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Dwight-los glücklich?

Von Max Marbeiter
Josh Smith wechselte erst im Laufe der Saison zu den Rockets
© getty

Dwight Howard fehlt den Houston Rockets seit geraumer Zeit, dennoch brechen sie nicht ein. Die Texaner haben mittlerweile eine durchaus vorzeigbare Big-Man-Rotation - und brauchen D12 doch so dringend.

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Isolation. Andrew Wiggins fordert James Harden zum Tänzchen. Ein kurzes Hestitation-Dribble, schneller erste Schritt, ein Dribbling - und der No.1-Pick ist vorbei. Harden kann nur hilflos zusehen. Normalerweise folgt nun der krachende Dunk. Normalerweise. Diesmal nicht. Denn just, als Wiggins in die Knie geht und hochsteigt, fliegt Dwight Howard heran. Monster-Block! Willkommen in der Liga, Rook!

Schnitt. In Zivil sitzt Dwight Howard auf der Bank. Keine Help-Defense. Keine Blocks. Keine Dominanz. Anfang Februar ließ sich der Center am Knie operieren. Die Prognose: Sechs bis acht Wochen Pause. Es ist die klassische "Glas halbleer, Glas halbvoll"-Situation. Halb leer, weil die Rockets derzeit irgendwie versuchen müssen, sich bestmöglich für die Playoffs zu positionieren und ihren Center dazu durchaus gebrauchen könnten. Halb voll, weil Howard rechtzeitig zur Postseason wieder da sein, im Vorlauf sogar noch einige Spiele absolviert haben dürfte.

Und bis dahin? Bis dahin besitzen die Rockets einen Frontcourt, der sich auf den ersten Blick vor allem dadurch auszeichnet, dass er ein wenig kurz geraten ist, dass er Houston nicht jene beeindruckende Präsenz unter den Brettern verleiht, die Howard verspricht. Deshalb hofft man selbstverständlich auf eine baldige Rückkehr des Starting-Centers.

Tiefe trotz Howard-Ausfall

Zunächst müssen sich die Rockets jedoch mit einer Rotation aus Donatas Motiejunas, Joey Dorsey, Terrence Jones und Josh Smith begnügen. Es ist nicht die größte, dafür aber eine durchaus vielseitige Rotation aus Big Men, die rotieren können und deren Stärken sich zumindest teilweise ergänzen.

"Es ist nur eine Frage der Zeit", sagt deshalb auch Donatas Motiejunas. "T.J. ist ein großartiger Passgeber. Ich kann ebenfalls passen. Wir sind in der Lage, uns gegenseitig zu finden. Das macht Basketball leichter. T.J.s Playmaking-Qualitäten erlauben es mir, häufiger in den Post zu gehen und wir können wechseln. Das ist einfach simpler Basketball."

Was der Litauer damit meint: Er und T.J., also Terrence Jones, bilden ein durchaus brauchbares Big-Man-Gespann. Allerdings auch eines, das Houston so bislang relativ selten aufbieten konnte. Erstens natürlich, da im Normalfall - heißt: mit einem fitten Dwight Howard - lediglich einer der beiden starten kann und zweitens, da Jones aufgrund einer Nervenverletzung im Bein bereits 41 Spiele verpasste.

D-Mo und Jones statt D-Mo oder Jones

Eigentlich hatte Jones seinen erst in der vergangenen Saison so hart erkämpften Platz in der ersten Fünf so ausgerechnet an Motiejunas verloren. D-Mo hat sich in dieser Saison nämlich ordentlich gesteigert, seine Punktausbeute verdoppelt (11,6 gegenüber 5,5) und legt in allen relevanten Statistiken Karrierebestwerte auf.

Eigentlich hatte sich der Litauer damit seinen Platz neben Howard gesichert. Ohne ihren Center mussten die Rockets jedoch umdenken. Als gelernter Center war Joey Dorsey die naheliegende Wahl. Nur ist der mit 2,03 Metern im Grunde gar nicht so klassisch und hielt zudem ein Versprechen nicht ein.

Denn grundsätzlich gilt Dorsey als Defensiv-Spezialist, kann dies statistisch jedoch leider nicht belegen. Am Ende ist Houstons Defensive Rating ohne den Center (99,2) sogar besser als mit ihm (101,8). Vielleicht vertraute Coach Kevin McHale während den beiden Siegen gegen die Wolves und Clippers kürzlich deshalb auch dem Duo Jones/Motiejunas.

Überraschend gute Rim-Protection

Und die beiden warten direkt mit einer nicht ganz uninteressanten Statistik auf. Weder Jones noch Motiejunas sind in Sachen Rim-Protection wesentlich schwächer als Howard. Rein statistisch jedenfalls - auf die Quote des Gegners direkt am Ring bezogen. Die liegt im Fall von D12 bei 45,3 Prozent, bei Motiejunas bei 46,2 Prozent. Jones erlaubt sogar lediglich 44,6 Prozent.

