MLB

Ein Nobody ist der Homerun-King!

Von Florian Regelmann
Jose Bautista könnte in dieser Saison für die Toronto Blue Jays die 50-Homerun-Marke knacken
© Getty

Die MLB-Saison ist in vollem Gange, Zeit für die nächste Zwischenbilanz. Die Themen: Schläger-Barbecue, Sonnenblumenkerne, viele Verletzungen und der SPOX-World-Series-Tipp.

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Verletzungen: Pitcher-Wunderkind Stephen Strasburg machte sich gerade für seine nächsten Opfer (Atlanta Braves) warm, da spürte er leichte Beschwerden in seiner rechten Schulter. Sofort wurden Strasburgs Probleme an Nationals-General-Manager Mike Rizzo weitergeleitet. Dessen Reaktion stellen wir uns wie folgt vor: "Oh mein Gott! Strasburg spürt was - holt den vom Mound runter! Aber subito!"

Wenn der Mann, an dem im Prinzip die gesamte Franchise hängt, in seinem Wurfarm etwas "spürt", bimmeln in allen Washingtoner Kirchen alle Alarmglocken. Strasburg machte seinen geplanten Start nicht, sondern wurde stattdessen eingehend untersucht. Das gute Ergebnis: Es ist nichts kaputt, die Schulter ist einfach nur etwas steif und braucht Ruhe. Strasburg wurde für 15 Tage auf die "Disabled List" gesetzt.

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Auf dieser Verletztenliste tummeln sich aktuell sage und schreibe 131 Spieler. Die Detroit Tigers verloren innerhalb von fünf Tagen mit Carlos Guillen (Wadenzerrung), Magglio Ordonez (Knöchelbruch) und Brandon Inge (Fingerbruch) drei Stars - die Playoff-Chancen der Tigers sind damit so gut wie dahin.

In New York zittern die von vielen Verletzungen gebeutelten Yankees um Andy Pettitte (Leistenzerrung), die Mets müssen ohne Jason Bay (Gehirnerschütterung) auskommen - was angesichts dessen miserabler Saison wohl nicht mal ein Verlust ist.

Weitere große Namen, die aktuell ihren Teams nicht zur Verfügung stehen: Dustin Pedroia (Boston/Fußbruch), Justin Morneau (Minnesota/Gehirnerschütterung), Jake Peavy (Chicago White Sox/Schulterverletzung), Manny Ramirez (Los Angeles Dodgers/Wadenzerrung), Shane Victorino (Philadelphia/Bauchmuskelzerrung) und Ian Kinsler (Texas/Leistenzerrung). Dazu kommen Spieler wie Twins-Star Joe Mauer, denen praktisch jedes Körperteil weh tut und die nur dank Spritzen auflaufen können. Wir sagen einfach nur: Aua.

Der Ausraster des Monats: Hier kommt der neueste Teil der Reihe "Manager vs. Umpire". Diesmal in der Hauptrolle: Jim Leyland. Der Tigers-Manager gehört zu den angesehensten Männern seines Berufstandes. Niemand würde ihn beschuldigen, dass er jemandem absichtlich ins Gesicht spuckt. Genau das tat aber Umpire Marty Foster. Was war passiert?

Leyland war mit einer von Fosters Entscheidungen unzufrieden, es kam zu diesen üblichen Face-to-Face-"Diskussionen", bei dem sich Trainer und Schiri gegenseitig anschreien. Solange, bis der Schiri den Trainer halt rausschmeißt. Und wenn man sich so nahe gegenüber steht und so laut schreit, dann kann es schon mal sein, dass sich Mundflüssigkeit entleert. In diesem Fall war es aber anders. Leyland: "Ich hatte Sonnenblumenkerne im Mund, damit habe ich ihn abgespritzt. War keine Absicht. Passiert eben." Finden wir auch. Und deshalb finden wir die Sperre für Leyland von einem Spiel auch total lächerlich.

Das All-Star-Game: Wo wir schon bei Lächerlichkeiten sind, machen wir doch gleich beim All-Star-Game weiter. Die National League besiegte die American League in Anaheim mit 3:1 und gewann das Midsummer Classic damit zum ersten Mal seit 1996.

Braves-Catcher Brian McCann wurde nach seinem entscheidenden Three-Run-Double im siebten Inning zum MVP gewählt. Soweit, so gut. Der Sieg der NL bedeutet aber auch, dass das Team mit der besten Bilanz der Regular Season (Yankees oder Rays) in der World Series wohl keinen Heimvorteil haben wird. Und das ist einfach nur lächerlich.

Der Rookie des Monats: Gerald "Buster" Demp Posey III. Kurz: Buster Posey. Catcher der San Francisco Giants. Kommender Superstar. Der 23-Jährige hat einen atemberaubenden Juli hinter sich gebracht. Wir lassen Zahlen sprechen: 7 HR, 24 RBI - und ein Schlagdurchschnitt von .417. Dazu schaffte er in 21 Spielen in Serie einen Hit und verpasste es damit nur ganz knapp, den Giants-Rookie-Rekord von Legende Willie McCovey einzustellen.

