NBA

"Die Chicago Bulls unserer Ära"

Von Jan Dafeld
Die Miami Heat zogen zum vierten Mal in Folge in die NBA Finals ein
© getty

Durch die Demontage der Pacers im sechsten Spiel der Eastern Conference Finals zieht Miami zum vierten Mal in Folge in die NBA Finals ein und schließt zu den legendären Teams der Liga auf. In Indiana herrscht nach dem dritten Aus gegen die Heat in Folge dagegen Ratlosigkeit. Die Spieler gestehen sich selbst fehlende Qualität ein. Besserung scheint nicht in Sicht.

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Nachdem die Schlusssirene in der American Airlines Arena ertönte, schlichen Paul George, Lance Stephenson und Co. mit hängenden Schultern über den Court. Als die Pacers sich dazu durchrangen, den Heat die Ehre zu erweisen und dem an diesem Tag klar besseren Team zum Einzug in die Finals zu gratulieren, wirkten die Eastern Conference Champions der Regular Season gerade zu demoralisiert, der Kampfgeist Indianas schien gebrochen.

"Nein, wir sind nicht auf einer Stufe mit Miami", musste ein niedergeschlagener David West nach der Partie einräumen, "denn sie haben Championships gewonnen."

Selbst der extrovertierte, geradezu unbeherrschte Stephenson, der auch im sechsten Spiel der Eastern Conference Finals immer wieder durch Provokationen auffiel, verzichtete nach dem Spiel auf Kampfansagen oder Anfeindungen in Richtung Miami: "Wir bedauern nichts. Wir haben alle hart gespielt. Sie waren einfach das bessere Team und haben gewonnen."

Drittes Aus gegen Miami in Folge

Es war das schmerzliche Eingeständnis eines Teams, das zum dritten Mal in Folge am selben Gegner scheiterte: Die Heat scheinen für die Pacers in einer Serie über sieben Spiele nicht zu schlagen zu sein.

"Es ist eine bittere Enttäuschung unsere Ziele nicht erreicht zu haben. Es ist eine bittere Enttäuschung dreimal in Folge gegen das selbe Team auszuscheiden." Auch Pacers-Coach Frank Vogel hatte nach dem Spiel neben Frustration über das erneute Aus in den Conference Finals vor allem Lob für Miami übrig: "Wir müssen den Hut vor ihrer Leistung in dieser Serie ziehen. Wir haben gegen den Michael Jordan und die Chicago Bulls unserer Ära gespielt", so der 40-Jährige.

Heat ziehen mit Legenden gleich

Die Worte Vogels sind nur ein weiterer kleiner Beitrag zu der umfangreichen Debatte, die bereits seit Jahren in der NBA geführt wird: Steht LeBron James auf einer Stufe mit Michael Jordan? Sind die Heat gleichzusetzen mit Teams wie den Bulls, die zwischen 1991 und 1998 sechs Meisterschaften gewinnen konnten?

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Man kann in dieser Debatte argumentieren, wie man will: für Jordan, für James, vielleicht sogar für Kareem-Abdul Jabbar oder Bill Russell. Wer letztendlich der beste Spieler der NBA war, kann und muss vielleicht auch gar nicht beantwortet werden.

Dass die Heat das dominante Team der letzten Jahre sind und Erfolge vorweisen können wie es nur die legendären Teams der NBA konnten, lässt sich hingegen nicht bestreiten. Miami ist nur noch vier Siege davon entfernt, in den elitären Kreis der Celtics, Lakers und Bulls einzuziehen, die die Meisterschaft drei Jahre in Folge gewinnen konnten. Vier aufeinander folgende Jahre in die Finals einziehen konnte aus diesem Kreis zudem nur Boston, das zwischen 1957 und 1969 elfmal die Meisterschaft erringen konnte.

MVP der Playoffs

Für LeBron James war der vielleicht deutlichste Sieg der diesjährigen Playoffs zudem der 100. in einer von Rekorden gepflasterten Karriere. Der Small Forward erreichte die Marke als zweitjüngster Spieler in der Geschichte der NBA, nur Lakers-Legende Magic Johnson erreichte den dreistelligen Wert ebenfalls im Alter von unter 30 Jahren.

Unabhängig von allen Vergleichen mit den Größten der NBA stellt James in den laufenden Playoffs aber vor allem eins wieder unter Beweis: Dass er der beste Spieler seiner Zeit ist. Während er sich im MVP-Voting der regulären Saison nach vier Auszeichnungen in fünf Jahren mit Platz zwei hinter Kevin Durant zufrieden geben musste, ist "The Chosen One" in der Postseason bisher kaum zu stoppen.

