NBA

Larry Legends große Lieben

Von Max Marbeiter
Jeff Green und Paul George (r.) treffen sich im direkten Matchup
© getty

Mit den Boston Celtics haben die Indiana Pacers eines der Überraschungsteams der Saison zu Gast (Mo., 0 Uhr im LIVE-STREAM). Indiana marschiert bislang jedoch durch die Saison und hat zudem einige Matchup-Vorteile. Larry Bird kennt beide Franchises bestens.

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Ausgangslage:

Unter der Woche verloren die Pacers erstmals in dieser Saison zwei Spiele am Stück (gegen Detroit und Miami). Den Zorn über die unrühmliche Premiere bekamen die Rockets jedoch umgehend zu spüren. Mit 114:81 wurde Houston aus dem Bankerslife Fieldhouse geschossen - womit Indianas Ausnahmestellung in dieser Saison wieder untermauert wäre.

Die Pacers führen den Osten noch vor Meister Miami an, einzig die Oklahoma City Thunder haben eine marginal bessere Bilanz vorzuweisen (22:4 gegenüber 21:5). Binnen weniger Jahre hat es Frank Vogel geschafft, aus einem mittelmäßigen Team vielleicht LeBron James' ärgsten Konkurrent um die Meisterschaft zu formen.

Derzeit zweifelt niemand daran, dass Heat und Pacers den Titel im Osten unter sich ausmachen werden. Einige behaupten sogar, man könne beide direkt die Eastern-Conference Finals austragen lassen. Derart überlegen wirken sie. Natürlich profitiert Indiana wie Miami von Derrick Rose' neuerlicher Knieverletzung und Chicagos damit verbundenem Absturz vom potentiellen Meisterteam zum, überspitzt formuliert, potentiellen Lottery-Team.

Andererseits zählte Indiana auch schon vor dem inzwischen beinahe obligatorischen Verletzungspech der Bulls zu den absoluten Favoriten auf den Titel. Schließlich hat man im Hoosier-Staat das Kunststück fertiggebracht, ein Team, das die Heat im Conference-Finale der vergangenen Saison am Rande einer Niederlage hatte, noch einmal deutlich zu verstärken - und eine seiner größten Schwächen quasi zu beseitigen.

George Hill: Nur in der Heimat auf dem Radar

So hat sich Indiana im Sommer eine Bank zusammengestellt, die mit dem eher unproduktiven Ensemble der vergangenen Saison kaum mehr etwas gemein hat. Mehr noch: Sollte Danny Granger nach seinem Comeback am Freitag gegen die Rockets tatsächlich fit bleiben und seine Rolle als Energizer von der Bank annehmen, bekäme sie noch einen ordentlichen Schuss Scoring hinzu - und Indiana hätte im Titelrennen einen weiteren Trumpf in der Hand.

Mit selbigem haben die Celtics in dieser Saison wenig bis gar nichts zu tun. Eigentlich sollten sogar die Playoffs für den Rekordmeister völlig außer Reichweite sein. Zu schwer wogen die Abgänge der Offseason (Kevin Garnett und Paul Pierce wurden nach Brooklyn getradet) und Rajon Rondos Knieverletzung (der Point Guard erholt sich immer noch von seinem Kreuzbandriss), zu deutlich waren die Anzeichen für einen Rebuild.

So viel zu Kaffesatzleserei des Sommers. Inzwischen beheimatet Boston jedoch eines der interessantesten Projekte der gesamten Liga. Rookie-Coach Brad Stevens hat ein homogenes Team zusammengestellt, das sich komplett auf seine Stärken besinnt und die NBA mit attraktivem Basketball erfrischt. Natürlich ist die junge Mannschaft Schwankungen unterworfen, natürlich ist Bilanz knapp negativ (12:16) und natürlich profitiert man von der Schwäche der Kollegen aus dem Big Apple.

Dennoch führen die Celtics die Atlantic Division derzeit an und liegen auf Playoff-Kurs. Demnächst soll zudem Rondo zurückkehren. Der Point Guard darf inzwischen wieder voll trainieren und dürfte, sofern nichts Unvorhergesehenes passiert, irgendwann im Januar wieder auf dem Court stehen. Die Lottery rückt damit in immer weitere Ferne.

Die Stars der Teams:

Individualismus wurde in Indiana in den vergangenen Jahren nicht allzu groß geschrieben. Die Pacers glänzten als Team - und das äußerst erfolgreich. Dennoch wurden immer wieder Stimmen laut, die dem Finalisten von 2000 ohne echten Go-to-Guy keinen Titel zutrauten. Nur gut also, dass Paul George rechtzeitig zum angestrebten Run auf die Meisterschaft auf bestem Wege zum Superstar ist.

