NBA

Große Chance am Salzsee?

Von SPOX
Tibor Pleiß wechselte im Sommer 2014 zum FC Barcelona
© getty

Der Draft 2015 ist Geschichte, die Kadezusammenstellungen sind wenigstens ein wenig absehbarer. Und die Utah Jazz scheinen tatsächlich Interesse an einer Verpflichtung von Tibor Pleiß zu haben. Wie stehen die Chancen des Nationalspielers?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Tibor Pleiß' Situation

Es roch nach konsequenter Entscheidung. Nach zwei Jahren bei Laboral Kutxa wechselte Tibor Pleiß im Sommer zum FC Barcelona. Er wolle "Schritt für Schritt" denken, hatte der Nationalspieler damals im SPOX-Interview gesagt. Barca sei dieser nächste Schritt nach vorne, weshalb er nun versuchen werde, sich "dort durchzukämpfen und weiterzuentwickeln".

Kleine Etappenziele - erst der Wechsel aus Bamberg nach Spanien, dann der Umzug zum europäischen Topklub - sollten Pleiß dem ganz großen Traum, der NBA, näher bringen. Man sei einfach "selbstbewusster, wenn man gerade etwas erreicht hat", erklärte er seinen Plan. Und Pleiß durfte guten Gewissens selbstbewusst nach Barcelona reisen. Immerhin hatte er soeben eine mehr als überzeugende Saison hinter sich gebracht, war zum zentralen Baustein Laborals geworden.

exklusiv Pleiß-Interview: "Ein bisschen peinlich ist das schon"

In Barcelona, beim damals amtierenden spanischen Meister, musste der Center dennoch wieder von vorn beginnen, sich hinter Ante Tomic und Maciej Lampe anstellen. Pleiß wollte sich durchkämpfen. Gute Leistungen im Training und Spiel sollten ihm steigenden Einsatzzeiten gewähren. Soweit der Plan. Endgültig aufgegangen ist der nicht.

Mitunter machte es ein wenig den Anschein, als vertraue Coach Xavi Pascual seinem deutschen Fünfer nicht endgültig. Zwar war Pleiß stets Teil der Rotation, größtenteils blieben seine Anteile jedoch gering. Ausgedehnten Auftritten folgten schier endlose Minuten auf der Bank. Hatte Coach Pascual etwas beobachtet, das ihm missfiel, beorderte er Pleiß mitunter schnell wieder vom Feld.

Der Center arbeitete hart, wirkte teils jedoch verunsichert. Er wollte, durfte aber nur selten. Er wollte noch mehr und schaltete vielleicht zu sehr den Kopf ein. Am Ende fehlte häufig der Rhythmus. Am Ende spielte Pleiß schlicht zu selten (durchschnittlich 13 Minuten in der Euroleague, 5,3 Punkte, 3,9 Rebounds).

Direkt wieder vom Gescheiterten zu sprechen, wäre dennoch völlig fehl am Platz. Dass die Konkurrenz in Barcelona größer, das erste Jahr nicht zwingend einfach sein würde, war zu erwarten gewesen. Dass Pleiß sich seinen Status erst wieder würde erarbeiten müssen ebenfalls. Zumal festzuhalten bleibt, dass die Situation für den Nationalspieler zwar nicht einfach war, er sich aber auch nicht entmutigen ließ.

Pleiß arbeitete weiter, versuchte sich zu verbessern, sich durchzukämpfen - könnte Barca nach nur einem Jahr nun aber dennoch verlassen. Ante Tomic hat seinen Vertrag verlängert, Barcelona gleichzeitig Shane Lawal verpflichtet. Auch Maciej Lampe steht bei den Katalanen weiter unter Vertrag. Trotz gültigem Kontrakt für die kommende Saison könnte Barca also versucht sein, einen Abnehmer für Pleiß zu finden.

exklusiv Pleiß-Interview: "Jazz vielleicht interessanter für mich"

Entsprechend wild ist das Spekulationengewirr. Die einen sprechen vom FC Bayern als möglichem Ziel - was Pleiß im Übrigen längst deutlich dementiert hat - die anderen sehen einen Wechsel innerhalb Spaniens. Nur der Center selbst schweigt - verständlicherweise - und arbeitet offenbar - ebenso verständlich - dennoch an seiner Zukunft.

