NBA

Psychospielchen vor den Playoffs?

LeBron James hat gegen die Celtics eine Menge böser Erinnerungen
© getty

Entgegen aller Erwartungen spielen die Boston Celtics im Osten um die Playoffs mit. Ein Sieg über die Cleveland Cavaliers (21 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE) und LeBron James wäre enorm wichtig im Saison-Endspurt. Für die Cavs geht es eigentlich um nichts mehr - aber nimmt man gegen Beantown den Fuß vom Gas, könnte es in der ersten Runde der Postseason zum Wiedersehen kommen...

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Ausgangslage:

Im Nachhinein sollte man sich doch ein wenig dämlich vorkommen, wenn man die Cavs nach dem schwachen Saisonstart vorzeitig abgeschrieben hat. Das Team passt nicht zusammen, Stars allein reichen nicht, blablabla. Hatten wir das nicht vor vier Jahren auch schon in Miami gesehen? Da waren die Heat am Ende doch in den Finals. Und Cleveland ist auf dem besten Wege dahin.

Nach dem Stotterstart mit nur 19 Siegen aus den ersten 39 Spielen wurde das Team mit Iman Shumpert, J.R. Smith und Center Timofey Mozgov verstärkt, LeBron James war plötzlich wieder "King" James, und die Eastern Conference wurde von hinten aufgerollt. Und plötzlich ist der zweite Platz im Osten sicher und die Cavs sind ganz heißer Kandidat auf die Finals. Kein Wunder, dass Coach David Blatt, der Platz zwei als Ziel ausgegeben hatte, schon etwas den Fuß vom Gas genommen hat.

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Wohl auch deswegen konnten die Celtics am Freitag die Siegesserie der Cavs vor heimischem Publikum nach 18 Spielen stoppen. Was für die Grün-Weißen auch enorm wichtig ist - schließlich kämpft das Team doch tatsächlich um die Postseason! Dabei hatte man mit Jeff Green und Rajon Rondo die zwei größten Stars im Laufe der Saison getradet, und Coach Brad Stevens eigentlich nur ein Ersatzteillager ohne Premium-Qualität zur Verfügung.

Egal, mit starkem Playcalling und einer Menge Selbstvertrauen hat sich Boston die Schwäche des Ostens zunutze gemacht, spielt seit Monaten mit einer ausgeglichenen Bilanz - und steht bei noch drei verbleibenden Spielen auf Platz sieben. Die Konkurrenz ist dicht dran, und das Restprogramm nicht leicht. Aber nach fünf Siegen aus sechs Spielen ist der Traum von Playoff-Basketball durchaus berechtigt. Zumal es gut möglich ist, dass Cleveland nicht in Bestbesetzung antreten wird.

Die Stars der Teams:

Klar, an LeBron James führt eigentlich kein Weg vorbei. Aber die Entwicklung, die Kyrie Irving in dieser Saison genommen hat, ist erstaunlich. Der Guard, dem in den Jahren immer wieder zu viel Ego-Zockerei vorgeworfen wurde, zu sehr aufs Scoring ausgerichtet, nicht mannschaftsdienlich genug, nicht kompatibel mit James,... ist der zweite Kopf des Cavalier-Monsters - und es ist ein enorm gefährlicher Kopf.

Die Spurs mussten am eigenen Leib erfahren, dass ein heißer Irving schlicht und ergreifend nicht zu stoppen ist. Von außen sicher, stark im Drive, perfekte Layups unter dem Korb. "Uncle Drew" kann neben James auch mal 50 Punkte auflegen, und niemand ist glücklicher darüber als der King selbst. 22 Punkte und über 5 Assists im Schnitt, über 41 Prozent Dreierquote. Geht das so weiter, ist Irving vielleicht schon im nächsten Jahr selbst ein MVP-Kandidat.

Bei den Celtics ist die Mannschaft der Star. Klingt abgedroschen, ist aber so. Deshalb könnte man hier auch Coach Brad Stevens aufführen, der von Edel-Fan Bill Simmons bereits als Präsidentschaftskandidat 2016 gehypt wird. Die beste Figur auf dem Court macht derzeit allerdings Isaiah Thomas.

Isaiah Thomas: Endlich gewollt

Der pfeilschnell Guard wurde vor der Trade Deadline aus Phoenix nach Massachusetts gelotst und durfte sich beim vermeintlichen Lottery-Team so richtig austoben. Resultat: 19,6 Punkte im Schnitt in nur 26 Minuten (!), dazu über 5 Assists und insgesamt einfach sofortige Mikrowellen-Offense. Thomas hat Spaß in Boston, und die Stadt hat Spaß an ihm.

Das Schlüsselduell:

Da nicht klar ist, welche Stars auf Seiten der Cavaliers eingreifen - Irving und Iman Shumpert könnten angeschlagen geschont werden, James erklärte, er "glaube nicht", dass er spielen werde - könnte das entscheidende Duell auf der Bank stattfinden. Und da ist die Frage: Was halten die Cavs von den Celtics?

Sind diese gegen ein Cleveland-Team in voller Mannschaftsstärke chancenlos? In diesem Fall könnte es im Interesse des Favoriten sein, die Celtics in den Playoffs zu sehen - und zwar auf Platz 7, perfekt serviert für ein Erstrunden-Matchup. Schon im "Hinspiel" am Freitag hatte Blatt seine Stars im letzten Viertel geschont und das Spiel mehr oder weniger abgeschenkt.