In diesem Jahr übernimmt der Forward immer häufiger Verantwortung, schultert einen nicht unwesentlichen Teil der Offensivlast. So trifft er besser aus dem Feld denn je (46 Prozent FG, 40,7 Prozent 3 FG) und hat seinen Punkteschnitt im Vergleich zur vergangenen Saison zudem um satte 6,4 Punkte auf 23,8 Zähler gesteigert.

Noch wichtiger ist aber, dass George mittlerweile bestens dazu in der Lage ist, auch die schwierigen Würfe mit einer gewissen Sicherheit zu treffen. Jene Würfe, die eben nur die ganz Großen der Liga im Repertoire haben. Dass er dank seiner Athletik und enormen Spannweite noch dazu ein herausragender Verteidiger ist, rundet das Bild vom möglichen MVP 2014 ab.

Jeff Greens Namen sucht man dagegen vergebens, wenn es um den wertvollsten Spieler der Liga geht. Green bringt zwar ähnliche körperliche Voraussetzungen mit wie George, weiß diese jedoch nicht konstant genug einzusetzen. Und genau dort liegt das Problem: Nach Kevin Garnetts und Paul Pierce' Abgang und Rajon Rondos Verletzung war der 27-Jährige eigentlich fest als Go-to-Guy vorgesehen.

Diesen Job führt Green auch immer wieder aus - so zum Beispiel, als er die Heat mit einem spektakulären Buzzer-Beater-Dreier aus der Ecke bezwang -, allerdings fehlt einfach die Konstanz. An guten Tagen ist der Ex-Thunder kaum zu verteidigen, trifft nach belieben und verteidigt selbst die härtesten Gegner - lies: LeBron James - äußerst effizient. An schlechten ist er dagegen kaum zu sehen.

Dennoch spielt Green seine statistisch beste Saison seit eine Herz-OP ihn zu einer einjährigen Pause zwang. Der Forward ist Bostons verlässlichster Scorer (16,3 Punkte) und könnte, so er denn sein A-Game aufbietet, selbst einen Paul George vor nur schwer zu lösende Probleme stellen.

Das Schlüsselduell:

Jeff Green und Paul George werden sich sicherlich ein intensives Duell liefern. Noch ein wenig mehr Spannung verspricht jedoch das Matchup auf der Eins. Dort treffen sich zwei völlig unterschiedliche Spielertypen, von denen jeder auf seine Art für sein Team von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Die Namen: George Hill und Jordan Crawford.

Ersterer gilt zwar gemeinhin als schwächstes Glied in Indianas Starting-Five-Kette. Hill ist kein herausragender Playmaker, Hill ist nicht spektakulär. Dafür trifft er den Dreier als Spot-up-Shooter effektiv (42,4 Prozent) und ist dazu ein mehr als passabler Verteidiger. Dank seiner Beweglichkeit und Schnelligkeit kann Hill die meisten Einser vor sich halten, seine Kraft und Masse erlauben es ihm, auch Shooting Guards effektiv zu verteidigen.

Jared Sullinger: Auf den Spuren von Kevin Love

Und gerade diese Attribute sollten gegen Boston bestenfalls zum Tragen kommen. Denn Jordan Crawford ist so etwas wie der heimliche Star der ersten keltischen Saisonwochen. Nach seinem Wechsel aus Washington noch kritisch beäugt, sorgte nach einem schwachen Start erst die Integration des Combo Guards in die erste Fünf für den Umschwung.

Mittlerweile ist eine Celtics-Offense ohne Crawford schwer vorstellbar geworden. Sein Mix aus Playmaking- und Finishing-Qualitäten lässt den 25-Jährigen perfekt in Brad Stevens' System aufgehen. Crawford macht seine Mitspieler besser und spielt zudem die effektivste Saison seiner Karriere (43,6 Prozent FG, 34,8 Prozent 3FG).

Kann Hill die Kreise des Celtics-Playmakers einengen, hat Boston ein Problem. Auch deshalb könnte das Duell der beiden Einser entscheidender werden, als jenes, das sich Jared Sullinger und Roy Hibbert auf der Fünf liefern.

