NBA

Schon 2015 ein Titelkandidat?

Von Philipp Dornhegge
Superstar Kobe Bryant will topfit in die nächste Saison gehen. Aber wer trainiert die L.A. Lakers?
© getty

Während sich die L.A. Clippers in den Playoffs mit den Oklahoma City Thunder duellieren (Spiel vier am Sonntag um 21.30 Uhr im LIVE-STREAM), treibt der Stadtrivale die Planungen für die kommende Saison voran. Kobe Bryant will bei den Überlegungen der L.A. Lakers eine zentrale Rolle einnehmen.

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"Es war eine sehr erfreuliche Saison", sagte Kobe Bryant und meinte selbstverständlich das genaue Gegenteil. "Im Ernst: Es war hart. Richtig, richtig hart. Aber es spornt einen noch mehr an."

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Die Fans der L.A. Lakers erlebten nach einer knüppelharten Saison, in der die altehrwürdige Franchise von ihrem aktuellen Team wieder und wieder miserabel repräsentiert wurde, endlich mal wieder einen Moment, der zur Freude anregte.

Kobe Bryant saß am Donnerstagabend bei "Jimmy Kimmel Live", gab sich betont locker, gleichzeitig hoch motiviert und gab seltene Einblicke ins Gefühlsleben eines NBA-Superstars.

Bryant scherzt über Magic

Er verglich Magic Johnsons vor Begeisterung strotzenden Tweet über Mike D'Antonis Ausscheiden bei den Lakers mit einer Szene aus "Der Zauberer von Oz", er erzählte von einem Wortgefecht mit seinem Idol Michael Jordan und er zeigte mit seinem eingangs erwähnten Statement, dass die zurückliegende Saison tatsächlich Vergangenheit ist und er drüber lachen kann.

Keine Selbstverständlichkeit, wenn man den fast krankhaften Ehrgeiz des fünfmaligen Meisters kennt. Doch mit zunehmendem Alter wirkt Bryant auch zunehmend gemäßigt, kann zumindest abseits des Courts phasenweise die wahnsinnige Intensität ablegen.

Dennoch war das Interview mit Talk-Show-Host Kimmel mehr als ein lockerer Plausch unter Bekannten. Denn Bryant gab durchaus mehrere bemerkenswerte Statements von sich.

D'Antoni-Rücktritt "war mir egal"

Auf der einen Seite verteidigte er D'Antoni gegen den Angriff Johnsons: "Mike hatte es nicht leicht mit den ganzen Verletzungen. Es ist schwer bei den Lakers. Wenn man nicht gewinnt, überlebt man hier nicht."

Nur Sekunden später wurde er jedoch gefragt, wie er die Nachricht von D'Antonis Rücktritt aufgenommen habe. Seine vielsagende Antwort: "Es war mir ehrlich gesagt egal." In die letzten beiden Trainerentscheidungen (Mike Brown, Mike D'Antoni) sei er nicht einbezogen worden.

Man konnte sehr leicht den Eindruck gewinnen, dass D'Antoni allein deshalb einen schweren Stand bei Bryant hatte, weil er mit seiner Wahl nichts zu tun hatte. "Beim nächsten Mal hoffe ich, dass sie mich fragen", erklärte Bryant klipp und klar im Hinblick auf die nun anstehende Auswahl eines neuen Head Coaches.

"Jim und Jeanie (Buss, d. Red.) sind entschlossen und freuen sich darauf, den Kader neu aufzubauen und der Geschichte zu folgen, die ihr Vater hier aufgebaut hat. Mittlerweile sind alle Türen immer offen. Jim, Jeanie und ich sprechen oft miteinander oder schreiben uns", sagte Bryant.

Trainersuche: Harter Hund oder junges Talent?

Wer könnte es also werden?

Erst Donnerstag hatte sich George Karl zu Wort gemeldet. Der Coach of the Year 2013 war diese Saison als Experte für "ESPN" tätig, kann sich eine Rückkehr ins Trainergeschäft aber vorstellen. Der 62-Jährige nannte ausdrücklich die Lakers als mögliche Station und bezog sich auf die gemeinsame Vergangenheit mit General Manager Mitch Kupchak: "Wir waren Zimmerkollegen im College und sind seither sehr gute Freunde."

Mark Jackson wurde gerade bei den Golden State Warriors entlassen und könnte verfügbar sein, Steve Kerr ist ein heiß gehandelter Name, allerdings vor allen in Kreisen der Knicks und Warriors.

Hollins: Der perfekte Mann für die Lakers?

Mit Lionel Hollins steht außerdem ein erfahrener Mann ohne Job da, der die Memphis Grizzlies zu einem der besten Teams der Western Conference geformt hat und vor allem Dinge in den Vordergrund stellt, die Bryants Geschmack treffen könnten.

"Wir werden mit Sicherheit einiges verändern", so Bryant. "Es gibt einige Charakteristika, um die wir unser Team aufbauen müssen: Geschwindigkeit, Größe, Rebounding, Defense. Wir werden uns da entsprechend anpassen."

