NBA

Knicks: Stur ins Verderben

Von Sebastian Kurzweg
Bittere Erkenntnis: Carmelo Anthony und Amare Stoudemire passen nicht zusammen
© Getty

Drei Spiele. Drei Niederlagen. Die New York Knicks haben in der Serie gegen die Miami Heat bislang kein Land gesehen und erneut bewiesen, dass der Kader eine riesige Fehlplanung ist. Amare Stoudemire und Carmelo Anthony passen einfach nicht zusammen und die Knicks stehen vor dem Aus.

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Für viele war die Verletzung von Stoudemire ironischerweise der letzte Strohhalm für New York in Spiel 3. Doch auch im Madison Square Garden ging man aufgrund der eindimensionalen Offensive baden. Grund genug, sich die Performance der Knicks einmal genauer anzuschauen.

Vor einigen Tagen sah die Welt in New York noch rosig aus. In einem überragenden April hatte Carmelo Anthony die Knicks quasi alleine in die Playoffs geführt - ohne seinen Co-Star Amare Stoudemire.

Nach einem katastrophalen Saisonstart und diversen Turbulenzen hatte die Regular Season deutlich gezeigt, dass STAT und Melo nicht harmonieren - die Knicks nur dann funktionieren, wenn einer der beiden Superstars nicht spielt.

Offense macht Sorgen

Da Stoudemire aber rechtzeitig für die Playoffs fit wurde, durfte man gespannt sein ob des Auftretens der Knicks gegen Miami in der ersten Runde.

Nach drei absolvierten Partien und drei empfindlichen Niederlagen für die Knicks ist es an der Zeit, eine Bilanz des "New Yorker Roster-Dilemmas" zu ziehen - und diese fällt angesichts eines 0-3-Rückstands erwartet düster aus.

Denn schaut man sich vor allem die beiden Partien in Miami etwas genauer an, dann gibt weniger der Serienstand, dafür aber viel mehr die Offensive der Knicks Anlass zur Sorge.

Bitteres Fazit

Ein Fazit der beiden Partien lässt sich nämlich kurz und eindeutig auf den Punkt bringen: Eine Offensive mit Stoudemire und Anthony gleichzeitig auf dem Court funktioniert ganz einfach nicht. Ein Blick auf Spiel 1 zeigt schnell warum.

Die Knicks begannen das Spiel nach dem einfachen Rezept, dass sie letztlich noch in die Playoffs führte: Pass zu Melo und dann Isolation. Als Anthony in Stoudemires Abwesenheit als Power Forward eingesetzt wurde, bildete seine Kombination aus Masse, Geschwindigkeit und Mid-Range-Jumper ein brutales Missmatch.

Durch Stoudemires Rückkehr wieder auf die Drei verschoben, versuchte Anthony sein Glück im Post und ging gnadenlos unter. Miami ließ sich einfach nicht beeindrucken und setzte Melo mit intensiver Defense von LeBron James und häufigem Doppeln unter Druck.

Horror-Nacht für Anthony

Die Folge: Eine Horror-Nacht für den Knicks-Star. 3/15 aus dem Feld, 11 Punkte und der schlechteste Plus-Minus-Wert aller Spieler (-35) sprechen eine deutliche Sprache.

Wie man es besser macht, zeigte auf der anderen Seite James, der den defensiven Druck der Knicks und die gelegentliche "Trap" beim Pick'N'Roll nutzte, um seinen Teamkollegen Räume zu verschaffen.

Trotzdem ging New York nicht zum Alternativplan über, Stoudemire mehr ins Spiel einzubringen. Stoudemire kam bis zum Ende auf mickrige sieben Wurfversuche. Der Grund ist offensichtlich.

Der Power Forward ist einer der besten Pick'N'Roll-Big-Men der jüngeren NBA-Geschichte - eine Tatsache, die ihn im Duo mit Steve Nash zu Suns-Zeiten unbezahlbar machte.

Kein Pick'N'Roll für STAT

Durch die ständigen Isolation-Plays für Anthony und dessen Bedürfnis, den Ball lange zu halten, kommt Stoudemire aber nicht in die so eminent wichtigen Pick'N'Roll Spielzüge und ist dementsprechend ineffektiv.

Die wenigen Touches, die er in der Offensive in Miami bekam, waren entweder Jumpshots gegen Ende der Shotclock oder Situationen, in denen er mit dem Ball in der Hand und dem Gesicht zum Korb zusehen sollte, was er daraus macht.

Auf diese Weise scorte er nach Drives sogar noch einige Punkte. Zusätzlich geht den Knicks in Abwesenheit von Jeremy Lin ein athletischer, passwilliger Point Guard ab. Alles in allem also Zutaten, die Stoudemire extrem schlecht aussehen lassen.

Doch stellt man das System um, ist mit Anthony der andere Star unzufrieden, da er sich weigert, abseits des Balles zu warten und nach Spielzügen den offenen Wurf zu nehmen.

Offensive = Pass + Isolation

Die Offensive der Knicks ist also schnell zusammengefasst: Anthony bekommt früh in der Shotclock den Ball und spielt dann One-on-One. Stoudemire muss mit dem leben, was übrig bleibt - meist Jumpshots und Drives am Ende der Angriffe. So einfach sich das anhört, so einfach ist es für Miami auch zu verteidigen.

