NBA

"Bauermann wäre ein toller NBA-Head-Coach"

Von Interview: Florian Regelmann
Kevin Pritchard ist seit Juni 2012 General Manager der Indiana Pacers
© imago

Pacers-General-Manager Kevin Pritchard kennt Dirk Bauermann aufgrund seiner Deutschland-Vergangenheit bestens. Im SPOX-Interview schwärmt der 45-Jährige von seinem alten Coach und spricht über Indianas Championship-Ambitionen, das traurige Greg-Oden-Kapitel, seine Entlassung am Draft-Abend und seinen guten Freund Larry Bird.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Pritchard, bevor wird zur NBA kommen, will ich mit Ihnen über Ihre Zeit in Deutschland sprechen.

Kevin Pritchard: Gerne. Ich liebe Deutschland!

SPOX: In den 90er Jahren haben Sie für Bayer Leverkusen gespielt. Was sind Ihre schönsten Erinnerungen an diese Zeit?

Pritchard: Meine schönste Erinnerung ist, dass ich unter Dirk Bauermann spielen durfte. Er ist so ein guter Coach, ich habe sehr viel von ihm gelernt. Er war ein unglaublich tougher Coach, der einen großen Fokus auf die Defense legte. Wir haben heute noch ein großartiges Verhältnis. Er ist ein fantastischer europäischer Head Coach. Es würde mich nicht überraschen, wenn er eines Tages in Amerika coachen würde.

Summer League Live: Seht alle Spiele von Schröder, Harris und Ohlbrecht!

SPOX: Für europäische Trainer ist es ja nicht gerade einfach, eine Chance in der NBA zu bekommen. Würden Sie Bauermann einen Head-Coaching-Job in der NBA zutrauen?

Pritchard: Dirk Bauermann wäre ein toller NBA-Head-Coach, daran gibt es für mich überhaupt keinen Zweifel. Dirk ist ein super Kommunikator, er hat das Fachwissen und er weiß, wie er mit einer Mannschaft umgehen muss. Er weiß, wann er seine Spieler pushen und wann er sie in Ruhe lassen muss. Es ist für jeden Coach eine ganz wichtige Fähigkeit, dass er weiß, wann er Druck machen muss und wann er auch mal bei einem Spieler den Arm um die Schulter legt.

SPOX: Kommen wir zu den Pacers. Beim Draft hat Indiana überraschend Solomon Hill in der ersten Runde gepickt, den Forward hatte so hoch praktisch niemand auf der Rechnung. Was sehen Sie in ihm, was andere nicht sehen?

Pritchard: Solomon Hill ist ein tougher und physischer Junge. Tough und physisch sind zwei Eigenschaften, die uns sehr wichtig sind. Es sind Qualitäten, nach denen wir unsere Mannschaft aufgebaut haben. Wir wollen harte Jungs, die bereit sind, mit uns in den Krieg zu ziehen - Solomon Hill passt da perfekt ins Anforderungsprofil. Dazu kommt, dass wir gesehen haben, wie er sich stetig verbessert hat in den letzten Jahren. Wir mögen Spieler, die jedes Jahr hart an sich arbeiten und sich immer weiter verbessern.

SPOX: Die Pacers waren ganz dicht am Finals-Einzug dran in der abgelaufenen Saison. Was muss passieren, um auch den letzten Schritt noch zu machen?

Pritchard: Unsere wichtigste Priorität im Sommer hieß David West. Es war für uns erst mal das Wichtigste, dass wir David behalten können, er ist Herz und Seele der Mannschaft. Seine Kollegen schauen zu ihm auf, er ist ein absoluter Schlüsselspieler. Zweitens geht es uns darum, unsere Bank entscheidend zu verstärken. Die Verpflichtung von C.J. Watson war schon ein erster Schritt. Wir glauben, dass Solomon Hill ein Spieler ist, der sofort Minuten bekommen kann und uns helfen wird. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass Danny Granger wirklich einen großen Unterschied ausmachen wird. Durch sein Comeback werden Spieler wieder in Rollen rücken können, die besser zu ihnen passen.

SPOX: Sie haben West und auch Granger angesprochen. Die größten Stars sind inzwischen aber Paul George und Roy Hibbert. Sie müssen mit ihrer Entwicklung sehr zufrieden sein.

Pritchard: Wir sind von der Entwicklung von Paul und Roy begeistert. Die beiden Jungs haben die Chance, in den nächsten zehn Jahren in vielen All-Star-Teams zu stehen. Sie werden unsere Franchise tragen. Es war toll zu sehen, wie sie gereift und gewachsen sind - und wie sie sich zu solch außergewöhnlichen Spielern entwickelt haben. Und sie sind eben nicht nur tolle Spieler, sie sind auch richtig gute Jungs.

