NBA

Rosige Zukunft in Charlotte?

Von Philipp Jakob
Kemba Walker (l.) und Michael Kidd-Gilchrist schauen in eine rosige Zukunft
© getty

Die Chancen auf die Playoffs stehen für die Charlotte Bobcats in dieser Saison ziemlich gut. Erst zum zweiten Mal in der Franchise-Geschichte könnte ihnen der Sprung in die Post-Season gelingen. Dank junger Talente, Big Al und einem guten Head Coach geht es für die Bobcats bergauf. Aber wird der Erfolg anhalten?

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Die armen Bobcats. Da legt das Team von Michael Jordan die zweitbeste Saison in der Franchise-Geschichte hin und dennoch kommt jedem NBA-Fan beim Gedanken an Charlotte als erstes LeBron James oder Carmelo Anthony in den Sinn.

Die beiden Superstars sorgten vor einigen Wochen für Aufsehen, als sie gegen Charlotte persönliche Punkte-Rekorde aufstellten. An die 61 Punkte von James beziehungsweise die 62 Punkte von Melo wird man sich wohl noch lange erinnern. In Vergessenheit gerät bei diesen Zahlen aber die Tatsache, dass die Bobcats die sechstbeste Verteidigung der gesamten NBA stellen.

Pro 100 gegnerischer Ballbesitze lässt das Team von Head Coach Steve Clifford nur 101,3 Punkte zu. Damit befindet sich Charlotte in guter Gesellschaft, nur knapp hinter den Thunder und Spurs und noch vor den Grizzlies oder Clippers.

Beeindruckend, wenn man bedenkt, dass die Bobcats im vergangenen Jahr genau in dieser Kategorie noch das schlechteste Team der NBA waren. Dabei hat sich die Mannschaft im Vergleich zu 2012/13 gar nicht großartig verändert - zumindest nicht, was die Defensive betrifft.

Der neue Mann an der Seitenlinie

Al Jeffersons offensive Qualitäten als einer der besten Big Men der Liga sind unumstritten, am anderen Ende des Courts gilt sein Einfluss aber doch als recht begrenzt. Wie ist also der Sprung, von der schlechtesten, hin zu einer der besten Verteidigungen der NBA zu erklären?

Die Antwort findet man am ehesten auf der Bank. Dort sitzt der, nach Jefferson, wichtigste Neuzugang der Bobcats. Steve Clifford heißt der Mann, der in der Offseason das Amt als Head Coach der gebeutelten Franchise aus North Carolina übernahm.

Zu Recht ist der 52-Jährige stolz auf die Entwicklung seines Teams: "Du kannst die Dinge nicht über Nacht ändern. Aber wir haben durch harte Arbeit, Rebounding, Toughness und eine intelligente Spielweise eine neue Kultur entwickelt. Darüber freue ich mich momentan sehr."

Voller Einsatz gefordert

Dabei hat der Ex-Assistant-Coach der Knicks, Rockets, Magic und Lakers das defensive System des Teams sogar vereinfacht. Es geht ihm nicht unbedingt um besonders trickreiche Rotationen oder viele Anpassungen an gegnerische Offensiven. Er verlangt nur eins: Vollen Einsatz!

"Ich mag unser Team. Wir kämpfen hart, wir trainieren gut. Wir haben ein sehr talentiertes Defensiv-Team. Wir haben die benötigte Schnelligkeit und Hartnäckigkeit am Perimeter und wir haben Verteidiger, die die gegnerischen Scorer ziemlich gut verteidigen können. Wir müssen also nicht herumrennen und die Gegner doppeln. Das macht alles einfacher."

Einer dieser starken Verteidiger ist Michael Kidd-Gilchrist. "Gilchrist ist außergewöhnlich, auch gegen sehr gute Offensiv-Spieler. Er macht es ihnen nicht leicht, an ihm vorbei zu kommen", lobt Clifford den erst 20-Jährigen. Aber auch dessen Fähigkeiten in der Verteidigung können nicht über die Mängel im Angriffsspiel des 2. Pick des Draft 2012 hinwegtäuschen.

Viel Platz für Walker - dank Big Al

Doch dafür stehen ja Kemba Walker und Big Al im Kader. Der 29-Jährige Center spielt bisher eine der besten Saisons seiner Karriere und legt durchschnittlich 21,3 Punkte und 10,4 Rebounds auf. Außerdem trifft der erst kürzlich zum Spieler der Woche der Eastern Conference gewählte Jefferson 50,5 Prozent seiner Feldwürfe.