Nur Josh Hamilton (Texas/23) hat in dieser Saison eine bessere Hit-Streak vorzuweisen. Die Zahlen zeigen aber auch, wie unglaublich der Rekord von Joe DiMaggio ist. 56 Spiele in Serie mit einem Hit - kann gut sein, dass das ein Rekord für die Ewigkeit bleibt. Neben Posey noch erwähnenswert: Marlins-Right-Fielder Mike Stanton (7 HR, 17 RBI) und Pirates-Third-Baseman Pedro Alvarez (7 HR, 16 RBI).

Das Team des Monats: San Francisco Giants. Das heißeste Team der National League. Die Giants haben sich mit einer 20-8-Bilanz im Juli in der NL West nahe an die immer noch überraschend führenden San Diego Padres herangepirscht. Über Rookie-Sensation Posey haben wir gesprochen, aber mindestens genauso beeindruckend ist die Leistung von Aubrey Huff.

Der 34-jährige First Baseman bekam vor der Saison einen Ein-Jahres-Vertrag über 3 Millionen Dollar und führt die Giants jetzt in Homeruns (20) und RBIs an (65) - so was nennt man dann wohl Schnäppchen. Außerdem stark: Center Fielder Andres Torres, der mit 32 Jahren den Durchbruch geschafft hat. Wenn man dann die Starting-Rotation der Giants um Tim Lincecum, Matt Cain, Barry Zito, Jonathan Sanchez und Jungstar Madison Bumgarner anschaut, wird klar: Mit San Francisco ist zu rechnen.

Der Spieler des Monats: Jose Bautista. Es ist eine der interessantesten Geschichten der Saison. Ein völliger Niemand schlägt in der MLB die meisten Homeruns. 31 HR hat Jose Bautista auf seinem Konto, im Juli legte der Right Fielder der Toronto Blue Jays einen Traum-Monat hin (11 HR, 29 RBI, BA .347).

Und Bautista kann allen anderen 29 Teams ins Gesicht sagen: "Das hätte ich auch für euch machen können, aber ihr wolltet mich ja nicht." Im Jahr 2004 spielte der 29-Jährige für vier der damals schlechtesten Teams der Liga - Kansas City, Tampa Bay, Baltimore und Pittsburgh. Die Pirates, Orioles und Royals sind sechs Jahre später immer noch mies - Bautista würde ihnen gut zu Gesicht stehen.

Besonders für Pittsburgh ist es bitter. Von 2005 bis 2008 spielte Bautista für die Pirates, aber er spielte so durchschnittlich, dass man ihn 2009 nach Toronto ziehen ließ. Auch bei den Blue Jays verbrachte Bautista zunächst zwei unscheinbare Jahre, aber irgendwas muss vor der Saison 2010 gewaltig klick gemacht haben.

Die Gurken des Monats: Seattle Mariners. Sie waren mit so hohen Erwartungen in die Saison gestartet - und sie sind so tief gefallen. Nach einem desaströsen Juli mit einer 6-22-Bilanz gehört Seattle endgültig zu den schlechtesten Teams der MLB. Der Frust ist inzwischen so groß geworden, dass es soweit gekommen ist, dass ein teurer Neuzugang wie Chone Figgins, der in dieser Saison gnadenlos versagt, im Dugout auf seinen Manager Don Wakamatsu losgeht. Zuvor hatte Wakamatsu Figgins aus dem Spiel genommen, nachdem dieser bei einem Spielzug völlig geschlafen hatte.

Das Highlight des Monats: Kein Monat vergeht ohne eine weitere Glanzleistung eines Pitchers. Diesmal war Matt Garza von den Tampa Bay Rays an der Reihe. Gegen die Detroit Tigers warf Garza den fünften No-Hitter in dieser Saison. Rechnet man Armando Galarragas vom Schiri geklautes Perfect Game dazu, sind es sogar sechs. Unglaublich.

Die Colorado Rockies rächten sich jetzt immerhin im Namen aller Schlagmänner, als sie im Spiel gegen die Chicago Cubs in einem verrückten Rekord-Inning 11 (!) Hits in Serie landeten und 12 Runs erzielten. Und das alles, nachdem sie schon zwei Outs auf dem Konto hatten.

Der Pechvogel des Monats: Die SPOX-Pechvogel-des-Monats-Wahl könnte in jedem Monat locker eine MLB-Edition sein.

Die Top 5 im Juli:

1) Marlins Outfielder Chris Coghlan drückt Teamkollege Wes Helms nach einem Walk-off-Sieg eine Torte ins Gesicht - macht man so, ist eine neue Tradition. Dumm nur, wenn man sich dabei einen Meniskussriss im Knie zuzieht.

2) Giants-Outfielder Eugenio Velez lehnt im Dugout entspannt über dem Geländer, als er von einem Foulball von Mitspieler Pat Burrell niedergestreckt wird und wie eine Bahnschranke umfällt. Gehirnerschütterung.

