NBA

"Der Hype kann tödlich sein"

Von Interview: Jan-Hendrik Böhmer
Dennis Schröder komm im Schnitt derzeit auf 3,5 Punkte und 2,2 Assists pro Spiel
© getty

Dennis Schröder erlebt einen turbulenten Start in seine erste NBA-Saison. Nach einem guten Auftakt und einem regelrechten Medienhype kommt er bei den Atlanta Hawks zuletzt deutlich weniger zum Einsatz. Im Interview mit SPOX zieht er ein erstes persönliches Fazit, spricht über harte Arbeit - und die Gefahr, den Boden unter den Füßen zu verlieren.

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SPOX: Dennis, nachdem es zu Beginn der Saison ziemlich gut für Dich lief, hast Du in den letzten Spielen nach ein paar Fehlern immer weniger Minuten bekommen. Wie sieht Dein erstes Fazit aus?

Dennis Schröder: Der Start in die Saison war auf jeden Fall gut. Ich hatte gleich zu Beginn einige gute Spiele und habe viele Minuten bekommen. Dann lief es zuletzt weniger gut - aber das gehört dazu. Ich muss mich eben an das Spielen in der NBA gewöhnen - und es kommt natürlich hinzu, dass sich meine Gegenspieler gleichzeitig immer besser auf mich einstellen. Da sind ein paar Schwankungen ganz normal. Insgesamt war es ein Start, auf dem man aufbauen kann.

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SPOX: Du sagst, dass Du Dich an die NBA gewöhnen musst. Was ist dabei aktuell die größte Herausforderung?

Schröder: Es ist und bleibt der generelle Unterschied zwischen dem europäischen Basketball-Stil und der NBA-Spielweise. In Europa ist einfach alles langsamer, es wird mehr System-Basketball gespielt. Hier geht es dagegen immer das Parkett rauf und runter. Die Umstellung auf das schnelle, athletische Spiel ist für mich - trotz meines Muskelaufbaus - weiter die größte Herausforderung. Dann kommt natürlich hinzu, dass man hier jeden Abend gegen die besten Point Guards der Welt spielt...

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SPOX: Zuletzt lief es dabei nicht immer so gut. Wie steckt man das weg?

Schröder: Man darf sich nicht verrückt machen lassen. Ich habe ein klares Ziel, auf das ich mich konzentriere: Ich will mehr! Was ich bisher erreicht habe, soll noch lange nicht das Ende sein. Es war für mich nur der erste Schritt, in die NBA zu kommen - das kann und darf noch nicht der Höhepunkt meiner Karriere gewesen sein. Ich will mehr erreichen, ich will als Starting-Point-Guard auf dem Parkett stehen und meinem Team zu Siegen verhelfen. Das halte ich mir immer vor Augen.

SPOX: Dabei sah es zuletzt eher so aus, als hättest Du da einen Schritt zurück machen müssen. Dein vermutlich größter Konkurrent im Kampf um den Platz hinter Jeff Teague, Shelvin Mack, hat in den letzten Spielen deutlich mehr Spielzeit bekommen als noch zu Beginn der Saison...

Schröder: Das stimmt. Mein erstes Ziel ist es daher, mich wieder als Backup zu etablieren und 15-20 Minuten pro Spiel auf dem Parkett zu stehen. Ich will wieder ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft sein - und das sollte in den nächsten Wochen auch definitiv klappen. Ich arbeite hart, habe mit dem Coach gesprochen und weiß, was er von mir im Spiel sehen will.

SPOX: Ist das nicht aber besonders schwer, es dem Coach zu beweisen, wenn man eher in der Garbage Time spielt?

Schröder: Natürlich ist es schwer, eine Top-Leistung zu zeigen, wenn man erst dann reinkommt, wenn quasi schon alles vorbei ist. Aber genau das muss man in der NBA eben können. Man muss immer mit vollem Einsatz spielen. Egal wie es steht.

SPOX: Was bereits jetzt sehr gut zu klappen scheint, ist Deine Integration ins Team auf persönlicher Ebene. Es scheint so, als hättest Du - im Gegensatz zu anderen Europäern - kaum Probleme gehabt, Dich ins Team einzufügen...

Schröder: Das stimmt. Und ich denke, das liegt vor allem am Vertrauen, das ich mir seit dem ersten Tag hier erarbeitet habe. Es ist schwierig, sich zu integrieren, wenn man vom europäischen Basketball in die NBA kommt. Das stimmt. Erst recht, wenn man auch noch 19 Jahre jung ist. Dann ist es erst einmal sehr schwierig, das Vertrauen von den Veteranen zu bekommen. Ich habe daher immer hart gearbeitet, in jedem Training, um mir Respekt zu verdienen. Und das hat geklappt.

SPOX: Also alles über die harte Arbeit auf dem Platz, keine besondere persönliche Verbindung?

Schröder: Natürlich hilft es, wenn man ähnlich tickt wie seine Teamkollegen. Wenn man sich über Musik und solche Dinge austauschen kann - und vielleicht hatte ich auch da einen kleinen Vorteil. Das ist nunmal meine Persönlichkeit. Aber am Ende zählt eben doch vor allem eins: was du auf dem Parkett ablieferst. Ich habe von Beginn an hart gearbeitet, und das haben alle gesehen. Wenn deine Teamkollegen sehen, dass du zu jeder Zeit alles gibst, dann verdienst du dir ihren Respekt. Egal wo du herkommst.