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Andererseits ist das Schicksal der Celtics nicht allein von diesem Spiel abhängig - und dem späteren Gegner weiteres Selbstvertrauen zu geben, hat sich auch schon das eine oder andere Mal gerächt. Also lieber zeigen, "wo der Hammer hängt"? Wer zeigt, dass er den Gegner nicht ernst nimmt, schenkt diesem schließlich auch noch eine Schippe Motivation.

Zudem gilt: Brad Stevens auf der Gegenseite hat in seiner Rookie-Season bereits den Ruf weg, einer der besten In-Game-Coaches zu sein. Je mehr er von Cavaliers in Bestbesetzung sieht, desto mehr würde ihm das in der Vorbereitung auf die Playoffs helfen. Viele Fragen, die man sich beim Second Seed stellen könnte...

Geschichte:

Insgesamt 30 Playoff-Partien haben die beiden Teams schon gegeneinander bestritten. Darunter fallen die Eastern Conference Finals 1976, dem ersten Playoff-Jahr der Cavs überhaupt, oder die erste Runde 1985, als Cleveland trotz eines 2-19-Starts in die Saison noch die Postseason erreichte und sich mit Larry Bird und Co. messen durfte. Beide Male triumphierte Boston, einfach wurde es Beantown jedoch nicht gemacht.

So richtig heiß wurde es dann vor wenigen Jahren: 2008 standen auf der einen Seite die 66-Win-Celtics mit Paul Pierce, Ray Allen und Kevin Garnett - und auf der anderen Seite die Cavs um den zukünftigen MVP LeBron James, der die Höhe seiner Schaffenskraft fast erreicht hatte. Es war eine wahre Schlacht über sieben Spiele (sieben Heimsiege), die mit einem epischen Game 7 enden sollte: LeBrons 45 Punkte wurden von Pierce und dessen 41 Zählern gekontert, Boston kam weiter - und holte wenig Wochen später den Titel.

Aber zuvor gab es einen ganz besonderen Dunk.

Zwei Jahre darauf kam es noch einmal zum Duell, wieder in den Conference Semifinals. Aus den Big Three in Boston war mit Rondo mittlerweile ein Quartett geworden. James hatte auf der Gegenseite seinen zweiten MVP-Award gewonnen, musste sich nach der Serie (4-2 für Boston) jedoch unbequeme Fragen gefallen lassen und unterschrieb ein paar Monate später in Miami.

Rookies:

Joe Harris ist der einzige Rookie im Kader der Cavs. Er wechselt oft zwischen dem Ende der Ersatzbank und dem Roster der Canton Charge aus der D-League.

Die Celtics gehören zu einer ganz besonderen Gattung: Als potenzielles Playoff-Team haben sie mit Marcus Smart einen Rookie in der Starting Five - das können sonst nur die Brooklyn Nets mit Markel Brown behaupten. Der 21-jährige Guard legt eine Saison mit Licht (Game-Winner gegen Toronto) und Schatten (unter 37 Prozent aus dem Feld) hin. Insgesamt geht seine Formkurve aber weiter nach oben, wie die 19 Punkte im letzten Aufeinandertreffen mit den Cavs beweisen. Smart ist schon jetzt ein wichtiger Teil des Teams.

Nicht ganz so weit ist James Young - der ist allerdings auch erst 19. Der Shooting Guard von Kentucky spielt rund zehn Minuten im Schnitt - wenn er denn spielt. In 30 Spielen sah er bisher den Court, die Verpflichtung von Isaiah Thomas hat es natürlich auch nicht leichter für ihn gemacht. Seit dem 22. März hat er nun schon den Court nicht mehr gesehen.

Stimmen:

David Blatt (Coach Cavaliers) über ein mögliches Playoff-Duell mit den Celtics: "Wir denken ehrlich gesagt nur an uns, und wie wir zwei entgegengesetzte Dinge zusammenbringen: Die Spieler einerseits in Topform zu halten, andererseits aber auch zu schonen."

LeBron James (Cavaliers): "Ich bin schon zwölf Jahre dabei, da ist für mich das große Ganze wichtig. Wir müssen im Rhythmus bleiben, und auch gesund."

Jae Crowder (Celtics): "Es ist ein bisschen wie eine Playoff-Serie. Wir nehmen es so wie es kommt und wollen jedes Spiel besser werden."

Prognose:

LeBron im Cavaliers-Trikot - für Boston-Fans ein erklärtes Lieblingsziel. Die Stimmung im TD Garden sollte also einiges bieten - selbst wenn der vierfache MVP nur im Anzug auf der Bank platznimmt. Aus welchen Gründen er es letzten Endes auch tut: Es ist kaum vorstellbar, dass Blatt seine Stars gegen einen brennenden und hochmotivierten Gegner über die volle Distanz einsetzt. Dafür hat er einfach zu viel zu verlieren, jedoch kaum etwas zu gewinnen.

Es könnte so am oft gescholtenen Kevin Love hängen, für die Offense der Cavs zu sorgen. Ob das allein reicht, ist jedoch fraglich. Die Celtics stehen mit dem Rücken zur Wand, wollen den Sieg mehr - und holen ihn sich auch.

Der Spielplan im Überblick

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