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Simply the Best

Wer holt die Commissioner's Trophy? Carlos Beltrans (l.) Cardinals oder die Red Sox von David Ortiz?
© getty

Wenn in der Nacht auf Donnerstag die Lichter im Fenway Park angehen, geht es nach 162 Regular-Season-Partien und zwei Playoff-Runden endlich um alles. Mit den Boston Red Sox und den St. Louis Cardinals treffen die zwei besten Teams des Jahres aufeinander. Die besten Pitcher, die nervenstärksten Closer, dazu zwei Playoff-Koryphäen: Es ist angerichtet. Wer hat im 109. Fall Classic die Nase vorne?

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Boston Red Sox (97-65) - Saint Louis Cardinals (97-65)

Ausgangslage: "Crapshoot" sagen die Amerikaner, wenn sie sich auf eine Sache beziehen, die unmöglich vorherzusagen ist. Lotterie, oder auch reine Glückssache. Der Begriff entstammt einem populären Würfelspiel und bietet sich alljährlich im Oktober an, wenn "America's Pastime" in die Playoffs geht.

Zu unvorhersehbar sind Postseason-Serien im Baseball: Ein Pitcher läuft heiß oder bricht ein, ein Superstar jagt Pitch um Pitch in die Oberränge oder versagt plötzlich vollständig am Schlagmal - und schon wendet sich das Geschick eines Teams. Oft ist der World-Series-Gewinner nicht unbedingt das "beste Team", sondern eines, das zum richtigen Zeitpunkt einen guten Lauf hinlegt.

Aber manchmal setzt sich Qualität auch einfach durch - und damit sind wir bei den Sox und den Cardinals. Zum ersten Mal seit 1999 stehen sich die beiden Franchises mit der besten Bilanz in den Majors gegenüber. Zwei Baseball-Institutionen, zwei "Powerhouses": Im letzten Jahrzehnt krönte sich Boston nach langer Durststrecke 2004 und 2007 zum Champion, St. Louis war 2006 und 2011 erfolgreich. Aller guten Dinge sind drei. Übrigens: Dreimal trafen die beiden Teams in der World Series bisher aufeinander. Zuletzt gewannen die Red Sox 2004 per Sweep.

Nach einem katastrophalen Vorjahr hat sich Boston quasi über Nacht zum besten Team der American League gemausert. Die Serie gegen Tampa Bay (3-1) wurde souverän gewonnen, in der ALCS schlug man die mit Assen gespickten Detroit Tigers mit 4-2 - auch dank zweier Grand Slams, mit denen man Spiel 2 und 6 kurz vor Schluss noch herumreißen konnte. "Das war unglaublich", staunte Slugger David Ortiz über den Slam von Shane Victorino im entscheidenden Spiel gegen die Tigers. "Einer der aufregendsten Momente, den wir in den Playoffs hatten."

"Big Papi" muss es wissen: Er ist das Überbleibsel der siegreichen Teams von 2004 und 2007. Um ihn hat das Management ein hungriges Team geschart, das mit Power, Geduld und jeder Menge Emotionen glänzt. Und mit prächtigen Playoff-Bärten. "Blood, Sweat and Beards" ist ein populäres Motto in Beantown.

Beim erfolgreichsten Klub der National League (elf Titel, nur die Yankees haben mehr) will man die Erfolgsgeschichte weiterschreiben: 2011 gewannen die Cardinals, für viele die am besten geführte Franchise der MLB, knapp gegen die Rangers, im Vorjahr war in der NLCS gegen den späteren Titelträger San Francisco Schluss. Ein weiterer Titel und man könnte sich mit Fug und Recht "Dynasty" nennen. Möglich machen soll es ein Mix aus erfahrenen Veteranen - Catcher Yadier Molina war schon 2006 an Bord - und jede Menge eigenhändig herangezüchtetem Talent.

Players to watch: Auf 15 Homeruns bringt es Ortiz bisher in seiner Postseason-Karriere, darunter drei in diesem Oktober. Mit 37 Jahren auf dem Buckel rückt das Karriereende des Bostoner Volkshelden immer näher - aber davon war in einer starken Saison noch nichts zu sehen. Durch den Erfolg der AL im All-Star-Game besitzen die Red Sox Heimrecht, tragen also die ersten zwei Spiele - und auch ein mögliches Spiel 6 und 7 - im heimischen Fenway Park aus. Gut für Ortiz, der seit Jahren fast nur noch exklusiv als Designated Hitter aufläuft - denn in St. Louis wird es diese Position nicht geben.

