NBA

Kampf dem Déjà-vu

Von Max Marbeiter
Kevin Durant (r.) muss mit den Oklahoma City Thunder weiter auf seinen ersten Titel warten
© getty

Die San Antonio Spurs treffen nach ihrem Erfolg über die Oklahoma City Thunder in den Western-Conference Finals (hier geht's zur Analyse) erneut auf ihren Albtraum aus dem Vorjahr. Doch die Texaner ereilt gleich ein weiteres Déjà-vu. OKC plagen weiter bekannte Probleme.

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Man habe "die letzten Finals nicht vergessen", sagte Tim Duncan nach getaner Arbeit. Nach 19 Punkten, 15 Rebounds, nach einer überragenden Leistung in der Verlängerung des entscheidenden Spiel 6 der Western-Conference Finals. Die letzten Finals. Das bedeutet aus Spurs-Sicht eine fast sichere Meisterschaft, Ray Allens zerstörerischer Dreier in Spiel 6, der San Antonio jäh aus allen Träumen riss und nicht zuletzt die Pleite in Spiel 7.

Nun sind die Spurs also genau dort angelangt, wo vor ziemlich genau einem Jahr ihr ganz persönlicher Albtraum begann. Erneut steht man in den Finals, erneut geht es gegen die Heat. Ein Déjà-vu? Irgendwie schon. "Es ist unglaublich, dass wir unseren Fokus nach dieser niederschmetternden Niederlage wiedergefunden haben", sagt Duncan.

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Die Pleite aus dem Vorjahr war in San Antonio während dieser Saison allgegenwärtig. Plötzlich durfte gezweifelt werden. Gezweifelt, ob die Spurs die Niederlage, trotz aller Erfahrung, irgendwie aus den Köpfen bekommen können. Vergessen, so viel ist nicht erst seit Duncans Aussage im Anschluss an den Sieg gegen die Thunder klar, hat in San Antonio allerdings niemand.

"Diesmal schaffen wir es"

"Wir sind zurück", sagt Duncan. "Und wir sind glücklich darüber. Wir müssen noch vier Spiele gewinnen. Und diesmal werden wir das auch schaffen." Also doch kein Déjà-vu? Die komplette Zeitreise wollen die Spurs - wer will es ihnen verdenken - natürlich vermeiden. Und tatsächlich hat man die ersten bösen Geister bereits vertrieben.

2-0 geführt, die Serie im Griff gehabt - und plötzlich zwei Spiele in Folge verloren. Das gab es doch schon einmal. Vor zwei Jahren. Im Western-Conference-Finale. Noch dazu gegen OKC. Würden die Spurs größeren Wert auf Vergangenes legen, sie hätten gut und gerne bereits im Halbfinale in sich zusammenbrechen können. Schließlich war Serge Ibaka zurückgekehrt, hatte den Thunder ihren Athletik-Vorteil zurückgeben, San Antonios Drive in die Zone deutlich erschwert und das Momentum gleich mitgedreht.

Scheinbar. Denn Gregg Popovich hält ähnlich wenig von Déjà-vus wie Duncan. Der Schachzug, Matt Bonner in die erste Fünf zu nehmen, ließ das Pendel wieder Richtung Spurs ausschlagen, bis San Antonio in Spiel 6 schließlich endgültig den Ibaka-Fluch besiegte.

Sorgen um Tony Parker

Die erneute Finals-Teilnahme wäre damit schon mal sichergestellt. Dabei soll es allerdings nicht bleiben. Diesmal soll der Titel her. Nur weckte Spiel 6 gegen OKC gleich die nächsten bösen Erinnerungen. Die zweite Hälfte in Oklahoma City mussten die Spurs ohne Tony Parker bestreiten. Der Point Guard hatte sich verletzt. Der Knöchel.

Noch ist nicht klar, wie ernst es um Parker steht. Wird er in Spiel 1 der Finals am Donnerstag auflaufen können? Fällt er unter Umständen sogar länger aus? Sicher ist nur, dass der Franzose, so er denn das Rennen gegen die Zeit für sich entscheidet, nicht gänzlich fit in die Serie gegen die Heat gehen wird. Mal wieder. Ein Déjà-vu.

Vergangenes Jahr war es der Oberschenkel, diesmal schmerzt eben der Knöchel. Das Resultat bleibt dasselbe. Wie wichtig Parker für San Antonio ist, dürfte mittlerweile auch der letzte begriffen haben. Dass ihn seine Verletzung während der Serie 2013 behinderte, im Grunde ebenfalls. Dem Franzosen fehlte das letzte Stück Explosivität, das für sein Spiel so essentiell ist.

