NBA

Das Spiel mit dem Zonk

Von Ole Frerks
Tür 1: Ein verpletzungsgeplagter Sam Bowie. Tür 2: "His Airness", sechsmaliger NBA-Champion
© getty
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2003: Detroit holt Darko Milicic an Zwei

Der 2003er Draft ging als einer der besten überhaupt in die Geschichte ein. Acht All-Stars gingen aus ihm hervor, darunter Dwyane Wade, Chris Bosh, Carmelo Anthony und - natürlich - der (Stand heute) viermalige NBA-MVP LeBron James. Vorm Draft galt LBJ zurecht als der große Preis, dahinter standen zwei Spieler scheinbar auf einer Stufe: Anthony und der Serbe Darko Milicic.

Heute ist Anthony sechsmaliger All-Star und amtierender Scoring-Champion, Milicic ist derweil vertragslos und hat in seiner Karriere bei insgesamt sechs verschiedenen Teams nie mehr als 8,8 Punkte pro Spiel erzielen können. Milicic war also definitiv eine Fehlentscheidung für Detroit.

Aber was wäre passiert, wenn die Pistons Anthony ins Team geholt hätten? Zur Erinnerung: 2004 wurde das Team sensationell Champion. Ohne Stars, dafür mit hervorragender Teamchemie und beinharter Defense. Die Pistons waren zu dieser Zeit eine Mannschaft, die einen rohen Youngster wie Milicic einfach nicht brauchte.

Für ihn wäre es sicherlich besser gewesen, er wäre bei einer schwächeren Mannschaft (sprich: Denver) gelandet, um dort Spielzeit zu bekommen und sich zu entwickeln. Vielleicht hätte er sich etablieren können und wäre über die Jahre nicht zur ständigen Punchline für Kolumnisten und Experten geworden.

Anthony? Der hätte sich in Motown wesentlich schwerer getan als in Denver. In seinen jüngeren Jahren galt Melo als eher schwieriger Charakter, zudem gerieten er und der damalige Pistons-Coach Larry Brown 2004 beim Team USA mehrfach aneinander. Ein Konflikt der beiden hätte die in Detroit so wichtige Teamchemie und damit die Meisterschaft '04 ernsthaft gefährden können.

So lässt sich dafür argumentieren, dass die falsche Wahl im Endeffekt genau das Richtige für die Pistons war, da die Entscheidung nur auf einen der beiden fallen konnte. Was mit den Kollegen Wade oder Bosh bei Detroit passiert wäre, steht auf einem ganz anderen Blatt.

1996-97: Die Furcht der Krieger

In zwei Drafts hintereinander wurden die Warriors ihrem Namen nicht gerecht und verpassten daher die Chance auf Franchise-Player oder zumindest All-Stars. Der Grund? Kobe Bryant, Jermaine O'Neal (beide '96) und Tracy McGrady ('97) kamen direkt von der High School, was als zu riskant erschien. Gleiches gilt vermutlich für den wilden Kanadier Steve Nash und den Euro Peja Stojakovic.

Jep, in aufeinanderfolgenden Drafts hätten die Warriors T-Mac und Kobe ziehen können. Stattdessen "verstärkten" sie sich mit Adonal Foyle (Karriere: 4,1 Punkte pro Spiel) und Todd Fuller (3,7). Gut, irgendeinen Grund muss es ja haben, dass Golden State nach '97 (Latrell Sprewell) und vor 2013 (David Lee) keinen Spieler zum All-Star-Game geschickt hatte.

1984: Blazers holen Sam Bowie an Zwei

In gewisser Weise die Mutter aller Draft-Schnitzer. Aus heutiger Sicht ist es ohnehin klar, dass man mit dem Pick Michael Jordan hätte nehmen müssen, ganz einfach deshalb, weil er sich letztendlich als der beste Spieler aller Zeiten herausstellte. Aber schon vor dem Draft gab es genug Gründe, ihn Sam Bowie vorzuziehen.

Da war an erster Stelle die damals schon üppige Verletzungshistorie von Bowie. Zwei volle Saisons musste der Center am College bereits wegen wiederkehrenden Schienbeinproblemen und einer Stressfraktur aussetzen. Zudem war er drei Jahre älter als Jordan. Die Blazers gingen also ein Risiko ein, obwohl sie fünf Jahr zuvor schon ihren Franchise-Center Bill Walton aus ähnlichen Gründen verloren hatten.

Nach seiner Rückkehr hatte Bowie zudem am College nicht eben geglänzt, mit 10,5 Punkten und 9,2 Rebounds pro Spiel in seiner letzten Saison legte er schlechtere Zahlen auf als Mychal Thompson (16 und neun), der Starting Center der Blazers im Vorjahr. Das Argument, dass Portland damals unbedingt einen Center brauchte, greift also ebenfalls nicht.

Was passiert, wenn sich Portland anders entscheidet? Mit Fat Lever, Jim Paxson, Thompson und Clyde Drexler standen bereits einige Hochkaräter im Team (im Vorjahr reichte es immerhin für die Playoffs). Drexler spielte allerdings dieselbe Position wie Jordan - per Trade hätte man den einen oder anderen Forward ins Team holen und direkt ein junges Topteam ins Rennen schicken können.

Wie viele Titel holt Jordan, wenn er nicht die ersten Jahre seiner Karriere mit einem durchschnittlichen Bulls-Team verbringt? Wie viele epische Playoff-Schlachten zwischen Magic Johnsons Lakers, Hakeem Olajuwons Rockets und Michael Jordans Blazers gibt es in den 80ern und 90ern?

Unmöglich zu beantworten, gewiss ist nur, dass man die Geschichte der 80er und 90er wohl größtenteils umschreiben müsste. Und dass die Blazers, wenn sie mal wieder vor der Wahl stehen sollten, lieber nicht den verletzungsgeplagten Center, sondern den basketballbesessenen Swingman ziehen sollten.

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