NBA

Der Weg ist frei für den Klassiker

Von Philipp Dornhegge
Das Duell zwischen Jameer Nelson und Rajon Rondo könnte entscheiden, wie das Ost-Finale endet
© Getty

Die Lakers sind gegen Phoenix haushoher Favorit, nur ein Wunder kann den Suns wohl helfen. Im Osten dagegen scheint sich ein Thriller anzubahnen: Boston hat die erforderlichen Waffen, um das in den Playoffs unbesiegte Orlando zu eliminieren. Die Conference Finals in der SPOX-Analyse.

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Orlando Magic (2) - Boston Celtics (4)

Saisonbilanz: 3-1 (83:78, 77:86, 96:94, 96:89)

Ausgangslage: Orlando ist ligaweit das Maß aller Dinge - im Moment. Denn obwohl das Team aus Florida nur so durch die ersten beiden Runden gefegt ist und erst Charlotte, dann Atlanta nicht den Hauch einer Chance ließ, kann man nicht umhin, sich zu fragen: Wie gut ist Orlando wirklich?

Die Spielweise des Teams ist eine denkbar einfache Drive-and-Kick-Taktik. Vorzugsweise Jameer Nelson penetriert und wartet darauf, dass die Help-Verteidigung kommt. Dann wird der Ball herumbewegt, bis ein Distanzschütze offen ist - bang! Die andere Möglichkeit ist, Dwight Howard den Ball zu geben, der dann entweder selbst abschließt oder abspielt, wenn er gedoppelt wird. Hätte Howard einen Mitteldistanzwurf, wäre Orlando wohl das europäischste Team der Liga.

Die teamorientierte Spielweise wird gepaart mit knüppelharter Defense, in der Howard jeden noch so kleinen Fehler der Guards mühelos ausbügelt. Weil die Magic offensiv wie defensiv bärenstark sind, wurden die bisherigen Playoff-Gegner nicht umsonst zum Teil vernichtend geschlagen. Man sollte aber nicht vergessen, dass Charlotte im Angriff einfach nicht die Mittel hatte, um mitzuhalten, und dass Atlanta zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt der Saison auseinander brach.

Boston ist da ein ganz anderer Gegner. Die Celtics sind jetzt, wo es drauf ankommt, auf dem besten Level, das man vom Team seit dem Titelgewinn 2008 gesehen hat, und sie haben die vermeintlich übermächtigen LeBron-Cavaliers phasenweise vorgeführt.

Orlando Magic vs. Boston Celtics: Spiel eins am Sonntag, 21.15 Uhr, im LIVE-TICKER!

Der Rekordchampion spielt vor allem hinten stark und sichert die Zone mindestens so gut ab wie Orlando. Dank Kendrick Perkins sind die Celtics in der Lage, Howard im Eins-gegen-Eins zu verteidigen und müssen so die Scharfschützen nicht offen lassen. Spielmacher Rajon Rondo ist außerdem wie dafür geschaffen, Nelson mit seiner Defense zur Verzweiflung zu bringen.

Offensiv eröffnet dem Team die unerwartete Wiederauferstehung des Kevin Garnett ganz neue taktische Möglichkeiten. Big Men mit gutem Distanzwurf sind Gold wert, um die Zone für die Guards zu öffnen. Vor allem wenn der ebenfalls gute Schütze Rasheed Wallace mit ihm auf dem Feld steht, wird Howard gezwungen sein, seinen Stammplatz unter dem Korb zu verlassen.

Sorgenfalten treiben Coach Doc Rivers aber die Bankspieler auf die Stirn: Wallace ist offensiv eine Waffe, defensiv aber oft lustlos. Tony Allen ist Bostons bester Verteidiger auf dem Flügel, im Angriff aber nur im Fastbreak zu gebrauchen. Glen Davis ist ein Fighter, aber viel zu klein, um gegen Howard oder Gortat, und zu langsam, um gegen Rashard Lewis zu bestehen.

Und das Schlimmste: Das sind die drei besten Reservisten! Vor allem der Verlust von Eddie House, den General Manager Danny Ainge in einem Anflug von Rinderwahnsinn für Nate Robinson wegschickte, hat sich bemerkbar gemacht.

Schlüsselspieler: Jameer Nelson vs. Rajon Rondo. Die Offense der Magic fängt beim kleinen Spielmacher an. Nelson spielt famose Playoffs und ist derzeit der vielleicht beste Akteur seines Teams. Mit seiner Penetration machte er Kleinholz aus Raymond Felton und den Bobcats, von Mike Bibby und den Hawks ganz zu schweigen.

Eins jedoch ist sicher: So leicht wird er es gegen Rondo nicht haben. Der All Star wurde nicht umsonst ins All-Defensive First Team der Liga gewählt, er hat schon nach wenigen Jahren die meisten Steals in der Geschichte der Celtics geholt. Der Zug zum Korb wird Nelson definitiv erschwert.

Weil Rondo zudem einige Zentimeter größer ist und Arme hat, die länger als Nelsons Beine sind, wird der Magic-Point-Guard auch aus der Distanz kaum mal einen freien Blick auf den Korb bekommen. In den ersten Runden war die Spielmacherposition Orlandos größter Trumpf. Jetzt könnte sie zu einem Riesenproblem werden.

