NBA

Wade: "Oh nein, bitte nicht!"

Von Philipp Dornhegge
Spielmacher Rajon Rondo wird den Boston Celtics in dieser Spielzeit nicht mehr helfen können
© Getty

Die Nachricht schlug während des Spiels der Boston Celtics gegen die Miami Heat ein wie eine Bombe: Rajon Rondo hat sich das vordere Kreuzband im rechten Knie gerissen und fällt für den Rest der NBA-Saison aus. Wie geht es nun in Boston weiter? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen nach Rondos Saisonaus.

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Was ist geschehen? Am Sonntag vor dem Spiel gegen die Miami Heat machte sich Rajon Rondo scheinbar ganz normal warm. Doch Rondo fühlte sich nicht wohl, glaubte an Probleme mit den Adduktoren. Er brach das Warmup ab und wurde in den Katakomben des TD Garden untersucht.

Der Teamarzt hatte gleich die Befürchtung, dass irgendetwas mit dem Kreuzband nicht in Ordnung sei und schickte Rondo für weitere Untersuchungen ins Krankenhaus. Rondos Einsatz gegen Miami war utopisch, Courtney Lee startete anstatt des All-Stars.

Wenig später die niederschmetternde Diagnose: Kreuzbandriss, die Saison ist gelaufen. Die Verletzung hatte sich Rondo bereits im Spiel gegen die Atlanta Hawks zugezogen - freilich ohne zu ahnen, wie schlimm es um ihn steht.

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Wie sind die ersten Reaktionen? Celtics-Coach Doc Rivers erfuhr bereits vor Spielbeginn von der Besorgnis des Teamarztes, wollte jedoch die Untersuchung im Krankenhaus abwarten und erzählte seinen Spielern nichts.

Paul Pierce jedenfalls schien nichts vom Ausmaß der Rondo-Verletzung zu ahnen, als er nach dem Spiel gegen die Heat von "ESPN"-Reporterin Doris Burke darauf angesprochen wurde. Sichtlich geschockt stockte Pierce der Atem.

Selbst die Heat-Stars reagierten betroffen. Dwyane Wade war noch während des Spiels in die Katakomben gegangen, vermutlich um die Toilette zu benutzen. Dort erfuhr er von Rondos Verletzung und sagte: "Oh nein, bitte nicht! Das ist ja furchtbar. Wir haben zwar eine gewisse Vorgeschichte, aber das wünscht man niemandem." LeBron James sprach nach dem Ende der Partie von einem Verlust nicht nur für die Celtics, sondern für die ganze Liga.

Kobe Bryant bot Rondo via Twitter seine Unterstützung an, sollte dieser eine paar warme Worte brauchen: "Du bist einer meiner absoluten Lieblingsspieler. Ich bete für Dich."

Wie schwer wiegt der Ausfall für die Celtics? Geht man nach den Statistiken, ist Rondo kaum zu ersetzen. Der Point Guard ist mal wieder zum All-Star gewählt worden und fasziniert mit seiner einzigartigen Art, Basketball zu spielen. Niemand verteilt mehr Assists (11,1 pro Spiel), nur wenige Point Guards werfen so schlecht aus der Mitteldistanz und sind trotzdem so schwer vom Drive zum Korb abzuhalten.

Mit 5,6 Rebounds arbeitet er besser am Brett als jeder andere Spielmacher der NBA, Abend für Abend muss man bei Rondo mit einem Triple-Double rechnen. Mit fünf Spielen, in denen er in drei Kategorien zweistellige Zahlen verbuchte, führt er die Triple-Double-Statistik in dieser Saison an.

Zwar gilt Rondo als launische Diva, die in vielen Spielen besonders gegen vermeintlich schwache Gegner keine 100 Prozent abruft. Dennoch ist er neben Garnett der Leader der Celtics, besonders Youngster wie Avery Bradley und Jared Sullinger richten sich an der Genialität und Toughness von Rondo auf.

Im Hinblick auf die Playoffs hätte man sich niemanden vorstellen können, der dem Meister Miami Heat lieber und furchtloser gegenüber getreten wäre als Rondo.