Natürlich ist dies nicht der einzige Indikator für gelungenes Verteidigen am Ring, natürlich sind weder Jones noch Motiejunas deshalb gleich ebenso dominant und furchteinflößend wie Howard. Dennoch zeigt diese Statistik, dass die Rockets mit ihrem neuen Duo relativ gut fahren.

Am Ende legen sie in den vergangenen 14 Spielen, also ohne Howard, sogar ein besseres Defensive Rating auf als mit Howard (99,4 vs. 99,8 Punkte pro 100 Possessions), zwingen den Gegner zu leicht schwächeren Quoten aus dem Feld (43,1 vs. 44,4 Prozent).

Starke Team-Defense

All das liegt allerdings weniger daran, dass die Rockets D12 nicht brauchen, vielmehr besitzt Houston mittlerweile eine Vielzahl an fähigen Verteidigern. Da wäre Patrick Beverley oder Neuzugang Corey Brewer. Dazu die ebenfalls neuen Trevor Ariza und K.J. McDaniels. Sogar James Harden hat inzwischen begriffen, dass ein Basketballcourt sowohl vorne als auch hinten zu bespielen ist.

So verteidigen die Rockets das Pick'n'Roll in dieser Saison durchaus effektiv, zwingen den Gegner immer wieder zu Ballverlusten (Opponent Turnover-Rate: 16,9, Rang drei) und gestatten gegnerischen Teams die schwächste Dreierquote der gesamten Liga (31,5 Prozent). Kurz: Guards und Flügel unterstützen ihre Bigs, nehmen ihnen Stück weit Arbeit ab.

J-Smoove liefert Optionen

Und schlussendlich ist da ja noch Josh Smith. Man erinnert sich. Jener Josh Smith, den die Pistons so unglaublich gern loswerden wollten, dass sie ihn einfach entließen und einen Großteil seines enormen Gehalts weiterbezahlen. Jener Josh Smith, dessen tragikomische Liebe zum Dreier Zeit seiner Karriere vollkommen konträr zu seinem eigentlich Talent stand.

Interessanterweise trifft der Power Forward in Houston von draußen jedoch durchaus akzeptable 35,6 Prozent, was allein schon mal ein Grund für ein ausgedehntes texanisches Festtags-Barbecue sein sollte. Nun ist der Dreier aber auch bei den Rockets nicht seine Primär-Aufgabe. Houston interessiert sich deutlich mehr für die Athletik, Länge und Masse des Ex-Hawks.

J-Smoove gibt den Rockets unter dem Korb zusätzlich Präsenz. Exakt dort, wo in den vergangenen Playoffs häufig das eher tragische Duo Howard/Ömer Asik auflaufen musste, um LaMarcus Aldridge irgendwie Herr zu werden. Dafür war Terrence Jones nämlich schlicht zu kurz geraten.

Wirklich funktioniert hat es nicht. Und auch Smith dürfte einen Aldridge nicht dauerhaft stoppen können, doch er liefert den Rockets eine zusätzliche Option - und ist deshalb speziell während Howards derzeitiger Abstinenz von immensem Wert, ist deshalb mitverantwortlich dafür, dass Houston James Hardens auf den ersten Blick gefährlich in Richtung Durchhalteparole abdriftendes Statement auch in die Tat umsetzte.

Jeder kennt seine Rolle

"Dwight gibt diesem Team natürlich sehr viel", hatte der MVP-Kandidat kurz nach der Verletzung seines Centers erklärt. "Deshalb kannst du ihn nicht einfach so ersetzen, aber wir werden weiter spielen wie bisher. Wir spielen immer gleich, ob nun mit oder ohne Dwight... Wir haben ein System und wer auch immer spielt, kennt seine Rolle und muss gemäß seinen Stärken spielen."

Und genau das tun die Rockets derzeit. Sie stehen auf Rang drei der Western Conference, haben zehn ihrer 14 Spiele ohne Howard gewonnen. Allerdings etwas weniger überzeugend im Vergleich zu den Spielen mit D12 in ihrer Mitte. 6,9 Punkte brachte Houston auch dank Howard auf 100 Possessions gerechnet zwischen sich und seine Gegner. Derzeit sind es gerade 2.

So gut die Rockets den Ausfalls also kompensieren, mit Dwight Howard sind sie definitiv ein besseres Team. Denn so gut Jones oder Motiejunas auch am Ring verteidigen mögen, so effektiv die Defense derzeit funktioniert, erst D12 macht Houston dank seiner Präsenz in der Zone zum Contender. Gut, dass er bis zu den Playoffs wieder dabei sein sollte.

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