NBA

"Es kommt eine Katastrophe auf uns zu"

Von SPOX
Lakers-Superstar Kobe Bryant ist häufig in Diskussionen mit den Refs verstrickt
© Getty
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These: Die neue Regelung für Technische Fouls ist sinnvoll.

Florian Regelmann: Also diese Regelung ist ja schon jetzt der Witz der Saison. Man kann sich nur an den Kopf fassen. Beim Preseason-Spiel zwischen den Celtics und Knicks gab es in 16 Sekunden vier technische Fouls! Geht's noch? Und es ist nicht nur so, dass Emotionen dazu gehören. Es ist zum einen so, dass es dem Produkt massiv schadet. Die Fans, die teure Tickets gekauft haben, werden sich freuen, wenn ihre Stars nach sechs Minuten im ersten Viertel in der Kabine sitzen, weil sie falsch geatmet haben. Und zum anderen ist es so, dass es einen Grund gibt, warum sich die Spieler häufig beschweren. Ja beschweren müssen. Weil die Schiedsrichter-Leistungen in der NBA nämlich nicht selten eine einzige Katastrophe sind. Aber da zieht der Herr Stern natürlich keine Konsequenzen. Das ist mal wieder so ein Thema, bei dem ich platzen könnte.

Haruka Gruber: Ich sehe es genauso. Warum sollte es sinnvoll sein? Eine völlig abstruse Regelung von der NBA, um den Sport noch steriler zu machen, als er jetzt schon ist. Das Wehklagen und Reklamieren von Kobe oder Melo mag nervig sein - aber es gehört genauso zum Basketball wie jede andere Gefühlsregung, so theatralisch es teilweise wirkt. Die Regular Season ist für die meisten jetzt schon zu langweilig, durch die neue Regelung werden die Spiele noch langweiliger. Und was passiert, wenn in einer wichtigen Playoff-Serie ein Team ähnlich benachteiligt wird wie die Mavs in den Finals 2006? Sollen die Spieler kurz auf die Lippe beißen und androiden-gleich sich der Niederlage fügen? Will das jemand sehen?

Philipp Dornhegge: Also ich nicht. Natürlich muss es eine Regelung geben, um das exzessive Beschweren zu reglementieren, aber die gab es ja schon. Es gab ja schon eine Regelung für technische Fouls für Spieler, die sich zu sehr beschwert haben. Wie ich vorhin gesagt habe: Ich stehe auf Pistons-Basketball und will nicht, dass Spieler, die sich mal wegschubsen, sofort technische Fouls kassieren. Das finde ich total albern. Und vor allem sehe ich in den Playoffs eine Katastrophe auf uns zukommen. Wir wissen alle, wie es läuft: Stars werden anders behandelt als Rollenspieler. Und wenn dann ein Überraschungsteam, sagen wir die Nets, auf die Heat trifft und sich ein Rollenspieler mit LeBron anlegt, dann fliegt der Rollenspieler raus und LeBron spielt weiter. Genau so wird es kommen.

Christian Schwarzer: Das ist dann aber kein Problem der Regel. Das ist dann ein Problem der Schiedsrichter. Es kann natürlich nicht sein, dass da mit zweierlei Maß gemessen wird. Das muss David Stern dann auch so ansprechen.

Philipp Dornhegge: Ich halte aber auch die Regelung an sich für problematisch. Wenn jemand etwas in seiner Muttersprache murmelt und er bekommt ein Technisches, weil der Ref nicht versteht, was er gesagt hat, dann geht das gar nicht. Ich will nicht, dass da nur noch so sterile Typen rumlaufen. Ich würde viel lieber eine andere Regel anregen. Ich würde mir wünschen, dass das Flopping viel härter bestraft wird. Leute wie Varejao oder Ginobili fliegen durch die Halle, wenn sie nur angepustet werden. Und wenn sie Glück haben, kriegt ihr Gegenspieler noch ein Offensiv-Foul. Das hat mit Basketball überhaupt nichts zu tun, dagegen müsste viel eher etwas unternommen werden.

