NBA

Ist der neue Melo "for real"?

Von SPOX
Jeff Green (l.) bekommt es mit Carmelo Anthony (l.) zu tun - und umgekehrt
© getty

Die NBA im LIVE-STREAM FOR FREE bei SPOX! Die New York Knicks haben nach verkorkstem Saisonstart endlich die Kurve gekriegt und wollen gegen den ewigen Rivalen aus Boston zeigen, dass mit ihnen endgültig wieder zu rechen ist. Dies wird jedoch schwieriger werden als vor der Saison erwartet. Vieles hängt von Carmelo Anthonys Bereitschaft ab, die Uneigennützigkeit der letzten beiden Spiele beizubehalten.

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Ausgangslage:

Die New York Knicks sind mit Titelambitionen gestartet, fanden sich nach einem extrem schlechten Saisonstart mit einer 3-13-Bilanz jedoch schnell am unteren Ende der Atlantic Division wieder. Nach Tradegerüchten, öffentlicher Kritik von Superstar Carmelo Anthony und Spekulationen über einen Trainerwechsel haben die New Yorker nun aber vermeintlich die Kurve gekriegt.

Die letzten beiden Partien gegen die Brooklyn Nets und die Orlando Magic wurden mit insgesamt 68 Punkten Unterschied gewonnen. "Ich wusste, dass es irgendwann passieren würde", sagte Point Guard Raymond Felton nach dem Sieg über Orlando, "heute haben wir bewiesen, dass Brooklyn kein Ausreißer war."

Knicks: Der erste Schritt ist getan

Auch die Boston Celtics haben zwei Spiele in Folge gewonnen, zuletzt sogar gegen die hoch gehandelten Denver Nuggets. Nach einer zwischenzeitlichen Niederlagenserie über sechs Spiele scheinen sich die Celtics stabilisiert zu haben und führen mit einer Bilanz von 9-12 derzeit sogar ihre Division an.

Dabei hatten viele Experten den Kelten vor der Saison keinen Pfifferling zugetraut, zumal mit Paul Pierce, Kevin Garnett und Coach Doc Rivers das Herzstück der Mannschaft das Team verlassen hatte und Superstar Rajon Rondo nach einem Kreuzbandriss bis heute ausfällt. Die kreative Arbeit des Rookie-Trainers Brad Stevens und der allgemein schlechte Zustand der Eastern Conference lassen die Celtics trotz vermeintlichem Talentmangel jedoch besser spielen als erwartet.

Star des Teams:

Womöglich wird er nach der Saison gehen, derzeit ist Carmelo Anthony aber auf jeden Fall noch der Superstar vom Dienst im Madison Square Garden. Bisher verlief die Saison nicht nur für sein Team, sondern auch für Melo selbst enttäuschend. Zwar wären seine momentan 9,9 Rebounds pro Spiel ein Career High, dafür liegen seine Wurfquoten mit 43 Prozent aus dem Feld und 28 Prozent weit unter den Ansprüchen des NBA-Topscorers der vergangenen Saison.

Bei den vergangenen beiden Siegen hat Anthony daher seine Herangehensweise umgestellt und mehr den Ballverteiler gespielt. "Ich wollte etwas Neues ausprobieren, um zu sehen, ob es klappt. Wenn ich 30 Punkte gemacht habe, haben wir meistens nicht gewonnen", erklärt Anthony. Die Umstellung war offensichtlich: In den letzten beiden Spielen nahm er zusammengerechnet 22 Würfe, diesen Wert hatte er in den 16 Spielen zuvor durchschnittlich sogar übertroffen (22,2).

Bei den Celtics trägt der Star derzeit einen Anzug und befindet sich nach seinem Kreuzbandriss in der letzten Saison noch in der Reha. Wann Rajon Rondo endlich aufs Parkett zurückkehren kann, steht derzeit noch in den Sternen, auch wenn er zumindest wieder 1-gegen-1 und 2-gegen-2 spielen darf. Bis zu Rondos Rückkehr lastet umso mehr Verantwortung auf Small Forward Jeff Green.

Der 27-Jährige ist mit 16,7 Punkten pro Spiel Topscorer seiner Mannschaft und legt mit knapp 46 Prozent aus dem Feld und 38 Prozent vom Perimeter ansprechende Quoten auf. Nach drei relativ frustrierenden Jahren (inklusive einer komplett verpassten Saison aufgrund eines Aortenaneurismas) scheint Green endlich richtig in Beantown angekommen zu sein.

Schlüsselduell:

Das Duell zwischen Anthony und Green ist insofern essenziell, da beide Topscorer ihres Teams sind und sich wohl die meiste Zeit gegenseitig verteidigen werden. Das Schlüsselduell findet jedoch auf den Guard-Positionen statt. Bei den Knicks haben Felton und Iman Shumpert bisher eine extrem durchwachsene Saison erlebt, bevor beide in den vergangenen beiden Siegen endlich wieder produktiv agierten.

Insbesondere "Shump" war sichtlich genervt durch die Spekulationen, ob er getradet werden würde, und gestand daher nach dem Sieg gegen Orlando, er sei "wütend auf die Welt gewesen." Die Knicks sind eigentlich auf den jungen Shooting Guard angewiesen, weil er der mit Abstand beste Flügelverteidiger im Kader ist. Gegen Boston kommt ihm abermals eine wichtige Rolle zu.

