NBA

Der Beginn eines goldenen Zeitalters

Von Florian Regelmann
Die LeBron-James-Kevin-Durant-Rivalry hat gerade erst begonnen
© Getty

Der Finals-Erfolg der Miami Heat gegen die Oklahoma City Thunder könnte nur der Anfang einer ganz großen Rivalität gewesen sein. Die Zukunft sollte noch mehr LeBron-James-Kevin-Durant-Duelle bereit halten. Die Thunder zeigen im bittersten Moment bemerkenswerte Größe.

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Als Kevin Durant und Russell Westbrook nach der Pressekonferenz nach Spiel 5 das Podium verließen, kreuzte sich ihr Weg mit jenem von Dwyane Wade. "Mann, hoffentlich sehen wir euch alle im nächsten Jahr wieder", sagte D-Wade zu den am Boden zerstörten Thunder-Stars.

Hoffentlich. Die 2012 Finals könnten für die NBA der Beginn eines goldenen Zeitalters gewesen sein. Miami Heat vs. Oklahoma City Thunder. LeBron James vs. Kevin Durant. Zwei Titanen im direkten Duell. Und das für viele, viele Jahre.

Es spricht eine Menge dafür, dass der Triumph der Heat nur der Anfang einer ganz besonderen Rivalität war. Zugegeben, es gibt zig Variablen, die weitere Miami-OKC-Finals verhindern könnten, in erster Linie Verletzungen, aber die Vorstellung von weiteren James-Durant-Heavyweight-Championship-Matchups ist äußerst verlockend.

Wie Magic vs. Bird

Würde es jemanden geben, der David Stern garantieren könnte, dass wir auch in den nächsten Jahren ein Finale zwischen den Heat und Thunder erleben, der Commissioner würde nicht zögern einzuschlagen. Das ist sicher.

Man muss wohl bis zu den Magic-Johnson-Larry-Bird-Zeiten zurückgehen, bis man eine Rivalität findet, die vergleichbar ist mit dem Potenzial von weiteren James-Durant-Duellen. Zumal es ein Duell ist, das von gegenseitigem Respekt geprägt ist. Auch das ist eine Wohltat.

James hat die erste Runde gewonnen. Mehr nicht. Der beste All-Around-Spieler der Gegenwart gegen den beste puren Scorer - es könnte ein echter Klassiker werden. Durant lieferte absolut beeindruckende Finals ab. Wie er in Isolation-Plays mit starken Verteidigern wie James oder Shane Battier über weite Strecken machte, was er wollte, war Weltklasse.

James aus einer anderen Welt

Sein Pech: Was James zeigte, war auf einem Niveau, das man in der Geschichte nicht so oft sieht. LeBron ist im Prinzip ein wandelndes Triple-Double - 28,6 Punkte, 10,2 Rebounds und 7,4 Assists legte er in den Finals auf. Zahlen, die man auf sich wirken lassen muss.

LeBrons Paket aus Größe, Speed und Passing-Skills war noch nie so unstoppable. Nicht mal der Teufel hätte ihn wohl davon abhalten können, in die Zone zu ziehen. Entweder ließ er seine Verteidiger am Perimeter stehen, oder er zeigte sein Post-Game. Ein Post-Game, das er im vergangenen Jahr noch gar nicht besaß.

Der Rest waren spektakuläre Finishes am Korb und unzählige Pässe nach draußen, wo die Heat-Schützen standen und Dreier nach Dreier trafen.

Heat: Dreimal hinten - Champion!

"Nach diesem Playoff-Run, der er hatte, bin ich wirklich stolz, dass ich mich als Teamkollegen von ihm bezeichnen darf. Es war einfach unglaublich, seine Performance mitzuerleben", sagte Chris Bosh. Der Power Forward (14,6 Punkte, 9,4 Rebounds im Schnitt) hatte im Schatten von James selbst keinen geringen Anteil am Titel.

Die Heat sind das erste Team in der NBA-Geschichte, das in drei verschiedenen Serien in Rückstand lag und dennoch am Ende mit der Championship dasteht. 1-2 gegen Indiana. 2-3 gegen Boston. 0-1 gegen Oklahoma City.

James' 45-Punkte-Monster-Spiel in Spiel 6 der East Finals in Boston, als die Heat mit dem Rücken zur Wand stehend teilweise schon für tot erklärt waren, wird für immer besonders in Erinnerung bleiben. Es war wohl der Moment, der James' Karriere von nun an definieren wird. Der alle Diskussionen über sein Versagen in den entscheidenden Phasen für beendet erklärte.

James: "Sie hat mich Demut gelehrt"

Der entscheidende Moment, der James' Leben veränderte, kam aber schon vor einem Jahr. "Das Beste, was mir je in meinem Leben passiert ist, war die Finals-Niederlage im letzten Jahr. Sie hat mich Demut gelehrt. Ich musste mich ändern", sagte James, als er jetzt endlich zum ersten Mal mit der Championship- und MVP-Trophy posieren durfte.

