NBA

Raus aus dem Contender-Limbo

Von SPOX
Vier gewinnt? Paul Millsap, Al Horford, Kyle Korver und DeMarre Carroll (v.l.n.r.)
© getty

Obwohl nur eines der beiden Heimspiele gegen Washington gewonnen werden konnte, sind die Atlanta Hawks wieder Favorit auf den Einzug in die Conference Finals - schließlich fehlt mit John Wall der beste Spieler der Wizards. Für Dennis Schröder und Co. bedeutet dies aber auch: Es gibt keine Ausreden mehr. Die eigene Bestform muss endlich gefunden werden.

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65 Spiele haben die Hawks mittlerweile in der laufenden Saison gewonnen. Eine fürstliche Zahl, eines Titelanwärters würdig. Stattdessen ist im Norden des Bundesstaates Georgia in-sich-gehen angesagt - niemand weiß derzeit so richtig woran man ist mit diesem Team. Ein Team, das sich von den eher zufällig in die Playoffs gestolperten Nets in ein Spiel 6 zwingen ließ. Ein Team, das prompt das erste Spiel gegen die Wizards in eigener Halle abgab, und trotz der Abwesenheit von John Wall auch im zweiten Duell mit den Wizards Probleme offenbarte.

Vier Tage hatte das Team von Mike Budenholzer nun Zeit, um einen Weg zu finden aus dem Contender-Limbo: Nicht schlecht genug für ein mittelhohes Favoriten-Stolpersteinchen, aber eben derzeit auch nicht gut genug, um selbstbewusst den Platz unter diesen Favoriten einzufordern. Vier Tage hatte der Schedule Coach Bud und seinem Team beschert, bevor am Samstagabend Spiel 3 gegen Washington ansteht. Und diesmal nicht vor den nach Erfolg lechzenden eigenen Fans, sondern in fremder Halle.

"Freie Tage sind immer gut"

Ob man nicht lieber im Zwei-Tages-Rhythmus weitergespielt hätte, um den eigenen Rhythmus wieder zu verinnerlichen? Nein, die Pause sei absolut notwendig gewesen. "Es war gut, uns körperlich ein bisschen zu erholen", sagte Paul Millsap. Jeff Teague laboriert an einem schmerzenden Knöchel, Al Horford hat Probleme mit einem Finger.

Budenholzer bläst in das gleiche Horn: "Wenn man ein paar Tage frei hat, um sich noch stärker den Einzelheiten und dem Sinn unserer Abläufe zu widmen, kann man das alles im Training angehen, ohne die Spieler zu überanstrengen. Hoffentlich werden wir beim Spiel am Samstag (23 Uhr deutscher Zeit) mehr wissen. Aber ein paar Tage frei sind immer gut."

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Man darf nicht vergessen, dass zwischen Game 6 bei den Nets und Spiel 1 gegen die ausgeruhten Wizards gerade einmal eineinhalb Tage lagen (Freitagabend bis Sonntagmittag). "Das waren körperlich anstrengende Spiele in dieser Serie. Wir müssen diese freien Tage jetzt nutzen."

Mit Wall fehlt Washington das Ass

Denn eins ist klar: Ein Auswärtserfolg muss her - je schneller desto besser. Dabei spielt den Hawks die mehrfach gebrochene Hand von Wizards-Superstar John Wall natürlich in die Karten: Es ist kein Wunder, dass Spiel 2, welches ohne Wall stattfand, gewonnen wurde, Spiel 1 mit Wall dagegen nicht.

Während die Hauptstadt also um den vielleicht besten Point Guard der Eastern Conference bangt und hofft, ihn irgendwie doch noch auf dem Parkett bejubeln zu dürfen, müssen die Hawks einen Konkurrenten ausschalten, der sich mit Klauen und Zähnen wehrt. Schließlich ist es ein stets widerkehrendes Phänomen, dass Teams ohne ihren besten Spieler plötzlich mehr darstellen als die Summe der übriggebliebenen Teile. " Das ist gefährlich", sagte Kent Bazemore nach Spiel 2. "Oh, ihr bester Spieler fehlt, also haben sie keine Chance... Aber sie sind immer noch ein sehr gefährliches Team."

Ein Punkt, den Budenholzer seinem Team in den vergangenen Tagen wohl ohne Pause eingehämmert haben wird. Nicht umsonst hatte Ramon Sessions an Stelle von Wall 21 Punkte eingestreut, Paul Pierce 15 Punkte beigesteuert und die Wizards über 50 Prozent ihrer Dreier verwandelt.