Der Vollständigkeit halber ein Punkt, wo Rondo nicht vermisst werden wird: bei den Ballverlusten. Mit 3,9 Turnover pro Spiel gehört er zu den Spielern, die am sorglosesten mit dem Spalding umgehen. Seinen Wert für die Celtics dezimiert das freilich nicht.

Werden die Celtics noch einen Trade einfädeln? Unwahrscheinlich. Kolumnist Bill Simmons, bekennender Hardcore-Celtics-Fan, war zwar sofort der Meinung, dass mit Rondos Ausfall das Ende der Ära Garnett und Pierce in Boston gekommen sei. Immerhin könnte nicht nur diese Saison gelaufen sein, sondern auch große Teile der kommenden. Niemand kann absehen, in was für einer Situation sich die Celtics ohne Rondo dann befinden.

Ergo sei es Zeit für einen Umbruch. Dennoch machen Trades wenig Sinn. General Manager Danny Ainge betonte bereits, dass man für Garnett und/oder Pierce keinen adäquaten Gegenwert bekommen könnte, Draft Picks zum Beispiel - um den Blick in die Zukunft zu richten - seien derzeit kaum verfügbar.

Aufgrund ihrer Geschichte in Boston haben die beiden Routiniers - ähnlich wie Nowitzki für die Mavericks - für die Kelten einen deutlichen größeren, vor allem emotionalen, Wert als für alle anderen Teams. Von den beiden Altmeistern abgesehen gibt es niemanden, dessen Abgang Sinn machen würde.

Avery Bradley und Jared Sullinger sind durchaus begehrt, aber als junge und derzeit bezahlbare Spieler unbedingt als Teil der Zukunft der Franchise zu betrachten. Rondo und Bradley bilden zusammen defensiv den vielleicht besten Backcourt der Liga, Rookie Sullinger hat sich überraschend stark im Team integriert und überzeugt mit Einsatzwillen und gepflegten Offensivmoves.

"Ich glaube nach wie vor an diese Mannschaft", betonte Rivers noch am Sonntagabend. Auf dem Free-Agent-Markt sucht Ainge lediglich nach einem direkten Rondo-Ersatz.

Ex-Maverick Delonte West, der bereits einige gute Jahre in Boston verbracht hatte und nur aufgrund des Ray-Allen-Trades 2007 gehen musste, soll die aussichtsreichste Option sein.

Was passiert mit Boston nach der Saison? Schwer zu sagen. Wie erwähnt ist fraglich, wann Rondo wieder fit sein wird. Möglicherweise kann der Point Guard erst 2014 wieder spielen. Bis dahin müssen die Celtics zwingend einen Weg gefunden haben, sich ohne ihren Star-Spielmacher über Wasser zu halten.

Im Sommer 2014 läuft Paul Pierce' Vertrag aus, der Small Forward könnte also als Trade Chip herhalten müssen. Mannschaften, die in diesem Sommer Gehalt einsparen wollen oder sich von Pierce sportlich etwas versprechen, könnten interessiert sein.

Und dennoch ist es kaum vorstellbar, dass etwas in dieser Richtung passieren wird. Klar, Danny Ainge hatte wenig Hemmungen, Trade-Angebote für Ray Allen einzuholen - womit er den Scharfschützen im vergangenen Sommer effektiv vergraulte.

Pierce jedoch ist eine andere Nummer. Der zukünftige Hall of Famer spielt schon seine gesamte Profilaufbahn in Boston, gilt als einer der größten Celtics aller Zeiten und lebende Legende. Ainge müsste schon sehr kaltblütig sein, ihn loswerden zu wollen.

Garnett wiederum hat noch ein weiteres Jahr Vertrag. Mit 11 Mio. Dollar Gehalt wäre er teuer, aber nicht so überteuert wie ein Pau Gasol. Ein Championship-Contender könnte Garnett als Puzzleteil gebrauchen.

Sollte etwas passieren, dann jedenfalls nur mit einem Ziel: die Mannschaft zu verjüngen und einen Umbruch einzuleiten. Dass Boston auch im kommenden Jahr als Titelaspirant gilt, kann man sich daher kaum vorstellen.

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