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NBA Legenden-Serie: Kareem Abdul-Jabbar - A Beautiful Mind

Von David Digili
Lakers-Center Kareem Abdul-Jabbar (r.) war in 19. seiner 20 Saison NBA-All-Star
© getty
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Ein Trade in eine Metropole soll ihm neue Möglichkeiten eröffnen - die Chance für die Los Angeles Lakers, die sich im Ringen knapp gegen die New York Knicks durchsetzen. Hätte ein Wechsel nach New York oder L.A. nicht geklappt, Abdul-Jabbar wäre zu den New York Nets in die Konkurrenzliga ABA gegangen - das Imagedesaster wird gerade noch abgewendet.

"Wir wussten, dass wir uns in der gesamten NBA nicht mehr hätten blicken lassen können, wenn er in die ABA gewechselt wäre. Wir mussten aber vor allem innerhalb der Stadt aufpassen - der ganze Trade wurde so lange wie möglich geheimgehalten", erinnert sich der ehemalige Bucks-GM Wayne Embry. Heute undenkbar.

Die neue Nähe zu Hollywood lässt ihn weiter aufblühen, er enttäuscht die hohen Erwartungen nicht, reiht sich in in die bis heute fortgesetzte Reihe legendärer Big Men im goldenen Leibchen der Lakers. George Mikan, Wilt Chamberlain, nun Kareem. Die Lakers, gerade im Umbruch, haben ihr Fundament für einen Neuaufbau, nach verpassten Playoffs in Abdul-Jabbars Debütjahr schafft es das Team zwei Mal in den nächsten drei Spielzeiten mindestens bis in die Conference Semifinals, der große Star sammelt zwei weitere Maurice-Podoloff-Trophäen ein.

Es sollte jedoch bis 1979 dauern, dass ein gutes Team mit einem überragenden Abdul-Jabbar zu einem der besten der NBA-Geschichte werden sollte. Von der Michigan State University kommt ein junger, 2,06 Meter großer Point Guard namens Earvin Johnson nach L.A. - zusammen mit "Magic" wird der Grundstein für die "Showtime"-Ära gelegt: Schon im ersten Jahr des Duos steht am Ende die Championship, mit einer überragenden Bilanz von 60:22 und einem 4:2 in den Finals gegen starke Philadelphia 76ers mit Julius Erving und Maurice Cheeks.

Die Baller aus Hollywood bieten spektakulären Offensiv-Basketball, dirigiert vom atemberaubenden Spiel Johnsons, gestützt von einem hochkarätigen Kader mit Akteuren wie Michael Cooper, Mychal Thompson, Jamaal Wilkes, Byron Scott, James Worthy oder Bob McAdoo. Angeleitet von Head Coach Pat Riley, der 1981 von Paul Westhead übernimmt, werden die 80er vor allem zu einer neuen Hochzeit der Rivalität zwischen den Lakers und den Boston Celtics.

Tiefpunkt "Memorial Day Massacre"

Als 1983 ein Großbrand das Anwesen des Centers zerstört und mit ihm zahllose Andenken und eine riesige Jazzplattensammlung, schicken ihm viele Lakers-Fans aus Anteilnahme neue Vinyl-Scheiben - "das Mitgefühl hat mir sehr geholfen und wieder Kraft gegeben in dieser Zeit", wird Abdul-Jabbar später sagen. Zu diesem Zeitpunkt ist auch das Kapitel "Sixers" abgeschlossen für die Baller aus Hollywood - mit einem erneuten Titelgewinn 1982 und nun einer derben 0:4-Klatsche, fast akkurat prophezeit mit "Fo', fo', fo'" von Philly-Big-Man Moses Malone. Boston soll die folgenden Jahre als erbitterter Gegner in hitzigen Gefechten prägen.

So kommt es 1985 in den Finals zu einem späten Tiefpunkt: In Spiel 1 gelingen ihm, mittlerweile 37 Jahre alt, ganze zwölf Punkte und drei Rebounds, die Celtics prügeln den ewigen Gegner aus dem Boston Garden - das 114:148 geht als "Memorial Day Massacre" in die Basketballgeschichte ein. Die heimische Fachpresse in Kalifornien wie auch viele Fans stellen die Ikone in Frage - zu alt, zu harmlos, nicht mehr konkurrenzfähig, so der Tenor.

