NBA

Der perfekte Reservist

SID
Langston Galloway war einer der wenigen Lichtblicke für die Knicks diese Saison
© getty

Im Optimalfall soll sich ein Rookie zum neuen Gesicht seiner Franchise entwickeln. Dies von Langston Galloway zu erwarten wäre allerdings vermessen, da der No--Name-Import aus der D-League kein Star-Potenzial hat! Und dennoch kann der Playmaker eine wichtige Rolle in New Yorks Zukunftsplänen spielen.

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Wenn Knicks-Präsident Phil Jackson und Coach -Derek Fisher zusammen die Planung des zukünftigen Kaders besprechen, stehen einige Baustellen auf der Agenda. Um den Spot des Backup-Point-Guards müssen sie sich aber keinerlei Gedanken machen - den perfekten Mann für diesen Job haben sie im Big Apple bereits: Langston Galloway. Der Playmaker war bis zu seiner Ankunft bei den Knickerbockers Anfang Januar ein absoluter No-Name, nutzte seine Debüt-Saison jedoch, um sich für weitere Aufgaben nachhaltig zu empfehlen.

Dass den 1,88-Meter-Mann zunächst kaum jemand auf dem Schirm hatte, überrascht kaum, denn Langston musste den unauf-fälligen (Um-)Weg in die beste Basketballliga der Welt nehmen: In vier Jahren an der Saint Joseph's University in Philadelphia legt "LG" in 133 Partien solide Zahlen auf (15,0 PPS, 4,5 REB, 2,2 AS, 1,3 ST), verzeichnet dabei ordentliche Wurfquoten (45,2 % FG, 42,6 % 3er, 82,1 % FW). Zudem steigt der Einser mit 343 "Threeballs" zum erfolgreichsten Dreierschützen und mit 1.991 Zählern zum zweitbesten Scorer der Uni-Historie hinter Jameer Nelson (2.094) auf.

Beim 2014er-NBA-Draft geht der in Baton Rouge, Louisiana, geborene Guard zwar leer aus, doch die New York Knicks berufen ihn in ihr Summer-League-Team, wo -Galloway mit vier unauffälligen Spielen für wenig Aufsehen sorgt (5,8 PPS, 1,3 AS, 1,3 REB). Nichtsdestotrotz verpflichten ihn die Bosse Anfang September fürs Trainingscamp, Ende Oktober waiven sie den Rookie aber wieder.

No-Name schreibt Geschichte

Nach dem im ersten Anlauf geplatzten NBA-Traum heuert Galloway bei den Westchester Knicks, dem D-League-Team der Knickerbockers, an. In 19 Partien startet er immer und markiert 16,5 Punkte, 5,9 Rebounds sowie 2,7 Steals pro Partie.

Da es beim NBA-Team 2014/15 bekanntlich alles andere als rund läuft und die Truppe ein Trümmerhaufen ist, geben die Verantwortlichen um Coach Derek Fisher Langston Anfang Januar mit einem 10-Day-Contract eine Chance. Der 23-Jährige wird dadurch zum ersten "Call-up" der Westchester--History. Und gleich in seinem fünften NBA-Game schreibt der Playmaker erneut Geschichte: Gegen New Orleans steht er erstmals in der -Starting Five, verbucht 21 Punkte und fünf Rebounds. Damit ist "LG" neben Channing Frye (2005) erst der zweite Knicks-Rookie in den letzten 35 Jahren, dem bei seinem Starter-Debüt mindestens 20 Zähler und fünf Boards gelingen. "Es ist ein tolles Gefühl, aber ich versuche, mich weiter auf meine Aufgaben zu -konzentrieren", kommentiert der Guard - was er auch schafft.

Dem starken Start folgen weitere solide Auftritte, weshalb die Knicks ihm zunächst einen zweiten 10-Day-Contract unterbreiten, bevor sie ihn mit einem Vertrag bis 2016 belohnen. Und Langston bestätigt das Vertrauen mit guter Arbeit: Auf die Saison gesehen haben nur vier Rookies einen höheren Scoring-Schnitt als der Knicks-Guard (11,8 PPS, 32,4 MIN), nur Andrew Wiggins (36,2 MIN) steht durchschnittlich länger auf dem Court. Und in Reihen der Knicks liefern nur Carmelo Anthony (24,2 PPS) und Andrea Bargnani (14,8) mehr Zähler. "Er hat keine Angst, Verantwortung zu übernehmen, und spielt mit viel Biss und Leidenschaft. Vor allem seine Defense gefällt mir", lobt Coach Fisher.

Ein wichtiges Puzzleteil

Langston Galloway mausert sich in der miesen Knicks-Saison zu einem der wenigen Lichtblicke und ist von Tag zu Tag glücklicher: "Es war schon eine verrückte Zeit, bis ich endlich meinen Vertrag unterschreiben durfte und richtig in der Liga angekommen bin", sagt er.

Doch Wundertaten sollte niemand von ihm erwarten. Seine Quote aus dem Feld (39,9 %) und von der Dreierlinie (35,2 %) sowie seine Assist-Rate (3,3) sind eines NBA-Starters unwürdig - vor allem, wenn man seine üppige Spielzeit betrachtet. Aber das ist kein Problem, denn niemand sieht im 23-Jährigen einen Franchise-Player. Er gilt vielmehr als solider Reservist. "Gallo" spielt immer mit vollem Einsatz und erfüllt zuverlässig die Aufgaben, die sein Coach von ihm erwartet. "Ich versuche einfach, in jedem Training alles zu geben und mich weiterzuentwickeln. Ich lerne dabei viel von Coach Fisher", sagt der Mann, der gerne NBA 2K, Madden und -Baseball an der Konsole zockt.

Mit dieser Einstellung und seiner Spielweise hat sich der Einser zu einem wichtigen Puzzleteil für die Knicks-Zukunft entwickelt. "Er spielt mit viel Selbstbewusstsein und ist sehr wertvoll für uns", betont Carmelo Anthony. Zumal die New Yorker für 845.059 US-Dollar, die Langston 2015/16 verdienen wird, kaum einen besseren Bench-Player für die Eins finden werden.

Nicht nur ihr Superstar weiß: Die Knicks haben in dem 23-Jährigen, dem einstigen No-Name-Aufbau aus der D-League, einen soliden Mann gefunden, der in Zukunft wichtig für sie werden kann - nicht als Star, sondern als Role-Player. Für "LG" hat sich der Umweg über die "kleinen" Knicks gelohnt. Langston Galloway ist der Gewinner der Katastrophensaison und hat seine NBA-Heimat im Big Apple gefunden.

Der Artikel erscheint in der BASKET 06/2015

Langston Galloway im Steckbrief