Mit Ausnahme des fünften Spiels gegen die Pacers, in dem der 29-Jährige mit akuten Foulproblemen zu kämpfen hatte, gelangen James in jedem Spiel der Playoffs mindestens 22 Punkte. Auch die beste Defense der Regular Season fand kein Mittel gegen den zehnfachen All-Star und musste trotz der enttäuschenden Performance in Spiel sechs noch 22,8 Punkte, 6,3 Rebounds und 5,5 Assists pro Spiel durch James hinnehmen.

Fortbestand der Big Three?

Selbst Roy Hibbert, um den in den letzten zwei Jahren eine Art Nymbus als Kryptonit der Heat kreiert wurde, war gegen den zweifachen Meister größtenteils wirkungslos. Chris Bosh konnte den Center immer wieder aus der Zone ziehen, Hibberts Hilfe gegen die Drives und Cuts der Heat kam meist gar nicht oder zu spät. Im Fall von James führte dies zu einer Quote von zerstörerischen 82 Prozent in der Restricted Area unter dem Korb der Pacers.

Mit dem vierten Finals-Einzug in vier Jahren sowie der Chance auf den Threepeat scheint auch der Fortbestand der Big Three in Miami immer wahrscheinlicher zu werden. Die Verträge der drei Superstars laufen aus. Dass ein anderes Team James eine bessere Perspektive und Erfolgsaussichten präsentieren kann, darf dank eines Dwyane Wade, der pünktlich zu den Playoffs (mal wieder) zur besten Form des Jahres aufläuft, durchaus bezweifelt werden. "Es ist eine unglaubliche Gruppe, ein unglaubliches Team hier", zeigte sich LeBron nach dem Erfolg im sechsten Spiel begeistert von Miami.

Fehlende Qualität in Indiana

Während die Zukunft für die Fans in Florida immer rosiger auszusehen scheint, sind die nächsten Schritte in Indiana noch unklar. Nach dem erneuten Aus gegen Miami mussten sich die Spieler selbst eingestehen, dass sie mit deren Superstars nicht mithalten können und als Team noch eine Stufe unter dem amtierenden Meister stehen.

Dabei erkämpften sich die Pacers in der Regular Season den Heimvorteil in der Eastern Conference und fanden nach den erschreckenden Auftritten im April, als bereits das Erstrundenaus gegen die achtplatzierten Hawks drohte, rechtzeitig zu ihrer Form zurück.

Fortschritt scheint ausgeschlossen

Raum für Verbesserungen besteht praktisch nicht. George Hill und Roy Hibbert verdienen in den nächsten zwei Jahren zusammen genommen stolze 45 Millionen Dollar. Dazu kommt das fürstliche Salär von Superstar Paul George, dessen Gehalt in der nächsten Saison von drei auf fast 16 Millionen Dollar steigt und auch ein Verbleib von Lance Stephenson würde Indiana teuer zu stehen kommen.

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Dessen günstiger Vertrag als Zweitrundenpick läuft aus. Dass der Shooting Guard bei anderen Franchises ein Gehalt im zweistelligen Millionenbereich erhalten dürfte, steht wohl außer Frage. Ob die Pacers bei diesem Wettbieten allerdings mitziehen werden, ist derzeit noch nicht klar. Auf die Frage, ob er sich wünsche, dass "Born Ready" im nächsten Jahr noch im Jersey der Pacers aufläuft, antwortete George nach dem Playoff-Aus: "Wissen Sie, ich weiß es nicht."

Da mit Evan Turner nur ein teurer Vertrag ausläuft, dürfte ein qualitativ hochwertiger Neuzugang für Indiana aktuell nicht mehr als unrealistisches Wunschdenken sein. Auch der Pick für den Draft 2014 befindet sich nicht mehr in der Hand der Pacers, da dieser im Trade für Luis Scola nach Phoenix abgegeben wurde.

Andere Erfolge nahezu wertlos

Auch mit dem aktuellen Kern haben die Pacers in den vergangenen Jahren unter Beweis gestellt, dass sie zu den Top-Teams der NBA gehören. Die Mannschaft von Frank Vogel sicherte sich den ersten Platz in der Eastern Conference und gewann in den vergangenen drei Jahren 20 ihrer 30 Playoff-Spiele gegen Teams, die nicht Miami Heat heißen.

Die zwölf Postseason-Niederlagen gegen die Heat brachten sie allerdings um den ganz großen Erfolg. Ein Top-Team zu sein, reicht derzeit nicht für den Titel. Nicht gegen die Chicago Bulls dieser Ära.

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