Kareem Abdul-Jabbar: "Der Beste aller Zeiten"

"Es war unglaublich, was auf Kareem einprasselte", erinnert sich Coach Riley. "Viele haben nicht mehr an ihn geglaubt, aber er hat alle eines besseren belehrt." Und wie: 37 Punkte und 16 Rebounds schenkt der angebliche Pflegefall in Partie 2 ein, die Celtics erholen sich nicht mehr, L.A. holt in sechs Spielen erneut den Titel - und Abdul-Jabbar wird Finals-MVP. Bis heute ist er der älteste Akteur, dem das gelingen konnte. Noch in der folgenden Spielzeit stehen 23,4 Zähler im Schnitt in den Statistiken.

Auch wenn die Zahlen in seinen letzten Karrierejahren sinken, Abdul-Jabbar gewinnt weiter Titel mit der Lakers-Showmaschine, ist bis in seine Abschiedssaison 1989 All-Star - zum insgesamt 19. Mal in 20 Profi-Jahren. Auf seiner Abschiedstournee durch die Hallen der Liga gibt es große Emotionen. Eine Hochachtung, die dem einst geschmähten viel bedeutet: "Die 80er haben mich für die Jahre davor entschädigt, für die ganzen Kritiken und Beschimpfungen. Dinge können sich wohl tatsächlich ändern."

"Wenn ein Spieler Rekorde bricht, Meisterschaften gewinnt, Kritik übersteht und seiner Verantwortung gerecht wird, dann gibt es für mich keine Diskussionen mehr. Lasst uns diesen Spieler als Besten aller Zeiten würdigen", sagt Riley über seinen Ex-Spieler, kurz nach dessen Karriereende. Abdul-Jabbar bleibt in der Öffentlichkeit, engagiert sich im Basketball - der Traum einer Traineranstellung in der NBA erfüllt sich nicht - und darüber hinaus, gegen Hunger, gegen Analphabetismus in der Welt. Er profiliert sich als Historiker, ist gefragter Gast in Gesprächsrunden.

Später Frieden

Schlagzeilen machte seine Leukämieerkrankung, die 2009 öffentlich wurde - mittlerweile ist der Krebs auf ein Minimum reduziert. Die größte Ehre abseits des Sports ist die Ernennung zum Kulturbotschafter für die Vereinigten Staaten, die ihm Ministerin Hillary Clinton 2012 anträgt. "Einer meiner größten Helden hatte diese Aufgabe bereits unter Präsident John F. Kennedy: Louis Armstrong. Es ist ein Privileg, es ihm gleichtun zu dürfen," erklärt Abdul-Jabbar.

Die Öffentlichkeit und er - sie haben sich gefunden. "Erst Jahre nach meinem Rücktritt habe ich verstanden, dass die Menschen daran interessiert waren, wie ich ticke," sagt er heute. "Als die Leute von meiner Krankheit hörten, kamen so viele Lakers-Fans auf mich zu in Kaufhäusern, auf der Straße oder in Buchhandlungen. Viele fragten einfach nur, wie es mir geht oder, ob sie mir helfen könnten - das bedeutet mir mehr als alles andere", offenbart er auf der Einweihung seiner Statue, sichtlich ergriffen. Magic, Worthy, Dr. J, Riley, Bill Walton, Elgin Baylor, auch Cooper und Norm Nixon erweisen ihm dabei die Ehre.

"Als einziger sechsmaliger MVP der NBA wie auch als zweimaliger Finals-MVP, 19-maliger All-Star, Rookie of the Year und sechsmaliger Champion - davon fünf Titel mit den Lakers - ist Kareem Abdul-Jabbar einer der größten Basketballspieler, die jemals gelebt haben. Abdul-Jabbar, der seine legendäre 20-jährige Karriere als mit 38.387 Punkten bester Scorer der Geschichte beendete, wird immer besonders für seinen eleganten, unaufhaltbaren Skyhook in Erinnerung bleiben - einen der anmutigsten Offensivmoves, die das Spiel erlebt hat," kundet die Inschrift auf dem Sockel, draußen in der Betonwüste vor dem Staples Center, von den Meriten des Geehrten. Sie wird ihm nicht im Ansatz gerecht. Ihm, dem eigenwilligsten Star der NBA-Geschichte. Dem ersten Intellektuellen der Liga.

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