Prognose: Boston ist erfahren, motiviert und selbstbewusst. Charlotte und Atlanta ließen sich von Orlando einschüchtern, aber die Celtics? Niemals. Die Serie gegen die Cavs sollte auch dem letzten Zweifler gezeigt haben, dass Boston auf einer Mission ist. Will Orlando zum zweiten Mal in Folge die Finals erreichen, dann geht das nur über einen harten Fight. Aber ob das Team nach zwei Freilosen mental dafür bereit ist? Celtics in 6.

L.A. Lakers (1) - Phoenix Suns (3)

Saisonbilanz: 3-1 (121:102, 108:88, 103:118, 102:96)

Ausgangslage: Vor Saisonbeginn trauten die Optimisten den Phoenix Suns durchaus den Playoff-Einzug zu. Fantasten träumten vielleicht sogar von der zweiten Runde. Jetzt stehen sie in den Conference Finals. Wer hätte das gedacht? Rookie-Coach Alvin Gentry hat sein Team offensiv zu alter Stärke zurückgeführt, vor allem aber etwas geschafft, woran etwa Mike D'Antoni zuvor immer gescheitert ist: Er hat Amare Stoudemire und Co. davon überzeugt, dass man nur mit guter Defense Erfolg haben kann.

Die Zeiten, in denen die Suns dem Gegner offene Würfe gestatteten, nur um möglichst schnell wieder in Ballbesitz zu kommen, sind vorbei. Inzwischen wird hart gearbeitet, Routinier Grant Hill gibt mit seinen 37 Jahren den Ton an. Der ehemalige Superstar schaltete in Runde eins Portlands Andre Miller aus, mit dem Steve Nash nicht zurecht kam, in Runde zwei übernahm er gegen San Antonio immer den Spieler, der heiß zu laufen drohte.

Im Angriff ist das Team natürlich nach wie vor eine Augenweide. Weil Nash trotz hohen Alters immer wieder einen Weg findet, um seinen Gegner zu düpieren. Weil er mit Stoudemire ein sehr präzises Pick-and-Roll spielt, das kein Duo besser beherrscht.

Und weil Jungs wie Jason Richardson, Nobody Jared Dudley oder Big Man Channing Frye jederzeit von außen heiß laufen können. Besonderen Spaß macht übrigens auch Reservist Goran Dragic, dessen bisherige Leistung Gentry gestattet, Nash immer wieder wichtige Verschnaufpausen zu geben.

Und die Lakers? Die sind - nun ja - die Lakers eben. Ein Monster von einem Team, mit dem besten Killer der letzten 10 Jahre (Kobe Bryant), einem der unterschätztesten Leader und Clutch-Shooter der NBA-Geschichte (Derek Fisher) und einem Big-Man-Duo (Pau Gasol und Andrew Bynum), welches von niemandem gestoppt werden kann, wenn es gut aufgelegt ist.

Wie die Celtics haben sich die Lakers in den letzten Spielen so richtig in Form gespielt, die harte Prüfung Oklahoma City Thunder gemeistert und zuletzt die Utah Jazz komplett an die Wand gespielt. Ron Artest könnte offensiv sicherlich besser spielen, seine Defense gegen Richardson wird aber für den Ausgang der Serie mit entscheidend sein.

Was ist noch wichtig? Lamar Odom natürlich, der X-Faktor der Lakers. Wenn Bynum - oder in seltenen Fällen Gasol - nicht so zum Zug kommt, dann ist Odom gefragt. Die restliche Bank kann man allerdings getrost in der Pfeife rauchen. Ein Jordan Farmar oder ein Shannon Brown können punktuell für Highlights sorgen, sind aber in erster Linie nur dazu da, um den Spielstand für ein paar Minuten so zu halten, wie er ist - bis die Stars Kraft getankt haben.

Das reicht angesichts der Klasse von Coach Phil Jackson und Vollstrecker Bryant aber meist aus. Besonders, wenn die Black Mamba wie gegen Utah 52 Prozent aus dem Feld schießt und somit extrem effektiv agiert. Dann hat der Gegner keine Chance. Aber selbst wenn viele Würfe daneben gehen, sind die Lakers aufgrund ihrer Dominanz an den Brettern immer Favorit.

Schlüsselspieler: Stoudemire/Lopez/Frye vs. Bynum/Gasol/Odom. Apropos Dominanz an den Brettern: Robin Lopez ist wieder da! Wenn nichts dazwischen kommt, kann der Bruder von Nets-Center Brook Lopez nach überstandener Rückenverletzung wieder eingreifen.

Damit gibt er seinem Team vor allem dringend benötigte Größe und Power für den Kampf in der Zone. Frye ist einfach zu weich für Gasol und Bynum, stellt die Lakers-Twin-Towers aber mit seinem gefährlichen Distanzwurf vor Probleme.

Lopez hat sich als guter Verteidiger in Phoenix etabliert, muss aber in seinem ersten Playoff-Einsatz gleich die ultimative Prüfung bestehen. Für L.A. gilt: Nimmt man Stoudemire aus dem Spiel, ist das die halbe Miete auf dem Weg zur dritten Finals-Teilnahme in Folge.

Prognose: Hill redet von unglaublichem Zusammenhalt, die bisherigen Auftritte waren furios. Aber die Gegner waren nicht im Ansatz mit dem zu vergleichen, was jetzt auf die Suns zukommt. So sehr man dem Team, das schon fast traditionell kurz vor derZiellinie scheitert, den Einzug in die dritten Finals nach 1976 und 1993 wünschen würde: Es gibt kaum etwas, dass Hoffnung macht. Lakers in 5.

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