SPOX: Nicht nur Deine Teamkollegen halten große Stücke auf Dich. Auch in den Medien gab es besonders zu Beginn einen mittelschweren Hype um deine Person. Baut das zusätzlichen Druck auf?

Schröder: Das muss man ganz nüchtern betrachten. Die Medien schreiben viel, das ist ja schließlich ihre Aufgabe. Und wenn sie dann noch so viel Gutes über mich schreiben, dann ist das doch nur positiv für mich. Als zusätzlichen Druck sehe ich das nicht. Ich kriege das ehrlich gesagt meistens ja gar nicht mit.

SPOX: Du verfolgst also nicht, was über Dich geschrieben wird?

Schröder: Nur sehr selten. Wenn überhaupt bekomme ich das nur am Rande vom Management und vor allem von meiner Familie mit. Mein Umfeld nimmt das viel intensiver wahr als ich. Ich versuche mich davon eher zu distanzieren, damit ich gar nicht erst in Versuchung gerate, zu viel von all dem zu lesen.

SPOX: Damit Du nicht Gefahr läufst, abzuheben?

Schröder: Ganz genau. Es ist besonders am Anfang einer Karriere extrem wichtig, dass man sich abschirmt. Vielen anderen Spielern wäre die Situation, in der ich mich befinde, bereits zu Kopf gestiegen. Besonders wenn man so jung ist, ist das eine enorme Gefahr. Es gibt immer wieder Beispiele, wo Spieler gehyped wurden und dann plötzlich aufgehört haben, hart zu arbeiten. Das ist dann meist das Ende. Der Hype kann tödlich sein.

SPOX: Dann ganz nüchtern betrachtet: Was war für Dich das Highlight der bisherigen Saison?

Schröder (lacht): Ich weiß, worauf Du anspielst - und ja, natürlich war es stark, gleich zum Saisonstart gegen Dirk Nowitzki und die Dallas Mavericks zu spielen. Aber wenn ich ehrlich bin, dann freue ich mich viel mehr darauf, gegen die besten Point Guards der Liga zu spielen. Und da hatte ich schon einige nette Begegnungen...

SPOX: Gab es da ein Duell, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Schröder: Gegen Kemba Walker zu spielen war sicherlich schon mal ein Erlebnis. Gegen Steve Nash auf dem Parkett zu stehen und tatsächlich direkt gegen ihn zu spielen, ist natürlich sensationell. Wenn es dann auch bald noch gegen Chris Paul geht, dann wird das für mich eine große Sache.

SPOX: Und auf der negativen Seite: Gibt es da etwas, war Dich noch immer beschäftigt? Stichwort Tiefschlag gegen DeMarcus Cousins...

Schröder: Das darf natürlich nicht passieren, das ist klar. Aber das war ein Versehen und sicherlich nichts, das noch einmal vorkommt. Da stören mich andere Sachen deutlich mehr.

SPOX: Zum Beispiel? Gibt es etwas, woran Du gerade konkret arbeitest? Du selbst hast Dich ja im SPOX-Interview vor der Saison zum Beispiel als "Rondo mit gutem Wurf" beschrieben. Wie sieht es damit aus?

Schröder: (lacht) Ich weiß, dass ich weiter an meinem Wurf arbeiten muss. Aus der Midrange bin ich schon ganz gut geworden, jetzt muss ich von der Dreierlinie noch nachlegen. Auch leichtfertige Turnover darf ich mir natürlich nicht leisten, und in der Defense darf man auf keinen Fall nachlassen.

SPOX: Du hast jetzt mehrfach das Wort "harte Arbeit" benutzt, um dein Erfolgsrezept zu beschreiben. Wenn Du einem jungen Basketball-Talent genau einen Tipp geben solltest, wäre es dann "harte Arbeit"?

Schröder: Nur einen Tipp? Ich hätte da eigentlich zwei Dinge...

SPOX: Ok, sagen wir die zwei wichtigsten Tipps...

Schröder: Nummer eins lautet tatsächlich: immer hart arbeiten. Egal wo, egal wie. Wann immer du in die Halle kommst, das Spielfeld betrittst, oder was auch immer - du musst hart arbeiten und immer dein Ziel verfolgen. Nummer zwei: Egal wie viele Leute dir sagen, dass du es nicht schaffst, du darfst keinesfalls darauf hören und musst nur noch härter arbeiten, um es diesen Zweiflern zu zeigen.

SPOX: Gilt etwas Ähnliches für die aktuelle Hawks-Saison?

Schröder: Könnte man so sagen. Denn auch wenn man uns nicht unbedingt für einen Titel auf dem Zettel hat, sind die Playoffs ganz klar unser Minimalziel. Und das sieht ja auch sehr gut aus. Bisher. Denn es ist natürlich noch sehr früh und wir dürfen jetzt auf keinen Fall nachlassen. Wir haben eine großartige Mannschaft und da kann sehr viel drin sein für uns im Laufe einer langen Saison. Wir verstehen uns super - und das könnte unser Vorteil sein. Andere Franchises haben vielleicht bessere Einzelspieler, aber wir arbeiten als Team hervorragend zusammen. Damit kann man viel erreichen.

Der Spielplan der Atlanta Hawks im Überblick

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