Skipper John Farrell hat bereits angekündigt, dass Ortiz in der Fremde als First Baseman auflaufen wird und den nicht minder stark aufspielenden Mike Napoli damit auf die Bank verdrängt. Es könnte entscheidend sein, wie geschickt sich Ortiz auf dem Diamond anstellen wird.

Bei den Cardinals sind alle Augen auf Carlos Beltran gerichtet. Der hat bereits 16 Playoff-Homeruns auf dem Konto und auch sonst ähneln seine Statistiken in der Postseason denen von Lichtgestalten wie Babe Ruth oder Lou Gehrig. Mit frischen 36 Jahren tritt der in Puerto Rico geborene Left Fielder endlich in seiner allerersten World Series an. Bisher hat er in den Playoffs stets fantastische Leistungen abgeliefert. Ein World-Series-Ring wäre die Krönung seiner Karriere.

Zudem kehrt First Baseman Allen Craig ins Team der Cards zurück. Der 28-Jährige war in der Regular Season mit 97 RBIs in blendender Form, verstauchte sich dann aber den Fuß und fiel über einen Monat lang aus. In Boston wird er als DH zum Einsatz kommen, ob er im heimischen Busch Stadium First Base spielen kann, ist noch unklar.

In Sachen Pitching vertrauen die Rotkardinäle auf Phänomen Michael Wacha. Der MVP der Conference Series ist der vielleicht beste Rookie-Pitcher in der Playoff-Geschichte. Mit gerade einmal 22 Jahren hat er alle seine drei Starts gewonnen, zweimal Clayton Kershaw besiegt und in 21 Innings gerade einmal einen Run zugelassen. Er kommt in Spiel 2 zum Einsatz und bildet mit Adam Wainwright ein Tandem, das den Cardinals in fünf von sieben Spielen zur Verfügung stehen könnte.

Der Rest der Rotation fällt etwas ab, dafür ist der Bullpen um einiges widerstandsfähiger als der der Tigers, der gegen die Red Sox so alt aussah. Mit Setup-Man Carlos Martinez und dem jungen Closer Trevor Rosenthal hat man zwei Fireballer in petto, die auf der Radar Gun mal eben die 100-Meilen-Grenze knacken.

Das kann Koji Uehara zwar nicht, trotzdem hat der 38-Jährige Japaner die wohl beste Saison eines Relief-Pitchers überhaupt hingelegt. Der Boston-Closer, zum MVP der Conference Series gekürt, kam gegen Detroit teilweise auch schon im achten Inning zum Einsatz, ist dank seines Splitters aber ein Albtraum. Vor ihm macht Landsmann Junichi Tazawa (1,80 Postseason-ERA) gern die Drecksarbeit, denn der Middle Relief aus Beantown ist nicht ganz so stark.

In der Rotation ist man dagegen gut besetzt. Ass John Lester macht am Mittwoch den Anfang, aber noch mehr Augen werden auf Veteran John Lackey gerichtet sein, der es einen Tag später mit Wacha zu tun bekommt. Nachdem Lackey 2012 wegen einer OP am Ellbogen ausfiel, hat er sich zurückgekämpft und eine respektable Saison hingelegt. Wenn er im Vergleich zu Wacha zu stark abfällt, wird es allerdings schwer für die Sox.

Prognose: Beide Teams sind so stark und bringen so viel Momentum mit in dieses Duell, dass der eine oder andere Analyst wohl das Wort "Crapshoot" in den Mund nehmen wird. Nicht umsonst hatten sie nach 162 Spielen die gleiche Bilanz. Schafft Boston in den ersten beiden Spielen vor heimischem Publikum den Split, hat man gegen die schwächeren Starter in Spiel 3 und 4 Oberwasser. Wenn die Nerven der jungen Cardinals, allen voran Wacha und Closer Rosenthal, halten, könnte es aber zum ganz großen Wurf reichen. Cardinals in 7.

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