Bei den Celtics sind neben Green nämlich vor allem Jordan Crawford und Avery Bradley für den unerwarteten Höhenflug verantwortlich, beide sind unter Brad Stevens aufgeblüht. Crawford spielt die mit Abstand beste Saison seiner Karriere und führt die Celtics beim Player Efficiency Rating (18,9) und bei den Assists (5,3) an.

Bradley, der zuvor hauptsächlich als Defensivterrier bekannt war, hat unter Stevens offenbar auch vorne das Licht gesehen und erzielt mit Abstand die meisten Punkte seiner bisherigen Karriere. Gegen New York dürfte bei ihm allerdings wieder die Defense im Vordergrund stehen.

Jordan Crawford: Endlich erwachsen?

Entscheidend für die beiden Knicks-Blowouts war nämlich die Tatsache, dass die Knicks von außen die Lampen ausschossen und Melo so nicht alles alleine machen musste. Schafft es Bradley, Felton und Sixth Man J.R. Smith aus dem Spiel zu nehmen, könnte Anthony schnell wieder in den Ego-Modus schalten, dessen Ergebnisse er selbst genannt hat.

Geschichte:

Es gibt kaum ein klangvolleres Matchup in der Liga-Historie. Zahllose Schlachten wurden zwischen beiden Teams ausgefochten, wobei die Celtics mit ihren 17 Championships logischerweise die bessere Bilanz aufweisen als die Knicks mit 2. Die Teams haben in der regulären Saison erstaunliche 512 Mal gegeneinander gespielt, Boston gewann 276 davon.

Von 61 Playoffspielen gewannen die Celtics 34. In den vergangenen Playoffs zogen sie allerdings mit 4 zu 2 den kürzeren in der ersten Playoffrunde. Aufgrund der regionalen Nähe und der tief verwurzelten Rivalität zwischen New York und Boston hat dieses Duell immer wieder enorme Brisanz - auch in der insgesamt 574. Ausgabe.

Rookies:

Bei den Knicks hat sich Tim Hardaway Jr. einen festen Platz in der Rotation erspielt und dabei vielversprechende Ansätze gezeigt. Der Shooting Guard/Small Forward von der Michigan State University kommt auf durchschnittlich 8 Punkte bei Quoten von 46 Prozent aus dem Feld und 43 Prozent von der Dreierlinie, in den drei Spielen im Dezember sind es bisher sogar 16 Punkte bei 57 Prozent Field Goals.

Die Celtics hatten vor der Saison große Hoffnungen in Big Man Kelly Olynyk gesetzt. Der hatte zwar einige gute Spiele, insgesamt zeigen seine Quoten von 39 Prozent aus dem Feld und grausigen 18 Prozent vom Perimeter aber, dass ihm die Umstellung auf die NBA noch nicht vollends gelungen ist. Derzeit muss Olynyk mit einer Knöchelverletzung pausieren.

Der Brasilianer Vitor Faverani hatte Anfang der Saison mit einem 12-Punkte-18-Rebounds-Spiel auf sich aufmerksam gemacht, mittlerweile haben sich seine Statistiken bei soliden 5,7 Punkten, 4,7 Rebounds und 1,1 Blocks pro Spiel eingependelt. Point Guard Phil Pressey hat in seinen Kurzeinsätzen bisher vor allem defensive Aufgaben.

Die Stimmen:

Raymond Felton (New York Knicks) nach dem Sieg über Brooklyn: "Irgendwann musste sich die Spannung entladen. Brooklyn hat nur unseren ersten Zorn abbekommen. Auf alle anderen kommt jetzt dasselbe zu. Aber wir machen erst einmal ein Spiel nach dem anderen."

Brad Stevens (Trainer Boston Celtics) über die New York Knicks: "Ich denke, die Knicks - auch wenn die Leute auf ihre Bilanz blicken und sagen, was sie sagen - haben diverse enge Spiele gehabt, bei denen man eben manchmal den kürzeren zieht. Aber die letzten beiden Spiele waren nicht knapp. Und sie haben so ausgesehen, wie man die Knicks erwartet hat, eigentlich sogar besser. Das waren wirklich beeindruckende Siege. Für mich geht es nicht um die Bilanz, sondern darum, wie sie jetzt spielen."

Prognose:

Trotz der schlechteren Bilanz geht New York als Favorit in die Partie, allerdings werden die Celtics eine wesentlich härtere Prüfung für Carmelo Anthonys neu gefundene Balance darstellen als die Nets und die Magic. Brad Stevens gilt als Coach, der sein Team auf jeden Gegner exzellent vorbereitet und die Fähigkeit besitzt, die Schwächen des Gegners herauszufinden und zu attackieren. Wenn er einen Weg findet, die Knicks zurück zum Ego-Basketball der ersten Wochen zu zwingen, ist für Boston im Madison Square Garden auf jeden Fall etwas zu holen.

Agieren die Knicks allerdings offensiv ebenso ausgewogen und teilen den Ball uneigennützig wie in den letzten Partien, sollten sie auch die Celtics schlagen. Sie haben vorne einfach mehr Optionen und sind insgesamt das wesentlich besser besetzte Team. In jedem Fall ist das Traditionsduell aber für die Knicks und vor allem für Melo die Chance, gegen einen etwas stärkeren Gegner zu beweisen, dass die neue Balance "for real" ist.

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