Bemerkenswert: James ist seit neun Jahren der erste Spieler, der es geschafft hat, im gleichen Jahr den MVP-Award in der Regular Season zu gewinnen und dann auch den Titel zu holen. Vor ihm war dies zuletzt Tim Duncan 2002-2003 gelungen.

James und die Heat verpassten den unerfahrenen Thunder in den Finals in vielerlei Hinsicht eine kostenlose Lehrstunde. Das Motto: So spielt ein Championship-Team. Und so nicht. Aber: Man darf nicht vergessen, dass OKC vor vier Jahren mit dem Rookie Durant nur 20 Spiele gewann.

Vier All-Stars unter 25...

Seitdem haben sich die Thunder unter General Manager Sam Presti kontinuierlich gesteigert und ein Team gebastelt, das um die Meisterschaft mitspielt. Sie sind nahe dran, aber den letzten, schwierigsten Schritt, müssen sie noch gehen.

Und sie haben alle Chancen dazu. OKC könnte in der nächsten Saison vier All-Stars (Kevin Durant, Russell Westbrook, James Harden, Serge Ibaka) haben, die dann noch keine 25 Jahre alt sind. Ein krasser Gedanke. Die Thunder haben alle Zutaten, um für lange Zeit an der Spitze mitzumischen. Daher wird es umso spannender zu beobachten sein, welche Strategie Presti verfolgt.

Eine Möglichkeit: Die Thunder verändern gar nichts und vertrauen darauf, dass die individuelle Entwicklung bei jedem ihrer Stars ausreicht, um beim nächsten Mal den großen Coup landen zu können.

OKC: Steve Nash? Phil Jackson?

Es gibt aber auch andere Szenarien. "ESPN" spekuliert bereits über eine mögliche Verpflichtung von Steve Nash aus Phoenix in einem Sign-and-Trade-Deal für Ex-Arizona-State-Star Harden. Nash zusammen mit Durant - sicher eine interessante Idee.

Auch die Zukunft von Starting-Center Kendrick Perkins, der ein Kandidat für die Amnesty-Klausel sein könnte, ist unklar. Würde man Perkins abgeben und sein Gehalt einsparen, könnte Ibaka problemlos auf die Fünf rutschen und Durant zum Power Forward mutieren. Angesichts des Small-Ball-Trends ist auch das überlegenswert.

Die wichtigste Entscheidung betrifft aber zunächst den Head Coach. Der Vertrag von Scott Brooks läuft aus. Eine Verlängerung scheint extrem wahrscheinlich, aber der Name Phil Jackson schwirrt auch schon herum. Für den Zen-Master wären die Thunder wohl ein Traumjob, um in die NBA zurückzukehren.

Thunder in der Niederlage ganz groß

Egal wie der Coach heißen mag: Durant geht auf jeden Fall nirgendwo hin. "Ich würde nicht für eine andere Stadt spielen wollen. Ich kann mich glücklich schätzen, Teil dieser Organisation zu sein. Es ist die härteste Zeit, die wir jemals durchmachen mussten. Aber hoffentlich schaffen wir es noch mal in die Finals", sagte Durant.

Die Art und Weise, wie Durant und Co. mit der Niederlage umgingen, sei an dieser Stelle einmal besonders herausgehoben. Das schönste Bild lieferten Durant, Westbrook und Harden, als sie sich am Ende der Bank in die Arme nahmen und die Pleite gemeinsam durchstanden.

"Wir haben uns umarmt, um dieses Gefühl anzunehmen und es in Erinnerung zu behalten. Wir müssen besser werden. Wir müssen die Jungs sein, die in der nächsten Saison jeden pushen, noch besser zu werden", erklärte Westbrook. Danach bedankten sich die Big Three der Thunder bei allen Leuten, die sie während der Saison unterstützten. Beim Reisekoordinator, bei den Assistant Coaches, bei ihren Familien.

Durants Dank an die Medien

"Es macht mir so einen Spaß, diese Mannschaft zu trainieren. Es ist eine Familie. Außerhalb des Feldes benehmen sie sich wie echte Männer, darauf sollte jeder stolz sein. Nicht nur ich, sondern jeder, der die NBA liebt. Wir haben eine tolle Gruppe zusammen, die an Teamwork glaubt, an harte Arbeit, und ich bin stolz, ihr Coach zu sein. Kevin kennt Ihr alle, aber wir haben 15 Jungs, die jeden Tag füreinander da sind", meinte Brooks.

"Danke Euch für alles, was ihr in dieser Saison getan habt. Ob gut oder schlecht. Wir wissen es zu schätzen", wandte sich Durant zum Abschluss sogar noch an die Medienvertreter. Wann bitte hört man das schon mal? Von einem Sportler, der gerade die bitterste Niederlage seiner Karriere eingesteckt hat.

Durant und die Thunder haben erstaunliche Größe gezeigt. Sie werden wiederkommen. Nicht zuletzt, weil es keinen besseren Motivator gibt als den Schmerz einer Finals-Niederlage.

Heat vs. Thunder - es mag den anderen 28 Teams nicht gefallen, aber die Finals 2012 könnten auch die Finals 2013 sein. Und 2014...

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