NBA

Gefangen zwischen Gegenwart und Zukunft

Von Max Marbeiter
Die Blazers-Starting-Five um Lillard (r.), Aldridge (M.) und Hickson zählt zu den besten der Liga
© Getty

Beim letztjährigen Draft hat Portland mit Damian Lillard offenbar alles richtig gemacht. Der Rookie hatte kaum Anlaufschwierigkeiten und zählt bereits jetzt zu den absoluten Leistungsträgern. Nach starkem Saisonstart haben die Blazers inzwischen allerdings merklich abgebaut. Eine schwache Bank und schlechte Defense stehen etwaigen Playoffambitionen im Weg. Doch der General Manager Neil Olshey verfolgt eine Plan.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Sollte es nach dem bisherigen Saisonverlauf überhaupt noch eines Beweises dafür bedurft haben, dass Damian Lillard ein zukünftiger NBA-Superstar ist, dann dürfte sein Auftritt während des All-Star-Weekends durchaus dafür herhalten.

Nach einer soliden Leistung bei der Rising Stars Challenge sicherte sich der Point Guard den Sieg bei der Skills Challenge - vor solch illustren Namen wie Tony Parker oder Jeremy Lin. Beeindruckend, findet auch Miamis Assistenztrainer und Betreuer des Teams Shaq, David Fizdale.

"Einen jungen Spieler so konstant spielen zu sehen, ist unglaublich. Sein Spiel ist bereits erwachsen - das ist selten", sagt Fizdale zu SPOX. "Wenn er jetzt schon so spielt, wie gut wird er erst in drei oder fünf Jahren sein? Er wird jedes Jahr ein All Star sein. Mit seinem Temperament, seiner professionellen Einstellung sind ihm wirklich keine Grenzen gesetzt."

Lillard ohne Anlaufschwierigkeiten

Tatsächlich hat Lillard die in ihn gesetzten Erwartungen bislang deutlich übertroffen. Auch dank ihres Rookies haben die Portland Trail Blazers, denen eigentlich ein Übergangsjahr prophezeit worden war, bei Saisonhalbzeit durchaus noch Chancen auf die Playoffs. Starke 18,1 Punkte und 6,6 Assists legt Lillard in seiner Premierensaison auf und ist damit inzwischen Favorit auf den Titel des Rookie of the Year - noch vor Nummer-eins-Pick und Olympiasieger Anthony Davis von den New Orleans Hornets.

Lillard allein die Verantwortung für die bis Februar starke Saison zuzuschreiben, wäre allerdings etwas zu hochgegriffen. Schließlich stellt Portland rein statistisch eine der besten Starting Fives der Liga. Ob LaMarcus Aldridge oder Nicolas Batum, J.J. Hickson, Wesley Matthews oder eben Lillard - jeder einzelne der fünf Starter scort im Schnitt zweistellig.

Starke Starting Five, schwache Bank

Kaum auszudenken, was bei den Blazers möglich wäre, besäßen sie eine halbwegs produktive Bank. Denn gewährt Coach Terry Stotts seinen Startern eine Pause, fangen die Probleme erst an - der offensive Output der Bank tendiert gegen Null. Mit 4,3 Punkten (!) im Schnitt ist Luke Babbitt noch der fleißigste Punktelieferant. Dazu weist kein einziger Bankspieler ein zweistelliges Player Efficiency Rating auf.

Entsprechend stehen abgesehen von J.J. Hickson (29,2 Minuten) alle Starter im Schnitt weit über 30 Minuten auf dem Parkett. Kein Wunder also, dass Portlands Kräfte kurz vor dem All-Star-Break merklich schwanden. Acht Spiele bestritten die Blazers im Februar, nur zwei konnten sie gewinnen, die vergangenen fünf gingen gar allesamt verloren.

