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Let Game 6 begin!

Von Lukas Zahrer
Die Houston Astros haben in Game 6 den ersten Matchball zum Titelgewinn
© getty

Nach einem spektakulären Heimsieg über die Los Angeles Dodgers haben die Houston Astros in Game 6 der World Series (Mi., 1 Uhr live auf DAZN) erstmals die Chance auf den ganz großen Coup. Die Dodgers haben allerdings wieder Heimvorteil, was die Aufgabe etwas schwieriger machen dürfte. Holen sich die Astros den Titel oder verlängert L.A. die Saison um ein weiteres Spiel?

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Ausgangslage

Was war das bislang für eine verrückte World Series! Die Houston Astros führen nach einem 13:12-Sieg am Sonntagabend zum zweiten Mal die Playoff-Serie an und können bereits in der Nacht auf Mittwoch den Titel fixieren. Allerdings brauchen sie dazu einen Sieg im Dodger Stadium, denn die letzten beiden Duelle werden in Los Angeles ausgetragen.

Dies bedeutet auch, dass in Chavez Ravine aufgrund der Regeln der National Leage keine Designated Hitter eingesetzt werden dürfen. Bei den Dodgers war zwei Mal Joc Peterson und im letzten Spiel Justin Turner offiziell als Designated Hitter gelistet, bei den Astros nahm diese Rolle jeweils Evan Gattis ein. Sowohl Peterson als auch Gattis werden wohl wieder aus dem Lineup rutschen.

In Game 6 trifft Astros-Ace Justin Verlander wie im umkämpften Game 2 auf Rich Hill. Verlander warf vergangenen Mittwoch über sechs Innings 79 Pitches, Hill spielte vier Innings und verzeichnete 60. Beide Manager verzichteten auf etwaige Relief-Auftritte ihrer Starter, sie kommen also nach regulärer Rotation und ausgeruht zum Einsatz.

Seitdem die MLB das aktuelle Format der World Series eingeführt hatte, gelang dem Auswärtsteam bei einer 3-2-Führung im Rücken in 14 von 28 Fällen auch der Triumph. Die Astros werden es nicht zugeben, aber sie werden alles daran setzen, den Sack bereits am Dienstag zuzumachen: Nur zwei Mal in 16 Versuchen gewann eine Gastmannschaft nach verlorenem Game 6 noch die World Series.

Abseits davon fällt auf, dass vor allem die Anzahl an Long Balls in dieser Postseason hervorsticht: 101 Homeruns hat es in den diesjährigen Playoffs bereits gegeben, was ebenso wie 22 Homeruns in einer World Series einen neuen Rekord bedeutet. Auch 14 unterschiedliche Spieler, die bisher einen Homer geschlagen haben, gab es in der World Series noch nie.

Darum gewinnt Los Angeles Game 6

Heimvorteil:

Die Dodgers haben neun ihrer letzten zehn Heimspiele gewonnen, lediglich Game 2 der World Series ging im elften Inning mit 6:7 knapp an die Astros. Abgesehen vom Lautstärkepegel und den gewohnten Bedingungen im heimischen Ballpark hat die Bilanz der Dodgers aus der Regular Season, mit 104 Siegen die beste aller Teams, noch einen weiteren Nebeneffekt.

Zwei Mal sah diese World Series bereits Extra Innings, und vor allem in engen Partien wie diesen ist der Vorteil, als Gastgeber immer als zweites Team schlagen zu dürfen und damit auf die Leistungen des Gegners reagieren zu können, nicht zu unterschätzen. "Den letzten At-Bat in dieser Serie zu haben kann entscheidend sein", sagte Justin Turner. Der Third Baseman der Dodgers hat in Game 5 als Designated Hitter eine Auszeit von seinen defensiven Aufgaben bekommen, um eine Wadenverletzung auszukurieren. Für das Spiel am Dienstagabend wird Turner aber wieder als Infielder auflaufen. "Dem Bein geht es gut."

Manager Dave Roberts setzt im Game 6 auf Rich Hill. Bereits letzte Woche startete Hill gegen die Astros, wurde damals aber etwas überraschend nach 60 Pitches vom Platz genommen. Roberts wollte nicht, dass der 37-Jährige ein drittes Mal auf das Astros-Lineup trifft. Eine Entscheidung, die bei der normalerweise starken Bullpen der Dodgers nur verständlich ist. Doch was ist in diesen Playoffs schon normal.

"Wir haben uns alle über die gesamte Karriere auf solche Spiele vorbereitet", sagte Hill, und freut sich auf seinen Auftritt: "Es ist eine tolle Vorstellung, auf solch einer großen Bühne zu spielen und während dem Match einfach alles auf dem Feld zu lassen, was man draufhat."

Hill pitchte in der Regular Season einen ERA von 3,32. Im Schnitt gelangen ihm elf Strikeouts pro neun Innings, womit er verglichen mit Verlanders Wert 9,5 besser abschneidet. An der richtigen Einstellung mangelt es Hill nicht: "Im Nachhinein werde ich auf das Spiel zurückblicken, und egal wie es ausgeht, kannst du sagen, ich habe alles gegeben, um dem Team weiterzuhelfen."

Schwache Astros-Bullpen:

"Klar, die Niederlage [aus Game 5] wiegt schwerer als in der Regular Season", gibt Roberts zu. "Aber bereits beim Flug zurück nach L.A. freuten sich meine Jungs auf einen Tag Auszeit, und waren fokussiert auf das nächste Spiel. Die Jungs können das denke ich gut wegstecken."

Die starken Hitter der Dodgers werden gegen einen Verlander in Überform versuchen, eine solide Leistung abzuliefern. Corey Seager und Joc Pederson gelangen in Game 2 sogar jeweils ein Homerun, Verlander ist also keineswegs unbezwingbar.