Geschichte:

Die buchstäbliche legendäre Geschichte beider Franchises kulminiert in einer Person. Nicht die Duelle auf dem Court, nein, eine einzige Person verbindet Pacers und Celtics. Sie hört auf den Namen Larry Bird und hat sowohl Bostons als auch Indianas Vergangenheit entscheidend geprägt. Im beschaulichen French Lick, Indiana, aufgewachsen, besuchte "The Legend" die Indiana State University, wurde 1979 aber von Boston gedraftet.

Mit den Celtics holte Bird drei Championships, war Teil eines der vielleicht besten Teams der NBA-Geschichte und verbrachte die ersten fünf Jahre nach seinem Karriereende im Front Office der Kelten. Indianas Anziehungskraft war jedoch zu groß. 1997 kehrte Bird in die alte Heimat zurück, coachte die Pacers 2000 bis in die Finals und ist heute als President of Basketball Operations für die Franchise tätig. Entsprechend klar dürften die Sympathien im Hause Bird verteilt sein.

Rookies:

Indianas Kader ist tief, sehr tief. Und dennoch sitzt Nummer-23-Pick Solomon Hill nicht nur handtuchwedelnd am Ende der Ersatzbank. Zu ausgiebig darf er sich jedoch nicht auf dem Court austoben. Noch sucht Hill seine Rolle im System von Coach Frank Vogel. Im Dezember kommt er bislang auf durchschnittlich 5,3 Minuten, der Impact hält sich dabei allerdings in Grenzen. Insgesamt nimmt Hill nicht einmal zwei Würfe pro Spiel, trifft jedoch auch nicht verlässlich (33,3 Prozent FG, 23,5 Prozent 3FG).

Wesentlich größer, wenn auch nicht ganz so groß wie erwartet, ist Kelly Olynyks Einfluss auf das Spiel der Celtics. Nach seinen starken Auftritten während der Summer League hatten einige den Big Man bereits (voreilig) als möglichen Rookie-of-the-Year-Kandidaten auf dem Zettel. Das dürfte sich inzwischen erledigt haben. Und das nicht nur wegen Olynyks Knöchelverletzung, die ihn zu einer 10 Spiele langen Pause zwang. Noch ist der Wurf des Kanadiers zu wacklig (39 Prozent FG), speziell der Dreier (24 Prozent 3FG).

Enttäuschend verläuft Olynyks Premierensaison deshalb allerdings noch lange nicht. Der ehemalige Gonzaga Bulldog ist fester Bestandteil der Rotation und dürfte für die Celtics in Zukunft noch wertvoll werden.

Ob das auf Phil Pressey ebenfalls zutrifft, darf bezweifelt werden. Der Point Guard überzeugte zwar ebenfalls in der Summer League, konnte sich in seinen wenigen Minuten bislang aber noch nicht wirklich empfehlen und dürfte nach Rajon Rondos Rückkehr noch weniger Spielanteile erhalten.

Vitor Faverani lieferte mit 18 Rebounds und 12 Punkten gegen Milwaukee dagegen ein beinahe sensationelles Debüt. Seither glänzt der Big Man immer wieder durch gute Leistungen am Brett und hat sich zum brauchbaren Rollenspieler entwickelt.

Stimmen:

George Hill (Pacers) nach dem Sieg gegen Houston: "Wir sagen uns immer wieder, dass ein gutes Team zurückkommt. Und wir haben gezeigt, dass wir ein gutes Team sind."

Paul George (Pacers) über die guten Quoten gegen Houston: "Es fühlt sich gut an, denn wir wissen, dass wir nicht zu stoppen sind, wenn wir unseren besten Basketball spielen."

Jordan Crawford (Celtics) über die zuletzt hergeschenkten hohen Führungen: "Du musst einfach konzentriert bleiben. Wenn du sie am Boden hast, darfst du nicht nachlassen."

Prognose:

Die Pacers erfüllen die Erwartungen, die Celtics übertreffen sie sogar. Gegen Indiana müssten die Kelten allerdings schon weit über ihrem Potential spielen, um etwas zu holen. Die Pacers sind zu aus- geglichen, zu hungrig, zu defensivstark - kurz: zu gut.

Das Team von Frank Vogel ist nicht umsonst eines der besten Teams der Liga und hat sich gegen auf dem Papier schwächere Teams in dieser Saison noch keine Blöße gegeben. Bostons Offense dürfte sich gegen Indianas Defense extrem schwertun. Zumal drei der besten vier Scorer der Celtics (Green, Sullinger und Crawford) mit George, Hibbert und Hill extrem undankbare Matchups haben. Alles andere als ein Pacers-Sieg wäre eine faustdicke Überraschung. Das erste Aufeinandertreffen der Saison gewannen die Pacers mit 97:82.

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