aus einem ganz bestimmten Blickwinkel betrachtete, bat er mich im Locker Room vor den Spielen die Plays der gegnerischen Teams aufzuzeichnen." Den Ring 1973 konnten sich Walt Frazier und Co. auch dank der Mithilfe des Bankspielers Jackson anstecken.

Vor allem wegen seiner unkonventionellen Art war Phil in New York Publikumsliebling. Jeden Tag kam der Coat Hanger (dt.: Mantelständer), wie ihn seine Teamkollegen aufgrund seiner Statur nannten, mit dem Fahrrad zur Arena. Er engagierte sich, demonstrierte gegen die Kriegspolitik der USA und lebte zeitweise vegetarisch. Sein Bart war mitunter länger als der Stau vor dem Madison Square Garden. Kurzum: Er war ein echter Hippie.

Gehirnfutter gesucht

Noch bevor Jackson 1978 auf die andere Seite des Hudsons zu den New Jersey Nets getradet wurde, reichte ihm der Basketball nicht mehr. Während der Sommermonate arbeitete er in Fortsetzung seines Studiums der Psychologie, Religion und Philosophie an seiner Doktorarbeit.

Während er seine Spielerkarriere in New Jersey ausklingen ließ, übernahm Jackson im Team von Kevin Loughery parallel Aufgaben als Assistant Coach. "Wir waren recht erfolgreich", so Jackson über seine Zeit in New Jersey: "Kevin wurde 12 oder 14 mal aus der Halle geworfen, also durfte ich ein paar Spiele coachen."

In seiner Anfangszeit bei den Knicks hatte Jackson stets betont: "Coaching? Das ist nichts für mich." Nun hatte es ihn gepackt. Doch seine besondere, von den Knicks-Fans so geliebte Art, hielt die Franchise-Verantwortlichen des ganzen Landes davon ab, ihn zu engagieren. Also suchte sich Jackson seinen eigenen Weg.

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Absolute Gleichheit

Erste Station als Head Coach waren die Albany Patroons der zweitklassigen Continental Basketball Association. Doch Jackson war kein Coach wie jeder andere - er hatte seinen ganz eigenen Ansatz. Um den Teamgedanken in den Vordergrund zu stellen, setzte Jackson durch, dass allen Spielern das gleiche Gehalt bezahlt wird. Nach fünf Jahren und einer Meisterschaft zog er in Ermangelung eines Angebots aus der NBA weiter in die Puerto-ricanische Liga.

Jackson dachte bald ans Aufhören, doch 1987 wagte Bulls-GM Jerry Krause das Experiment mit dem unkonventionellen Jackson und stellte ihn als Assistant Coach von Doug Collins ein. Krause bereute seine Wahl nicht und zwei Jahre später folgte die Beförderung zum Head Coach. Jackson hatte es geschafft.

In jeglicher Hinsicht anders

Michael Jordan und Co. staunten nicht schlecht, als Phil seine Spieler zum ersten Mal bat, sich zu Beginn der Preseason an einer Linie aufzustellen und sie folgende Worte zu hören bekamen: "Gott hat mich beauftragt, euch junge Männer zu coachen und ich nehme diese Aufgabe an, die mir gegeben wurde. Wenn ihr bereit seid, das Spiel, das ich lehre, anzunehmen und mir zu folgen, dann tretet als Zeichen eures Commitments über diese Linie."

Es sollte nicht die einzige Neuerung sein, die Jackson mit in die Organisation brachte. Inspiriert vom Zen-Buddhismus und der fernöstlichen Kultur machte er Meditationen zu einem festen Bestandteil des Trainingsplans und der Pregame-Rituale. "Oft starteten wir mit einem Moment der Stille", berichtete Jackson: "Lasst uns ein paar Mal tief durchatmen, zur Ruhe kommen, sodass wir uns selbst ein wenig zuhören und an nichts denken können."

Wenn er etwas mit seinen Spielern im Konferenzraum, den er in "Stammeszimmer" umbenannte, zu besprechen hatte, schlug er rhythmisch eine dumpfe indianische Trommel. Er gab jedem einzelnen Spieler Bücher zu lesen - von Taktik-Hilfen bis hin zu asiatischen Lebensweisheiten. Manchmal ließ Jackson seine Spieler sogar bei völliger Dunkelheit trainieren, um ihre Instinkte zu schulen.

Teamplayer Jordan

Seine Spiritualität und der ganzheitliche Ansatz erlaubten Jackson - nachdem die Spieler sich darauf eingelassen hatten - seinen ganz speziellen Teamgedanken zu implementieren. Auch bei Jordan. Nicht nur, dass es Jackson gelang, seinen ausgeprägten Wettbewerbsgedanken auf MJ zu übertragen, er brachte ihm auch bei, in der schwierigen Rolle als bester Spieler eines Teams aufzublühen und dabei gleichzeitig zu einem Teamplayer zu werden.

Die Mehrheit der Basketball-Gemeinde rechnet Chicagos sechs Ringe der 90er allein Jordan und seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten an. Doch Jacksons Bulls waren mehr als Michael. Seine Gamewinner, die Punkte-Galas, das Flu Game - all das waren Jordans Leistungen. Aber hinter dem Erfolg stand nicht der Satz: "Michael, hier hast du den Ball, mach was draus." Es brauchte Jacksons Struktur und System sowie elf andere Spieler, die beides auf dem Spielfeld umsetzten.

Die Triangle

Mindestens ebenso wichtig wie seine revolutionären Ansätze der Team-Dynamik war das System, das unter Jackson in Chicago und L.A. gespielt wurde: die Triangle Offense. Die Idee kam aber ursprünglich gar nicht vom Zen Master.

Bulls-Assistant Tex Winter hatte das in den 1930er Jahren von College-Coach Sam Barry erdachte System weiterentwickelt und schon Jacksons Vorgängern in der Windy City vorgeschlagen. Keiner wollte es ausprobieren, Jackson schon. Er sah in dem Konzept die basketballerische Inkarnation seiner philosophischen Grundsätze: Kameradschaft, Teamwork und Geschlossenheit. Ihm gefiel die strukturelle Improvisation des Systems, da sie die Entscheidungsfreiheit der Spieler förderte.

Bulls-Offseason: Mit neuem Käpt'n ins letzte Gefecht

Die Triangle, von Jackson einmal als "Tai Chi für fünf Personen" bezeichnet, wurde in den folgenden Jahren zum dominanten Angriffssystem. Chicagos einzigartiger Teamspirit, der beste Spieler aller Zeiten auf dem Feld und der beste Coach aller Zeiten an der Seitenlinie - die sechs Meisterschaften der Bulls waren eine Konsequenz aus genau diesem besonderen Paket.

Seite 1: Jackson bei den Bulls

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