Doch auch ein noch so starker Auftritt des Astros-Ace wird auf Unterstützung aus der Bullpen hoffen müssen. Das Relief-Pitching ist die größte Sorge in Houston, in der World Series pitchten sie in 19 Innings einen ERA von 7,58 und ließen dabei 16 Runs und fünf Homeruns zu. Der Bullpen habe noch Kraft für zwei weitere Spiele, meint Manager A.J. Hinch, der in Game 5 sechs Pitcher aus dem Bullpen brachte.

Insgesamt gelang es einem Team mit einem 2-3-Rückstand noch 20 Mal, die World Series zu gewinnen. Zuletzt schafften dies die Chicago Cubs, die im vergangenen Jahr sogar ein 1-3 noch drehen konnten.

Darum gewinnt Houston Game 6

Justin Verlander:

Seit seiner Ankunft in Houston Ende August hat Verlander noch kein Spiel verloren. Er steht in diesem Zeitraum bei einer Bilanz von 9-0 und pitchte einen ERA von 1,53. "Es wird keine einfache Situation für uns", sagte George Springer nach Game 5, "aber wir fliegen nach L.A. und geben Verlander den Ball. Ich liebe es!"

Die gesamte Mannschaft scheint sich auf Verlander zu verlassen, auch Hinch hofft auf einen starken, aber vor allem im Hinblick auf den Bullpen auf einen langen Auftritt seines Star-Pitchers: "Wir wollen das Momentum, das Verlander für uns kreieren wird, ausnutzen." Es ist eine große Last, die auf den Schultern Verlanders wiegt, doch dieser scheint gut vorbereitet.

"Das sind die Momente, auf die du hinarbeitest", fiebert Verlander seinem Einsatz entgegen. "In den Playoffs ist der Fokus und die Intensität viel höher. Es geht um Leben oder Tod bei jedem einzelnen Pitch, und zwar für das gesamte Team." Die World Series verlangt jedem einzelnen Spieler alles ab, selbst wenn Verlander nicht auf dem Mound steht, spürt er, worum es geht.

Dass Verlander mit großem Druck umgehen kann, hat er bereits in der Amercian League Championship Series gegen die New York Yankees gezeigt. Bei einem Rückstand von 2-3 kam er ebenfalls in Game 6 zum Einsatz, pitchte dort sieben solide Innings, in denen er keinen Run zuließ.

Jose Altuve:

In der Offense der Astros scheint Second Baseman Jose Altuve indessen seinen Rhythmus wieder gefunden zu haben. Nach einer kurzen Schwächephase in der ALCS, als er bei zwölf At-Bats kein einziges Mal auf Base kam, steht Altuve mittlerweile bei sieben Playoff-Homeruns, nur noch einer fehlt ihm auf die Bestmarke von Nelson Cruz, Carlos Beltran und Barry Bonds.

"Es gibt keinen Moment, in dem wir Jose keinen Hit zutrauen", sagte George Springer über seinen Teamkollegen. "In meinen Augen ist er der beste Spieler den der Baseball zu bieten hat." Altuve führte die MLB in WAR mit 8,3 an, zudem verzeichnete er seit April mit .346 den besten Average aller Spieler. Mit 204 Hits ist Altuve außerdem hinter Rockies-Center-Fielder Charlie Blackmon der Spieler mit den zweitmeisten Hits.

Die Fans in Houston skandierten in Game 5 nicht zum ersten Mal, was sie von ihrem Star halten: "M-V-P! M-V-P!" Altuve könnte der sechste Spieler der Geschichte werden, der sowohl der MVP der Regular Season als auch als World-Series-MVP ausgezeichnet wird.

Zusammen mit George Springer, Alex Bregman und Carlos Correa formt Altuve einen jungen und extrem talentierten Kern der Astros-Mannschaft, die über die gesamte Saison mehr Runs als jedes andere Team erzielte. Überraschend ist dabei, wie reif die Youngsters mit den Drucksituationen in der World Series umgehen. Dabei verlassen sie sich offensichtlich auf ein heimliches Alphatier.

"Die meisten Dinge, die ich auf dem Feld mache, mache ich wegen Carlos Correa", sagte Altuve. "Es ist schwer zu glauben, da er erst 23 Jahre alt ist, aber er ist ein absoluter Führungsspieler im Clubhouse." Der Shortstop spielte sich in seiner dritten Saison ein erstes Mal zum All-Star. "Ich bin sehr glücklich, ihn in meinem Team zu haben, er ist zudem ein wahrer Freund."

Altuve und Co. werden vor allem versuchen, den Bullpen aus Los Angeles zu attackieren. Die Dodgers-Reliever konnten sich bei den Niederlagen gegen die Astros auf keine langen Auftritte ihrer Starter verlassen, sie wirken erschöpft. Roberts wird wohl auch Starter Alex Wood das eine oder andere Out spielen lassen.

Ähnlich ist die Situation bei den Astros. Dallas Keuchel warf am Sonntag 86 Pitches, könnte aber ebenso wie Charlie Morton, Starter aus Game 4, für ein Inning eingesetzt werden, um so Druck von den schwächelnden Relievern zu nehmen.

"Die Bullpens wurden ein wenig verprügelt", meinte Hinch nach Game 5. "Wir werden versuchen, das Gedächtnis der Jungs, die Hits kassierten, zu verkürzen. Wir sind alle zuversichtlich, dass wir noch genug im Tank haben, um diese Serie zu beenden." Eine Serie, die die Houston Astros bereits Dienstagnacht zum ersten Mal in der Geschichte der Franchise für sich entscheiden können.

Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.

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