NBA

Pop löst die Blockade

Von Ole Frerks
Gregg Popovich hat eine Lösung gegen das Problem Serge Ibaka gefunden
© getty

Gregg Popovich hat in Spiel 5 der Western Conference Finals mal wieder all seine Cleverness gezeigt. Mit der Hereinnahme von Matt Bonner in die Starting Five negierte er den zerstörerischen Effekt, den Serge Ibaka zuvor auf die San Antonio Spurs hatte, und löste die Blockade der Zone für seine Offense. Jetzt ist sein Gegenüber Scott Brooks am Zug.

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"Fünf Minuten vor dem Spiel hat Kevin [Durant] mir gesagt: "Du verteidigst Bonner." Das hat mich schon überrascht", musste Serge Ibaka zugeben, "sie haben einen großartigen Coach und der denkt sich eben so etwas aus."

"So etwas", das heißt, kurz gesagt, ein weiterer Schocker in einer schockierend eigenartigen Serie. So eigenartig, dass selbst der 38-jährige Tim Duncan sie mit all seiner Erfahrung als "verrückteste Serie meiner Karriere" bezeichnet. Bonner in der Starting Five?

Der Bonner, der in vier Spielen zuvor insgesamt 32 Minuten gespielt hatte? Der in seinen 61 Einsätzen während der Saison kein einziges Mal in der Starting Five stand? Der noch während der ersten Runde gegen die Mavs schlappe 3,2 Minuten pro Spiel auf dem Court stand und der in den gesamten PLAYOFFS bisher 16 Punkte erzielt hat?

Ja, genau der. "The Red Rocket", höchstpersönlich. Und obwohl der Forward während der Partie keinen einzigen Punkt machte und nur dank vier Fehlwürfen und zwei Fouls im Boxscore auftauchte, waren er und vor allem Boris Diaw, der die Rolle noch deutlich besser ausfüllte, genau das, was sich Pop erhofft hatte: der X-Faktor dieser Partie.

Ibaka, Schrecken der Spurs

Zwölf der letzten 14 Spiele hatte San Antonio gegen die Thunder verloren, wenn Ibaka mit von der Partie war. Die konventionelle Aufstellung mit Tiago Splitter in der Mitte funktionierte einfach nicht. Pop selbst hatte Ibaka kürzlich zum "besten Verteidiger der Liga" ernannt und zugegeben, dass "Air Congo" den Gameplan der Spurs entscheidend beeinflusste.

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Die Rim Protection Ibakas ermöglichte es den Flügelverteidigern, viel mehr Druck auf ihre Gegner auszuüben. Sie wussten ja: Kommt mein Gegner vorbei, wartet da hinten immer noch das Ein-Mann-Abrissunternehmen. Vor allem Russell Westbrook mit seiner Tendenz, immer auf den Steal zu gehen, kam diese Absicherung entgegen.

So konnte OKC Tony Parker stoppen, die normalerweise unglaublich harmonische Spurs-Offense mit all ihren Pässen und dem grandiosen Spacing stand still. Eine Lösung musste her. Popovich hat sie scheinbar gefunden.

Zone oder Dreierlinie?

Auf einmal sah sich Ibaka zumeist einem Kontrahenten gegenüber, der sich viel an der Dreierlinie aufhält und den man in der Defense aufgrund seiner Wurfstärke nicht alleine lassen kann. So wurden die Wege zum Korb wesentlich weiter und die Zone dementsprechend offener für die Penetration der Spurs-Guards, insbesondere den starken Manu Ginobili.

"Sie haben uns hart arbeiten lassen mit ihrem Passspiel und dem Spacing. Das hat uns etwas nervös gemacht", so Ibaka, "wir haben die Kontrolle über die Zone verloren und ich konnte sie nicht beschützen. Einmal habe ich Ginobili gesehen, der direkt zum Korb zog, weil ich draußen an der Dreierlinie stand." Eine Rolle mag dabei auch gespielt haben, dass Ibaka körperlich nicht so fit wirkte wie in den beiden vergangenen Spielen, auch wenn er darauf bestand, dass es seiner Wade gut gehe.

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Darüber hinaus sagte Ibaka, dass man vor Spiel 6 entscheiden müsse, "ob man den Spurs den Perimeter oder die Zone überlässt." Diese Entscheidung wird natürlich nicht leichter, wenn der Gegner - wie in Spiel 5 - traumwandlerisch sicher aus der Distanz trifft.

Die Dreierquote von "nur" 50 Prozent ist aufgrund der Garbage Time, die sich faktisch über das gesamte letzte Viertel erstreckte, leicht trügerisch; über die ersten drei Viertel versenkten die Spurs fast 56 Prozent ihrer Dreier. Das schreit nicht unbedingt nach "Lasst die mal werfen, Hauptsache die Zone ist dicht!"

Dünne Bank der Thunder

Natürlich können die Spurs im Kollektiv nicht immer so heiß laufen, und das lautstarke Publikum werden sie in Spiel 6 auch nicht auf ihrer Seite haben. Dennoch muss Scott Brooks nun beweisen, dass auch er kurzfristig Anpassungen am Gameplan und gegebenenfalls am Lineup durchführen kann.

In der Vergangenheit wurde der Thunder-Coach nicht selten dafür kritisiert, auf Biegen und Brechen an seiner Starting Five festzuhalten, selbst wenn beispielsweise Kendrick Perkins oder Thabo Sefolosha gegen einige Teams einfach ineffektiv sind. In dieser Saison hat Brooks allerdings schon öfter reagiert, zuletzt durch die Hereinnahme von Reggie Jackson für Sefolosha in Spiel 3.

Nach der überdeutlichen Niederlage und den recht offensichtlichen Problemen wird Brooks aller Voraussicht nach erneut reagieren. Einen großen Nachteil hat er dabei jedoch gegenüber Popovich: Im Gegensatz zum Spurs-Trainer kann er sich kaum sicher sein, auf welche Spieler er sich von Spiel zu Spiel verlassen kann.

Von der Bank kommt abgesehen von Steven Adams immer noch zu wenig, gerade die Verpflichtung von Caron Butler hat sich bisher nicht ausgezahlt. Sein Eckendreier an die Seite des Bretts stand in Spiel 5 sinnbildlich für eine Bank, die offensiv stellenweise einfach nicht zu gebrauchen ist.

Brooks ist an der Reihe

Brooks muss einen Weg finden, die neu formierten Spurs defensiv irgendwie einzuschränken, ohne die eigene Offensive dafür zu opfern. Zumal die Texaner nach dem Sieg Blut geleckt haben, obwohl sie in Oklahoma City neunmal in Folge verloren haben.

"Wir glauben daran, dass wir die Serie in Oklahoma City beenden können", sagte Duncan. "Es ist nicht einfach, dort zu spielen, und sie werden um ihr Leben kämpfen. Aber wir glauben, dass wir dort gewinnen können, wenn wir uns an alles halten, was wir uns vorgenommen haben."

San Antonio hat zum richtigen Zeitpunkt seine Identität und sein Selbstvertrauen wiedergefunden. Finden die Thunder ihrerseits nicht ganz schnell den richtigen Konter, wird ihre Saison Samstagnacht beendet sein. Ibaka ist überzeugt: "Wir werden uns etwas einfallen lassen." Your Move, Scottie.

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