Erneut angeschlagen in die Finals?

Die mangelnde Fitness war Parker klar anzumerken. Speziell gegen Ende dieser unglaublich intensiven und dramatischen Serie. Manch einer mag sogar fest daran glauben, dass die Spurs und nicht die Heat als amtierender Champion in die anstehenden Finals gingen, hätte Parker nicht der Oberschenkel geplagt.

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Nun lebt der Sport jedoch nicht vom Konjunktiv. Fakten zählen. Und als solcher darf durchaus bezeichnet werden, dass ein nicht fitter Parker dem eigentlich so schön glänzenden Gesamtkonstrukt San Antonio Spurs einige Kratzer zufügt. Natürlich spielt kaum eine Mannschaft derart beeindruckenden Teambasketball wie die Texaner. Natürlich versteht es Coach Pop wie kaum ein anderer auf etwaige Widrigkeiten zu reagieren.

Allerdings ist Parker neben Duncan die große Konstante im Spiel der Spurs. Mit 17,8 Punkten ist der Franzose San Antonios Postseason-Topscorer. Dazu initiiert er das offensive Gesamtkunstwerk aus Cuts, Blöcken und Passstafetten, schafft durch seine Drives Räume für die Schützen an der Dreierlinie. Ein Déjà-vu - sprich: ein angeschlagener Parker in den Finals - ist für San Antonio also zwingend zu vermeiden. Der Einfluss auf eine schnelle Genesung hält sich natürlich in Grenzen, bis zum Donnerstag, bis zum Auftakt im AT&T Center bleibt allerdings noch ein wenig Zeit.

Das alte OKC-Problem: Keine Unterstützung

Zeit, die den Thunder mit Ablauf der Verlängerung von Spiel 6 abhanden gekommen ist. Denn auch in Oklahoma City muss einen langsam aber sicher das Gefühl beschleichen, als befände man sich in einer Endlosschleife aus Matrix-Fehlern. "Wir spielen nur mit sieben Jungs", sagte Russell Westbrook unmittelbar nach der Pleite. "Bei ihnen hat das ganze Team gescort."

Wahrscheinlich wollte der Playmaker seine Teamkollegen nicht mal kritisieren - und dennoch beschreibt dieser eine Satz das Dilemma der Thunder mehr als treffend. Von ihren insgesamt 14 Turnovern - natürlich zu viel - abgesehen, lieferten nur Westbrook und Kevin Durant ab. Insgesamt 65 Punkte erzielten die beiden Superstars.

Auch Serge Ibaka legte gewohnt solide bis starke Zahlen auf (16 Punkte, 4 Blocks). Von Reggie Jackson erhielten Russ und KD diesmal ebenfalls Unterstützung (21 Punkte). Einerseits ist jedoch gerade Jackson noch deutlich zu inkonstant, andererseits sträubte sich der Rest des Teams mal wieder erfolgreich gegen ausgiebige Einträge ins Scoreboard. 5 Punkte brachte die Bank der Thunder in Spiel 6 zustande. Wohlgemerkt, nach Verlängerung. FÜNF Punkte.

Jacksons Beförderung zum Starter war zwar eine gelungene Maßnahme von Scott Brooks, allerdings verdeutlicht der Schritt nur allzu schmerzhaft, dass OKC schlicht und ergreifend die Balance fehlt. Durant, Ibaka und Westbrook zählen zu den besten Trios, die die NBA zu bieten hat. Jackson ist ein mehr als brauchbarer Energizer von der Bank. Dahinter kommt jedoch zu wenig.

KD: "Müssen Saison analysieren"

So war es vergangenes Jahr und so ist es auch diesmal. Man müsse die "erfolgreiche Saison nun analysieren", sagte Durant auf der Pressekonferenz nach Spiel 6. Die Rückschlüsse dürften klar sein. Allein, ganz einfach zu beheben sind die Probleme nicht. Allerdings bleibt den Thunder nun auch ein ganzer Sommer, um kommende Saison nicht erneut ein Déjà-vu zu erleben.

San Antonio kann seine schlechten Erinnerungen dagegen bereits innerhalb der kommenden zwei Wochen auslöschen. Auch das wird nicht einfach. Dennoch haben es die Spurs selbst in der Hand - und sind mit ihrer Situation nun durchaus zufrieden. "Wir sind glücklich dass es erneut gegen die Heat geht. Wir haben immer noch diesen schlechten Geschmack im Mund", sagt Tim Duncan. In Texas vergisst man eben nicht so schnell.

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