Größe, Rebounding, Defense: Das sind exakt die Attribute, mit denen man die Grizzlies unter Hollins in Verbindung brachte. Die sture Harter-Hund-Mentalität wäre für Bryant offenbar kein Problem:

"Letzten Endes ist es egal, ob die Spieler den Trainer mögen oder nicht. Es geht um Ergebnisse. Das eine passt nicht immer mit dem anderen zusammen. Manchmal stört man sich an der Art und Weise, wie man von seinem Trainer getrieben wird. Aber man macht es mit, und wenn dann die Siege kommen, dann haben sich sowieso alle lieb."

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Bryant contra Neuaufbau

Kurt Rambis und Byron Scott haben eine Lakers-Vergangenheit und könnten daher ebenfalls in Frage kommen. Die Variante, einen College-Coach wie Kevin Ollie (Champion 2014 mit UConn) zu holen und damit langfristig zu planen, dürfte dem 35-Jährigen Bryant indes weniger gut gefallen.

Bryant hat nur noch eine begrenzte Anzahl an Jahren in der NBA zur Verfügung, und die will er nicht mit einem gemütlichen Neuaufbau verschwenden.

Daher dürfte er auch sehr für einen Verbleib von Pau Gasol plädieren. Der Spanier hatte große Probleme mit D'Antoni, war - wenn fit - aber nach wie vor ein bärenstarker Big Man. Gasol selbst hatte in einem Interview mit "marca.com" die Lakers zuletzt neben den San Antonio Spurs, Chicago Bulls und Memphis Grizzlies (dort spielt Bruder Marc) zu den Teams gezählt, die für ihn in Frage kommen.

Nachdem sein Vertrag im Sommer ausläuft, wird sich der 33-Jährige in aller Ruhe verschiedene Angebote anhören und seine Entscheidung treffen. Größe, Rebounding, Defense: Ein gesunder und motivierter Gasol würde all diese Facetten bedienen können. Im aktuellen Kader ist er neben Backup Jordan Hill aber der einzige große Spieler von hoher Qualität.

Baustellen, so weit das Auge reicht

Die Lakers haben viele Baustellen, insbesondere die Point-Guard-Position. Da könnten Eric Bledsoe (Suns) oder Kyle Lowry (Raptors) Spieler sein, die offensiv wie defensiv den Unterschied ausmachen können.

Beide werden Free Agents, dürften aber schwer zu bekommen sein. Auf den Flügelpositionen könnten Luol Deng (Cavaliers) oder Gordon Hayward (Jazz) auf einem Preisniveau liegen, das den Lakers einen besseren Kader bei finanzieller Flexibilität ermöglicht. Oder geht man doch All-In und jagt Carmelo Anthony oder LeBron James nach?

Auf den Big-Man-Positionen jedoch gibt es kaum Möglichkeiten auf dem Free-Agent-Markt. Der Draft jedoch bietet mit Joel Embiid (Kansas), Julius Randle (Kentucky) und Noah Vonleh (Indiana) je nach Position der Lakers interessante Optionen.

Alle drei könnten sofort in der Lage sein, zum Erfolg des Teams beizutragen und stünden somit nicht unbedingt dem Interesse Bryants entgegen, in seinen letzten Spielzeiten relevant zu sein.

Bryant begrüßt Clippers-Aufschwung

"Ich wünsche mir nichts mehr, als dass die Lakers in den Kreis der Titelkandidaten zurückkehren und in den Playoffs auf die Clippers treffen. Das wäre fantastisch", sagte Bryant unmissverständlich bei Kimmel.

Der Aufstieg des L.A.-Rivalen gefällt Bryant zwar, denn "Konkurrenz belebt das Geschäft." Den Clippers jedoch wie in diesem Jahr zuzusehen und selbst nur auf der Couch rumzuhängen, das soll eigentlich nicht wieder passieren.

Deshalb seien ihm die laufenden Playoffs und das Schicksal der Clippers auch einerlei: "Das ist mir völlig egal, weil ich es nicht bin, der gewinnt. Warum zur Hölle sollte es mich interessieren?"

Bryant wieder bei 100 Prozent

Zum jetzigen Zeitpunkt ist völlig unklar, in welche Richtung sich die Lakers entwickeln. Trotzdem ist Bryant überzeugt, dass sein Klub die richtigen Lehren aus zuletzt zwei schwachen Spielzeiten gezogen hat und schon 2015 wieder um den Titel mitspielen wird: "Ich glaube daran."

Dass er selbst die zentrale Rolle einnehmen muss, damit dieses Ziel auch nur entfernt realisitisch erscheint, steht außer Frage. Immerhin: Körperlich ist der zukünftige Hall of Famer auf dem richtigen Weg.

"Ich bin bei 100 Prozent. Ich habe bereits viel auf dem Court trainiert und bin wieder in meinem normalen Rhythmus. Ich habe angefangen, Gewichte zu stemmen und zu laufen, was ich übrigens hasse. Wenn die Saison ansteht, werde ich bereit sein."

Einem erfolgreichen Comeback steht also nichts im Weg. Und mit Bryant als Zugpferd werden die nächsten Monate unter Umständen tatsächlich: sehr erfreulich.

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