"Ich habe in meiner Karriere noch nie mit einem so dominanten Big Man gespielt", zeigt sich Walker beeindruckt. "Es ist eine coole Erfahrung, weil er so viel älter ist als ich. Er hat deutlich mehr Erfahrung in der NBA und ich habe die Möglichkeit, viel von ihm zu lernen."

Walker profitiert dabei neben der Erfahrung des Big Man vor allem von dessen schierer Präsenz in der gegnerischen Zone. Mit seinem vielschichtigen Arsenal an Post-Moves stellt er eine große Gefahr für alle Verteidigungen der NBA dar - und verschafft Walker damit viel Platz. "Er macht es mir und allen anderen am Perimeter so viel einfacher."

Mit 17,8 Punkten und 5,8 Assists sind seine Statistiken zwar denen aus dem Vorjahr sehr ähnlich, aber dennoch ist die Entwicklung des 23-Jährigen offensichtlich. Besonders in der Defense und im Spielaufbau hat sich Walker spürbar verbessert und trägt damit seinen Teil zu der guten Saison der Bobcats bei.

Gewaltiger Schritt nach vorne

Dementsprechend ist die Stimmung in Charlotte so gut wie lange nicht mehr, vielleicht sogar besser als je zuvor. Die Chancen auf die Playoffs stehen sehr, sehr gut - allein die Aussicht auf den April könnte für Unwohlsein bei den Fans sorgen. Denn in der ersten Runde ist ein Aufeinandertreffen entweder mit den Miami Heat oder den Indiana Pacers fast unausweichlich - und somit auch ein erneutes Aus in der ersten Playoff-Runde.

Bei einigen Fans dürfte das schlechte Erinnerungen an die Vergangenheit hervorrufen. In der nun knapp 10-Jährigen Franchise-Geschichte erreichte das Team nur einmal die Playoffs, nur um dort von den Orlando Magic in vier Spielen wieder nach Hause geschickt zu werden.

Danach ging es erneut in den Rebuild, der in der historisch schlechten Saison 2011/12 seinen negativen Höhepunkt fand. Nun, zwei Jahre später, konnten die Bobcats einen gewaltigen Schritt nach vorne machen, haben dabei aber allerdings auch definitiv von der schwachen Eastern Conference profitiert.

Wie geht es weiter?

Während sich viele Teams schon früh in den Tanking-Modus versetzten, entschieden sich Michael Jordan und Co. mit der Verpflichtung von Al Jefferson alles auf eine Karte zu setzen. In dieser Saison ging die Rechnung auf, aber wie geht es für die Bobcats weiter?

Auf der einen Seite werden sie im Draft 2014 voraussichtlich keinen besonders guten Pick in den eigenen Händen halten. Ihren eigenen werden sie an Chicago abgeben müssen (nur Top 10 protected), bekommen dafür aber Picks aus Portland (Top 12 protected) und eventuell Detroit (Top 8 protected).

Mit ein bisschen Glück könnte der Pick der Pistons ein weiteres Talent nach Charlotte spülen, doch viel wichtiger als der kommende Draft ist zum einen die Playoff-Erfahrung für die Spieler und zum anderen die finanzielle Situation des Teams.

Rosige Zukunft in Charlotte

Denn am Ende der aktuellen Saison, laufen die hoch dotierten Verträge von Ben Gordon (13,2 Millionen Dollar) und Luke Ridnour (4,3 Millionen Dollar) aus, sodass General Manager Rich Cho viele Möglichkeiten haben wird, den Kader zu verbessern.

Der langwierige Prozess der Charlotte Bobcats ist aber noch lange nicht vorbei. Doch es sieht gut aus: Die jungen Spieler, allen voran Walker und Kidd-Gilchrist werden sich weiter verbessern und von der Erfahrung eines Al Jefferson profitieren. Wieso also nicht die Playoff-Erfahrung mitnehmen, auch wenn sie vielleicht nur vier Spiele lang andauert?

Zum jetzigen Zeitpunkt spricht eigentlich alles für eine rosige Zukunft der Bobcats, die in der kommenden Saison wieder zu ihrem ursprünglichen Namen zurückkehren werden. Dann können sie, als die Charlotte Hornets, vielleicht auch wieder an längst verblasste Erfolge anknüpfen. Zu gönnen wäre es der Franchise allemal und außerdem: Viel schlechter als in den letzten Jahren kann es ja auch gar nicht mehr werden.

Die Charlotte Bobcats im Überblick

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