Christian Schwarzer: Generell stimme ich Euch ja zu. Der Sport lebt von seinen Emotionen. Wenn man das alles raus nimmt, ist es nicht mehr das gleiche Spiel. Spitzensportler müssen ihre Emotionen ausleben können, sonst können sie keine Spitzenleistungen mehr bringen. Dazu kommt, dass der Puls hoch ist, da muss auch mal erlaubt sein, eine Geste zu machen oder etwas zu sagen. Insofern ist die Regelung natürlich viel zu drastisch. Aber ich sehe es mit zwei Augen und glaube auch, dass sich Sportler auf das Wesentliche zu konzentrieren haben. Wenn im Fußball zum Beispiel irgendwo ein Freistoß ist und einer wirft den Ball irgendwo hin, dann würde ich den Jungs für so einen Mist sofort die Gelbe Karte geben, damit die endlich mal lernen, was es bedeutet, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Oder wenn sich ein Rasheed Wallace einen Spaß daraus macht, technische Fouls zu kassieren. Das muss gemaßregelt werden. Auch weil die Jungs eine Vorbildfunktion haben. Es sitzen viele junge Fans in der Halle und wenn die sehen, wie die Spieler auf dem Platz rumhampeln, dann meinen die, das nachmachen zu müssen. Ich bin da für einen gesunden Mittelweg.

Haruka Gruber: Der Hintergrund ist denke ich, dass die NBA um ihre Absatzmöglichkeiten bangt und sich einer noch größeren Publikumsschicht öffnen will. Deswegen will die Liga makellose Vorbilder. Oder makellose Roboter, die immer funktionieren. Der vor einigen Jahren eingeführte Dresscode war bereits albern, die neue Regelung ist die Fortsetzung dessen. Doch zum Basketball gehört eben auch das Dreckige. Lieber ein Rasheed Wallace als zehn Kyle Korvers.

Florian Regelmann: Stopp, da muss ich jetzt auch noch mal einschreiten. Den Dresscode kann man überhaupt nicht mit dieser Regelung vergleichen. Der Dresscode ist nicht nur sinnvoll, er geht mir sogar noch nicht weit genug. Wenn ich Stan Van Gundy in seinem Turtleneck unter dem Anzug sehe, dann ist das für mich aus modischen Gesichtspunkten absolut unerträglich. Es gehört sich einfach, dass sich Coaches und Spieler entsprechend kleiden, wenn sie beim Spiel sind. Und das bedeutet zum Beispiel, dass man unter dem Anzug ein Hemd oder mindestens ein Polo anzieht. Ende.

Philipp Dornhegge: Die NBA ist ein Business, und entsprechend sollten die Spieler ihr Produkt vertreten. Ich kann der Hip-Hop-Kultur durchaus etwas abgewinnen, aber ein verletzter Allen Iverson in Giganto-Hosen, XXXL-Pulli und Schmuck im Flavor-Flav-Style ist völlig unangebracht. Würde ich mir im Übrigen auch für die Fußball-Bundesliga wünschen. Jeder wird mir wohl zustimmen, dass ein Thomas Schaaf im feinen Zwirn - siehe Champions League - sehr viel mehr hermacht als in seinem ollen Trainingsanzug. Es ist durchaus nicht alles Unfug, was die NBA an Regelungen einführt. Auch die Rookie-Schulung zur Pflicht zu machen, war zum Beispiel eine sehr gute Idee.

These 1: 50 Siege und 1. Playoff-Runde - den Mavs geht's wie immer.

These 2: Fällt einer der 3 Superstars der Heat aus, sind ihre Titelchancen dahin.

These 3: Ein gesunder Blake Griffin ist schon jetzt einer der Top-5-Power-Forwards.

These 4: Die New York Knicks erreichen in dieser Saison die Playoffs.

Der komplette Spielplan der NBA