NBA

Rivalität? Inzwischen ein ungleiches Duell

Von Philipp Dornhegge
LeBron James und Paul Pierce haben sich schon so manches legendäre Duell geliefert
© Getty
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Bank: Jason Terry, Jeff Green, Courtney Lee vs. Ray Allen, Shane Battier, Norris Cole

Celtics: Boston hat eine enorm tiefe Bank, leider bezieht sich das fast ausschließlich auf die Positionen eins bis drei. Da tümmeln sich mit Lee, Terry, Barbosa und Green gleich vier potente Backups. Jener Green hat im College viel als Power Forward gespielt, ist dafür in der NBA aber zu klein. Deshalb erhält Jared Sullinger in seiner ersten Saison überraschend viel Spielzeit und rechtfertigt diese mit starken Zahlen. Auf der Centerposition tut sich dafür ein Abgrund auf: Rookie Fab Melo hat noch gar nicht gespielt, Jason Collins ist mehr oder weniger unbrauchbar.

Heat: Miami hat auf der Bank vor allem eins sitzen: Shooter. Allen, Battier, Miller und Lewis nennen den Dreier in der Offense ihre größte Spezialität, sind in der Defense aber eher Belastung als Gewinn. Cole ist derweil ein flinker Backup-Spielmacher, der aggressiv verteidigt und energisch zum Korb zieht. Auch auf Seiten des Meisters fehlt es an Tiefe im Frontcourt. Joel Anthony ist der einzige klassische Big Man mit regelmäßigen Einsätzen. Neuzugang Chris Andersen könnte das ändern, bisher kam er aber nur in der Garbage Time gegen Detroit zum Zug.

Fazit: Viele andere Teams könnten ihre Bank als großes Plus gegenüber Miami ausrufen, nicht aber Boston. Die Stärken der Celtics-Reservisten passen einfach nicht zu denen des Gegners, Miami muss man mit Größe überpowern. Die Celtics-Defense gegen den Dreier ist im NBA-Vergleich auch nur Durchschnitt, da könnten Allen und Co. also viel Schaden anrichten. Auf der anderen Seite ist Miamis Defense in der Hinsicht noch schlechter (Platz 21), und Terry, Lee und Green sind auch keine Blinden von außen, Barbosas Penetration (wenn er denn mal spielt) könnte den kleinen Heat-Verteidigern am Korb wehtun. Unentschieden.

Head Coach: Doc Rivers vs. Erik Spoelstra

Rivers: Coach Rivers ist ein Trainer der alten Schule: Ihm geht's um Disziplin, Defense und Teamgeist. Damit passt er perfekt nach Boston, seine Truppe hat er bestens im Griff. Sogar mit Querkopf Rajon Rondo kommt er klar. Typisch für ihn ist seine Reserviertheit gegenüber Frischlingen: Rookies wie Fab Melo haben es zunächst schwer. Umso erstaunlicher ist deshalb, dass Jared Sullinger so eine gute Rolle spielt, und dass Avery Bradley schon in seinem zweiten NBA-Jahr starten durfte.

Rivers gewann 2008 mit den Celtics die Meisterschaft und wurde 2000 Coach of the Year, inzwischen gilt er als heißer Anwärter auf den Posten des US-Nationaltrainers, sollte Mike Krzyzewski demnächst zurücktreten.

Spoelstra: Was war nicht alles über die Unfähigkeit von Erik Spoelstra geschrieben worden, als Dwyane Wade, LeBron James und Chris Bosh und Co. zusammenkamen und es anfangs doch nicht lief. Er wurde schon als erster Kandidat für einen Rauswurf gesehen. Doch Spoelstra biss sich durch.

Der erst 42-Jährige erarbeitete sich den Respekt seiner Stars und innerhalb der Liga, emanzipierte sich zusehend und hat mittlerweile auch keine Hemmungen mehr, Wade auf die Bank zu setzen, wenn der schlecht spielt.

Natürlich hat er dank Megastar James einen vergleichsweise leichten Job, seine Rotationen treiben mitunter auch heute noch dem einen oder anderen ein Runzeln auf die Stirn.

Fazit: Spoelstra ist amtierender Meister, doch Rivers hat eine illustre Spielerkarriere und viele Jahre als Headcoach vorzuweisen. In puncto Erfahrung kann ihm der jüngere Heat-Coach nicht das Wasser reichen. Spoelstra lernt schnell, aktuell ist Rivers aber der bessere Trainer.

Prognose:

Miami hat zwei große Schwächen: Sie rebounden katastrophal und verteidigen mitunter lustlos. Der Championship-Hangover ist nicht von der Hand zu weisen. Würde man aufgrund der Größennachteile gegen viele Teams Probleme in der Zone noch verstehen, verteidigt Miami vor allem den Dreier zu lasch. Da hat Boston seine Chancen.

Ansonsten passt Bostons Profil nicht optimal zu Miami: Die Celtics rebounden selbst zu schwach, vor allem in der Offense. Es fehlt ein Slasher, der die schwach besetzte Zone attackiert, und ein Low-Post-Spieler, der Bosh vor Probleme stellt. Und die alten Herren (plus Rondo) sind turnoveranfällig. Genau daraus zieht der Meister seine größte Energie, versucht immer aufs Tempo zu drücken. Das können die Celtics selten mitgehen.

Natürlich sollte man aus den bisherigen Spielen keine allzu großen Schlüsse für dieses Spiel ziehen. Boston hat zwar sechs Spiele in Folge verloren (Miami vier in Folge gewonnen) und steckt ziemlich tief in der Krise, kann sich für besondere Aufgaben aber immer auf den Punkt motivieren und konzentrieren. Wenn das auch am Sonntag gelingt, haben die Celtics eine Chance. Eine kleine.

Teil I: Die Guard-Positionen

Teil II: Die Forward-Positionen und die Center

Der NBA-Spielplan im Überblick