Laut einem Bericht der Deseret News wurde er am Wochenende in Salt Lake City gesichtet. Jener Stadt, die die Utah Jazz beheimatet, die wiederum die Rechte am 2012 gedrafteten Pleiß halten. Angeblich spricht man in den USA über ein mögliches Engagement in der NBA. Angesichts von Pleiß' gültigem Vertrag müsste mit Barca dazu allerdings ein Buyout ausgehandelt werden.

Die Big-Man-Situation der Jazz

In Utah sucht man nach weiteren Big Men. So viel sollte mittlerweile klar sein. Nicht nur, dass in letzter Zeit Gerüchte um mögliche Versuche aufgekommen waren, Utah wolle Paul Millsap zurück an den Salzsee holen, die Jazz entschieden sich beim Draft mit dem zwölften Pick zudem für Power Forward Trey Lyles.

Nimmt man noch den auf Fünf gesetzten Rudy Gobert sowie Derrick Favors hinzu, ergibt sich auf den großen Positionen bereits jetzt eine durchaus brauchbare Rotation. Wo passt Pleiß also ins Bild? Zunächst einmal ergäbe ein Center-Duo Gobert/Pleiß durchaus Sinn. Der Grund: Beide bringen unterschiedlich Stärken mit, die sich je nach Situation nutzen ließen. Goberts Länge, Wingspan und Defensivstärke auf der einen, Pleiß' guter Wurf, gute Range und ausgefeilteres Offensivspiel auf der anderen Seite.

Nun ließe sich selbstverständlich argumentieren, dass es den Jazz besser zu Gesicht stünde, zwei relativ ähnliche Center im Kader zu haben, um die Unterschiede in der Ausrichtung nicht zu groß werden zu lassen, sobald der Coach seine Fünfer austauscht. Andererseits böte ein Duo aus Pleiß und Gobert Coach Quin Snyder diverse Optionen und Variationsmöglichkeiten.

Dass die Jazz mit Favors und Lyles zwei Vierer im Roster haben, muss deshalb auch nicht schlecht für Pleiß sein. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass die Jazz hin und wieder auf kleinere Lineups mit nur einem Big Man zurückgreifen, andererseits lässt das Aufrüsten auf den großen Positionen durchaus die Vermutung zu, dass man grundsätzlich mit zwei Bigs plant. Eine Rolle als erster Backup für Gobert ist für Pleiß deshalb nicht vollkommen utopisch.

Zumal Jazz-GM Dennis Lindsey im Februar gegenüber SPOX angekündigt hatte, Pleiß' Entwicklung beobachten zu wollen und gleichzeitig von den Stärken des Nationalspieler geschwärmt hatte. Er sei "wie gemacht für einen Jazz-Spieler."

Ob Pleiß dies an der Seite von Rookie Lyles direkt während der Summer League beweisen kann, ist allerdings fraglich. Erstens, da derzeit niemand weiß, in welche Richtung die Verhandlungen gehen, so sie denn stattfinden. Und zweitens, da Pleiß als sicherer Kandidat für die EuroBasket gilt. Sollte er in der Summer League auflaufen, könnte das die Vorbereitung auf die Heim-EM stören.

Die Trainer-Situation in Utah

Quin Snyder kennt Europa. Immerhin war er während der Saison 2011/12 als Assistent bei ZSKA Moskau. Utahs Head Coach ist also bestens vertraut mit europäischen Big Men, weiß sie grundsätzlich einzuschätzen. Zudem traf Tibor Pleiß mit Bamberg während der Euroleague-Vorrunde 2011 auf ZSKA. Es gibt also Berührungspunkte. Wenngleich natürlich niemand weiß, inwieweit der Center Snyder damals auffiel, ob er den Coach positiv, negativ oder überhaupt nicht beeindruckt hat.

Alex Jensen traf dagegen noch nie direkt auf Pleiß, dürfte ihn über den Sommer aber deutlich intensiver kennenlernen. Utahs Assistant Coach füllt während der EM die Rolle des Assistenten von Bundestrainer Chris Fleming aus und kann sich dort aus nächster Nähe ein Bild von Pleiß machen.

Sollte der Center also tatsächlich eine Chance bei den Jazz erhalten, hätte er zumindest einmal den Vorteil, einen Sommer lang mit einem essentiellen Teil von Utahs Coaching Staff zusammengearbeitet zu haben. Nun weiß derzeit niemand gesichert, ob Pleiß diese Möglichkeit tatsächlich erhält. Doch die Jazz scheinen interessiert zu sein.

Alle Spieler von A bis Z