Serie nutzen, um sich freizuspielen

Nichtsdestotrotz: Ohne Wall fehlt der Kopf der Wizards-Schlange. Sollte der 24-Jährige in den Conference Semifinals keine prominente Rolle mehr spielen, ist es kaum vorstellbar, dass der Lower Seed Atlanta in den vorzeitigen Urlaub befördern kann. Bei den Buchmachern, die die Wizards angesichts der überragenden ersten Runde gegen Toronto zunächst noch vorn gesehen hatten, sind die Hawks nun Favorit.

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Deshalb darf es für den selbsternannten Titelkandidaten aus A-Town nicht mehr lediglich das Ziel sein, ein widerspenstiges Washington aus dem Weg zu räumen - bei aller Wertschätzung für die Leistungen der Wizards. Aber alles andere als ein Erfolg in der Serie wäre ohne Wall nicht nur eine herbe Enttäuschung, sondern eine geradezu peinliche Schlappe.

Stattdessen müssen Millsap und Co. diese Runde nun auch nutzen, um sich in dieser Postseason endgültig freizuspielen. Um das Hawksche Ball Movement, die selbstlose Spielweise, die konzentrierte Defensive wiederzubeleben. Denn um das Contender-Limbo zu verlassen, müssen noch einige Baustellen geschlossen werden:

  • Die in der Regular Season so starke Bank hat sich zu einer Schwäche entwickelt. So weisen sowohl Dennis Schröder, als auch Mike Scott und Shelvin Mack extrem schlechte Net Ratings auf: Mit Jeff Teague auf dem Court etwa stehen die Hawks hochgerechnet auf 100 Possessions, um 21,1 Punkte besser da als mit dem deutschen Nationalspieler. Es liegt an Budenholzer, Lineups zu finden, die Schröders größte Stärke, den Drive zu Korb, mit genügend Shootern komplimentieren. "Dann öffnet sich alles für mich", so Schröder. Das ist extrem wichtig für mich und Jeff, so können wir Druck auf den Korb machen."
  • Kyle Korver ist nicht mehr der überragende Scharfschütze aus den ersten 82 Partien. In den Playoffs geht es auch immer das Anpassen der eigenen Taktik an den Gegner, um diesem die größte Stärke zu rauben. Das ist Atlantas Gegnern bislang gelungen: Korvers Quote in den Playoffs steht bei gerade mal 12/39 FG und nicht einmal 25 Prozent 3FG. Budenholzer muss seinem Shooter wieder Platz verschaffen, oder die aggressiven Defenses auf eine andere Art und Weise bestrafen (Back-cuts? Korver im Pick-and-Roll?).
  • Auch die eigene Defense gegen den gegnerischen Dreier könnte aufmerksamer sein: In zwei Spielen ließen es die Wizards insgesamt 21 Dreier regnen, bei einer Quote von fast 45 Prozent. Besonders mit Paul Pierce als Stretch Four hat Atlanta Probleme (8/17 3FG).

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  • Aggressive Double-Teams aus dem Pick-and-Roll gegen Jeff Teague haben dessen Rolle als Scorer zusammenschrumpfen lassen, zudem fällt sein Wurf nicht (7/26 FG). Teague ist nicht der traditionelle Pass-First-Point Guard, sein Scoring ist für das Team enorm wichtig. Budenholzer muss seinem All-Star-Aufbauspieler kreativere Wege unter den gegnerischen Korb ermöglichen.

Noch kein Titelkandidat

Natürlich läuft auch einiges gut beim Team mit der besten Bilanz der Eastern Conference: DeMarre Carroll hat sich zum astreinen 20-Punkte-Scorer gemausert, Paul Millsap glänzt immer mehr als Allzweckwaffe, die auch Mitspieler einsetzen kann (19 Assists in den letzten drei Spielen). Und die Bank machte im letzten Spiel gegen Washington zumindest Hoffnung.

Dennoch sind die Hawks in der jetzigen Form kein Contender. Das Gute für Schröder und Co.: Durch die unglückliche Verletzung von Wall müssen sie es in dieser Runde wohl noch nicht sein. Umso wichtiger ist es, das Mojo des Winters wiederzufinden. Der Weg in die Conference Finals ist weniger steinig als gedacht - aber wenn dort nicht Schluss sein soll, muss am Ende dieses Weges die eigene Bestform gefunden sein.

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