SPOX: Wenn man sich Ihren Werdegang anschaut, fällt auf, dass Sie auch von den San Antonio Spurs beeinflusst wurden. Gregg Popovich war im Trainerstab, als Sie zu College-Zeiten in Kansas spielten. Später lernten Sie unter dem jetzigen Spurs-GM R.C. Buford. Was macht San Antonio besser als alle anderen?

Pritchard: Das Wichtigste bei den Spurs ist, dass sie wissen, wer sie sind und dass sie ein unerschütterliches Fundament haben, auf dem alles aufgebaut ist. Sie haben ihre Philosophie und jede einzelne Entscheidung, die sie treffen, muss in diese Philosophie reinpassen und mit dem Gesamtsystem kongruent sein. Das machen die Spurs besser als jeder andere Klub auf der Welt.

SPOX: Nach Ihrer Zeit in San Antonio sind Sie nach Portland zu den Trail Blazers gewechselt. Trotz erfolgreicher Jahre wurden Sie 2010 entlassen. Wie denken Sie an die Blazers-Zeit zurück?

Pritchard: Es war natürlich kein schönes Ende. Ich hatte das Gefühl, dass es in Portland noch unerledigtes Business gab, das ich nicht mehr zu Ende bringen durfte, das war schade. Aber es war insgesamt dennoch eine super Erfahrung für mich, für die ich sehr dankbar bin. Ich habe als junger General Manager eine Chance bekommen und viel gelernt. Es war eine unglaubliche Zeit für mich, an die ich immer gerne zurückdenke.

SPOX: Aber die Entlassung an sich muss doch brutal gewesen sein. Blazers-Owner Paul Allen informierte Sie eine Stunde vor Draft-Beginn, dass Sie gefeuert sind. Und dann haben Sie noch den Draft erledigt, dass muss hart gewesen sein, oder?

Pritchard: Wenn du gefeuert wirst, ist es nie schön. Du hast danach nur zwei Möglichkeiten. Entweder du schaust in den Spiegel und überlegst, was du besser machen kannst, oder du machst einfach so weiter wie vorher. Ich habe in den Spiegel geschaut und versucht, meine Lehren daraus zu ziehen und mich zu verbessern. Hoffentlich bin ich wegen dieser Erfahrung auch heute ein besserer GM.

SPOX: In Ihrer Portland-Zeit entschieden Sie sich beim Draft 2007 mit dem First Overall Pick für Greg Oden - und gegen Kevin Durant. Wie die Geschichte weiterging, ist bekannt.

Pritchard: Wenn ich an Greg denke, verspüre ich eine gewisse Traurigkeit. Er ist so ein guter Junge. Ich habe immer noch die große Hoffnung, dass Greg zurückkommen kann. Wenn er wieder fit wird und zurückkommt, werde ich ihn anfeuern und sein größter Fan sein. Durant ist natürlich ein fantastischer Spieler, der in Zukunft viele Jahre lang der MVP der Liga sein kann, ich liebe es, Durant spielen zu sehen. Aber es tut mir einfach sehr leid für Greg. Und ich sage Ihnen eines: Greg ist ein unglaubliches Talent, wenn Greg gesund geblieben wäre, würden wir jetzt genauso über ihn sprechen, wie wir es über Durant tun.

SPOX: Bei den Pacers ist Larry Bird nach einer Auszeit jetzt wieder zurück im operativen Geschäft. Sie sind seit Celtics-Zeiten eng befreundet. Was bedeutet die Rückkehr von Bird für die Pacers?

Pritchard: Larry Bird ist einer meiner besten Freunde. Er ist ein phänomenaler Leader und es macht mir immer Spaß, mit ihm in die Schlacht zu ziehen. Hey, mit wem kann man besser in die Schlacht ziehen als mit Larry Bird?!

SPOX: Die Brooklyn Nets haben mit dem Blockbuster-Trade für Paul Pierce und Kevin Garnett die Kräfteverhältnisse im Osten schon mal durcheinandergewirbelt. Wie sehen Sie die Ausgangslange für die neue Saison in der Eastern Conference?

Pritchard: Der Osten ist extrem besser geworden. Du hast Miami, New York, Brooklyn, Chicago - von diesen Teams wissen wir sicher, dass sie in der nächsten Saison noch besser sein werden. Also ist es für uns völlig klar, dass wir auch wieder einen Schritt nach vorne machen und uns verbessern müssen.

Der Spielplan der Summer League im Überblick

Artikel und Videos zum Thema