3) Ein Fan erscheint in einem LeBron-James-Miami-Heat-Jersey - in CLEVELAND! Musste aus dem Stadion geführt werden, bevor ihn die Cleveland-Fans ge... hätten.

4) Texas-Rangers-Fan Tyler Morris will einen Foulball fangen, lehnt sich zu weit nach vorne und fällt 10 Meter in die Tiefe. Ein Wunder, dass er sich nicht ernsthaft verletzte. Eigentlich ein Glückspilz, der Junge.

5) White-Sox-Spieler Mark Kotsay kann machen, was er will. Alles läuft gegen ihn. Egal, wo er den Ball hinschlägt, steht ein Verteidiger schon da und klaut ihm den Hit. Seine Teamkollegen wollen ihm helfen und haben deshalb jetzt ein Schläger-Barbecue veranstaltet. Vor dem Klubhaus setzte Mark Teahan, der Freizeit-Pyrotechniker der White Sox, die Schläger von Kotsay in Brand. Die Aktion soll dessen Pechsträhne beenden.

A-Rod wartet und wartet...: Barry Bonds, Hank Aaron, Babe Ruth, Willie Mays, Ken Griffey, Jr. und Sammy Sosa sind die einzigen Spieler, die in ihrer Karriere 600 Homeruns geschlagen haben. Alex Rodriguez steht bei 599 Homeruns und sollte dem 600er-Klub bald beitreten. Sollte. Denn der Yankees-Star muss aktuell schon nervige neun Spiele auf Homerun No. 600 warten.

George Steinbrenner ist tot: Der charismatische Yankees-Besitzer verstarb nach einem schweren Herzinfarkt im Alter von 80 Jahren im St. Joseph's Krankenhaus in Tampa, Florida. Der als The Boss bekannt gewordene Milliardär, eine der schillerndsten und umstrittensten Figuren des US-Baseballs, stand seit 1973 an der Spitze des 27-maligen Champions der World Series und war damit dienstältester Klubbesitzer der MLB.

Für die Yankees war der Tod Steinbrenners die zweite traurige Nachricht des Monats. Zuvor war bereits Stadionsprecher-Legende Bob Sheppard kurz vor seinem 100. Geburtstag gestorben. Sheppard war von 1951 bis 2007 die Stimme der Yankees. Noch heute ertönt vor jedem Auftritt von Derek Jeter seine Stimme: "Now batting, the shortstop, #2, Derek Jeter, #2."

Trade-Roundup: Am 31. Juli war Trading-Deadline. Fasst man die Trades der letzten Tage und Wochen zusammen, so kann man resümierend festhalten: Glückwunsch, Rangers! Mit Cliff Lee hat Texas den dicksten Fisch an Land gezogen und sich dazu mit Jorge Cantu (Florida) oder Cristian Guzman (Washington) sinnvoll ergänzt.

Aber auch die Yankees (Lance Berkman aus Houston - Austin Kearns und Kerry Wood aus Cleveland) und Phillies (Roy Oswalt aus Houston) sind signifikant besser geworden.

Statistik: Zunächst der Blick auf die Pitcher. Top in der AL sind aktuell David Price (Rays/14 Siege), CC Sabathia (Yankees/13 Siege) und Carl Pavano (Twins/13 Siege). In der NL dominiert Ubaldo Jimenez (Rockies, 16 Siege) weiter, was die Anzahl der Siege angeht. In Sachen ERA sind aber inzwischen andere besser, allen voran Josh Johnson (Marlins/1.72), Roy Halladay (Phillies/2.21) und Adam Wainwright (Cardinals/2.23). Zum Vergleich: Den besten ERA in der AL haben Cliff Lee (Rangers/2.40) und Andy Pettitte (Yankees/2.88).

Strikeout-Kings der MLB sind aktuell zwei Angel: Jered Weaver und Dan Haren (beide 155 Ks). Die meisten Saves hat Brian Wilson (Giants, 30) auf dem Konto. Den Titel des Homerun-Königs hat wie erwähnt Jose Bautista (31) inne, auf Rang zwei folgt Joey Votto (Reds/27). Der beste Schlagdurchschnitt gehört Rangers-Star Josh Hamilton (.362). In Sachen RBIs führt Miguel Cabrera (Tigers/91) vor Alex Rodriguez (Yankees/85) und Vladimir Guerrero (Rangers/84).

Playoff-Outlook: Über 100 Spiele haben die Teams absolviert - es ist an der Zeit, in Richtung Playoffs zu denken. Nach dem momentanen Stand wären in der AL die Yankees, Rays, White Sox und Rangers für die Postseason qualifiziert. Die Yankees, Rays und Rangers sind ziemlich safe - die White Sox werden sich mit den Minnesota Twins um den Titel in der AL Central streiten.

In der National League ist das Bild viel verschwommener. Es könnte aber auf drei Duelle hinauslaufen. St. Louis vs. Cincinnati, San Diego vs. San Francisco und Atlanta vs. Philadelphia. Müsste SPOX heute einen World-Series-Tipp abgeben, würde er wie folgt heißen: Yankees vs. Giants.

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