Denn durch die permanente Isolation und das Verschieben der restlichen Knicks auf die andere Seite des Courts wird es auch im seltenen Fall eines Passes einfach für die Heat-Defensive, entsprechend zu rotieren. In diesem System ist Anthony der klare Fokus der Offensive - wenn er nicht trifft wie in Spiel 1, dann bricht das gesamte System zusammen.

Obwohl die Knicks in Spiel 2 anfangs erheblich besser aussahen, hatte sich an der Grundsituation nichts geändert. Spiel 2 belegte viel mehr die Beobachtungen aus Spiel 1.

"TNT"-Analyst Reggie Miller brachte es auf den Punkt: "Die Knicks spielen einen Pass auf Melo und dann steht der Rest nur rum. Das ist zu viel One-on-One-Basketball."

Stoudemires Ausraster

In der Tat trat New York kein Stück verändert auf - Ball auf Melo und dann schnell isolieren. Der einzige Unterschied und der Grund für den kurzfristigen Erfolg fand sich in Anthonys persönlicher Leistung.

Statt in den Post zu gehen, agierte er diesmal aggressiver und schloss aus dem Dribbling erfolgreich mit Jumpshots ab. Im Vergleich zur ersten Partie blieb er dadurch beweglicher und somit schwerer zu fassen für Miamis Doppeln. "Er trifft aus dem Dribbling schnellere Entscheidungen", erkannte auch Miller.

Doch mit der Anzahl von Melos Fehlwürfen nach der Pause wuchs auch der Rückstand der Knicks immer weiter und wie schon im ersten Spiel sah das Knicks-System keinen Wechsel der Offensive auf Stoudemire vor - und das obwohl dieser keinen schlechten Eindruck hinterließ (6/9 FG).

Vielleicht verlor Stoudemire auch gerade deswegen die Beherrschung und schlug eine Glasscheibe vor einem Feuerlöscher ein. In Spiel 3 fiel er verletzt aus.

Knicks gewinnen ohne Stoudemire

Blickt man auf die Statistiken dieser Saison, dann könnte er seinem Team damit sogar einen Gefallen getan haben. Spielt Anthony in dieser Saison ohne Stoudemire, dann gewinnen die Knicks mit 8,4 Punkten pro 48 Minuten. Mit Stoudemire auf dem Court verlieren die Knicks mit 1,3 Punkten pro Partie.

Ironischerweise schöpften die Knicks vor Spiel 3 also neue Hoffnung aus der Verletzung ihres Stars. Zu Beginn des Spiels sah es ganz danach aus, als sollten die Statistiken auch Recht behalten. Ohne Stoudemire rückte Anthony wieder auf die Vier, während Steve Novak als Small Forward auflief, um das Spiel breit zu machen.

New York verließ sich in der ersten Hälfte nicht nur auf Isolation-Plays für Anthony und bewegte den Ball besser. Die deutlich variablere Offensive brachte den Knicks zur Halbzeit sogar eine 40:36 Führung ein. Was sich dann aber nach der Pause abspielte, spiegelte zu großen Teilen alles Negative aus den ersten beiden Begegnungen wider.

Je länger die Partie dauerte, desto weniger bewegte sich der Ball bei den Knicks. Letztlich bekam Anthony in jedem Angriff den Ball, ließ die Uhr runterlaufen und versuchte, One-on-One zu scoren.

Kein Alternativplan der Knicks

Die Heat hatten Mike Woodsons Maßnahme, Anthony als Power Forward spielen zu lassen, simpel gekontert. James verteidigte ihn trotzdem.

Wie in Spiel 1 setzte Miami Anthony bei jeder Isolation mächtig unter Druck. Man konnte förmlich sehen, wie der Forward von Angriff zu Angriff müder wurde. Dem Run der Heat hatte New York so nichts mehr entgegenzusetzen, da es im Big Apple anscheinend keinen offensiven Alternativplan gibt.

Ein zweiter Scorer a la Stoudemire, der seinen eigenen Wurf kreieren kann, ging den Knicks sichtbar ab. Allerdings erscheint es auch mehr als fraglich, ob New York mit Stoudemire ein anderes offensives Schema angewandt hätte.

Wade und James teilen Offensivlast

Miami zeigte, wie es besser geht. Als James Anfang des dritten Viertels mit vier Fouls auf die Bank ging, übernahm Wade das Kommando.

Zu Beginn des Schlussabschnitts kehrte James dann zurück und schoss die Knicks mit 17 Zählern endgültig ab. Anthony spielte letztlich 43 Minuten und konnte nur 7 seiner 23 Würfe verwandeln. Mit einem Plus-Minus-Wert von -25 war er abermals der ineffektivste Spieler der Begegnung.

Das Fazit dieser Serie muss auch nach erst drei absolvierten Partien sein, dass New York mit einem solchen Gameplan in der Offensive nicht bestehen kann. Ob es nun Coaching, oder die Einstellung Anthonys ist, es muss sich zur neuen Saison ändern. Sollte Stoudemire in Spiel 4 zurückkehren, dürfte es die letzte Chance für das Tandem STAT/Melo sein.

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