Zuletzt setzte es eine herbe 63:99-Klatsche bei den New Orleans Hornets. Damit haben die Blazers ihre eigentlich durchaus vielversprechende Ausgangsposition im Kampf um die Playoffs eingebüßt und belegen derzeit mit drei Spielen Rückstand auf die achtplatzierten Houston Rockets Rang neun im Westen.

Schwachstelle Defense

Mit der schwachen Bank allein lässt sich Portlands Februar-Depression allerdings kaum erklären. Schließlich brach die ohnehin nicht gerade herausragenden Defense in den letzten Wochen noch einmal merklich ein. 114,3. Kein Team weist im laufenden Monat ein schwächeres Defensive Rating auf. Daran sind auch die Starter nicht ganz unbeteiligt.

Zu allem Überfluss verletzte sich nun auch noch Wesley Matthews am Knöchel. Der Shooting Guard hofft zwar, nach dem All-Star-Break wieder einsatzfähig zu sein. Eine echte Prognose lässt sich derzeit allerdings nicht stellen.

Neil Olsheys Plan

Beinahe wirkt es, als hätten sich die Blazers in eine Sackgasse manövriert. Doch General Manager Neil Olshey, der bereits die L.A. Clippers mit aus den Niederungen der Liga geführt hat, verfolgt offenbar einen Plan. "Der erste Schritt ist, deine erste Fünf hinzubekommen", erklärt er. "Es bringt nichts, sich seiner Flexibilität zu berauben, indem man seine Bank aufbaut, während die Starting Five noch nicht gut genug ist."

Als größtes Fragezeichen unter den Startern bezeichnet Olshey etwas überraschend Hickson. Zwar spielt der Big Man bislang eine starke Saison, legt im Schnitt sogar ein Double-Double auf (12,7 Punkte, 10,3 Punkte), mit nur 2,06 Metern misst Hickson als Center allerdings fünf Zentimeter weniger als Power Forward Aldridge.

Nicht zuletzt deshalb war Hickson in den vergangenen Wochen immer wieder Gegenstand diverser Trade-Spekulationen. Allerdings haben derartige Gerüchte wohl wenig Substanz. So sollen die Blazers an San Antonios DaJuan Blair interessiert sein. Allerdings ist der Center der Spurs noch ein Stück kleiner als Hickson und würde zudem wohl ebenfalls direkt in die erste Fünf rutschen, könnte also kaum für Entlastung von der Bank sorgen. Verkompliziert wird die Sache ohnehin dadurch, dass Hickson bei einem Trade sein Veto einlegen könnte.

Kontinuität statt Schnellschüsse

Ohnehin macht Olshey nicht den Anschein, als wolle er Portlands in Zukunft durchaus vorhandene Möglichkeiten durch einen Schnellschuss kurz vor Ende der Trade-Frist gefährden. "Der Erfolg hat die Dynamik natürlich etwas verändert", sagt er. "Sollten wir tatsächlich Chancen auf die Playoffs haben, würden wir das natürlich gerne schaffen. Wir werden unsere Flexibilität für große Fortschritte aber sicherlich nicht aufs Spiel setzen, um uns nur leicht zu verbessern."

Mit 10-14 Millionen Dollar Capspace - Sasha Pavlovics Vertrag läuft ohne Teamoption aus - steht den Blazers in der Offseason genug Geld zur Verfügung, um Hicksons ebenfalls auslaufenden Kontrakt zu verlängern und gleichzeitig noch den einen oder anderen wertvollen Rollenspieler für die Bank zu verpflichten.

Das Projekt Portland ist also weniger auf kurzfristigen Erfolg denn auf Kontinuität und Perspektive ausgelegt. Ein Verpassen der Playoffs wäre angesichts des vielversprechenden Saisonstarts deshalb natürlich bitter, allerdings keinesfalls ein Grund, den eingeschlagenen Weg zu verlassen. Schließlich besitzt man mit Lillard einen zukünftigen Abonnement-All-Star und den perfekten Franchise Player, um eine Top-Mannschaft aufzubauen.

Der NBA-Spielplan im Überblick

Artikel und Videos zum Thema