Auf den Spuren von Kemba

Point Guard Shabazz Napier gewann gegen Kentucky seine zweite NCAA-Meisterschaft
© getty

UConn-Guard Shabazz Napier hat sich mit dem zweiten NCAA-Titel ein Denkmal gesetzt. LeBron James betreibt bereits Lobby-Arbeit für seine NBA-Karriere. Teamkollege Niels Giffey lässt dagegen alles auf sich zukommen. Den Kentucky Wildcats droht der Zerfall, Coach John Calipari könnte zu den L.A. Lakers gehen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die Vergleiche waren während seiner gesamten College-Zeit allgegenwärtig. Und sie sind es nach dem Titel-Gewinn umso mehr. Shabazz Napier hat die großen Fußstapfen, die sein ehemaliger Teamkollege Kemba Walker ihm hinterließ, mehr als ausgefüllt.

Napier war der überragende Spieler des Finals. Der Point Guard erzielte 22 Punkte, 6 Rebounds und hielt Gegenspieler Aaron Harrison bei gerade einmal 7 Punkten. Natürlich wurde er anschließend zum Most Outstanding Player des Final Fours gekürt.

"Ich will Euch eines sagen, wenn die Leute über Ray, Rip, Ben, Emeka oder Kemba reden, werden sie bald auch Shabazz erwähnen", sagte Ex-Coach Jim Calhoun, der beim ersten Titel Napiers 2011 noch an der Seitenlinie stand.

Ritterschlag von LeBron

Gemeint waren Ray Allen, Rip Hamilton, Ben Gordon, Emeka Okafor und natürlich Kemba Walker. Gestandene NBA-Spieler, die allesamt ihr Handwerk in Connecticut erlernten. Nach vier Jahren in Storrs wird es Napier auch in die beste Liga der Welt ziehen. Im Gepäck jede Menge Vorschusslorbeeren.

Kein Geringerer als LeBron James forderte schon während der Partie: "Auf keinen Fall darf man im Draft irgendeinen Point Guard vor Napier nehmen." Napier ist nur einer von drei Spielmachern, die in einem NCAA-Tournament 125 Punkte, 25 Assists und 25 Rebounds erzielten. Die anderen beiden sind durchaus bekannt: Derrick Rose (2008) und natürlich Kemba Walker (2011).

Doch dass sich die NBA-Teams an die Empfehlung von James halten, ist eher nicht zu erwarten. In den verschiedenen Mock Drafts rangiert Napier aktuell nur zwischen 24 und 46. Als Grund dafür werden ihm mangelnde Führungsqualitäten angedichtet.

Schaut man zurück auf seine Sophomore-Saison, mag das stimmen. Nach dem Abgang von Walker strauchelte Napier durch seine zweite Saison und schaffte es nicht, das Team zu tragen. Zwei Jahre später gibt es keinen größeren Leader im Team. Nachdem Connecticut das AAC-Tournament-Finale verloren hatte, versprach der Guard noch in der Kabine, dass es UConn sein wird, die die Netze beim Final Four in Arlington vom Korb schneiden werden.

Was passiert mit Giffey?

"Ich sah in seine Augen und habe es ihm wirklich geglaubt", sagte der deutsche Senior Niels Giffey. "Er blutet blau, er blutet UConn." Diese gelebte Entschlossenheit wird ihn im Draft sicher einige Plätze nach oben spülen.

Ob dann auch der Name von Giffey genannt wird? Der Swing Man zeigte einmal mehr eine tadellose Leistung und ist nun neben Napier der einzige College-Spieler, der den Titel als Freshman und als Senior gewinnen konnte.

Einen Plan für die anstehende Profi-Karriere hat Giffey noch nicht. "Ich lasse den Sommer jetzt einfach auf mich zukommen und warte ab, welche Türen sich für mich öffnen werden. Dann werde ich mir die für mich perfekte Situation aussuchen", erklärte der Nationalspieler gegenüber dem DBB.

Giffey war einer der wenigen Prospects, die dem College auch nach zwei schlechten Jahren die Stange hielten. In seiner Sophomore-Saison verloren die Huskies in der ersten Runde gegen Iowa State - trotz Jeremy Lamb und Andre Drummond. Coach Calhoun musste seinen Posten im selben Jahr aus gesundheitlichen Problemen niederlegen. Zu allem Überfluss wurde der Uni aufgrund von schlechten Noten die Teilnahme am March Madness 2013 verwehrt.

"Das war schon unglaublich bitter", resümierte Giffey: "Da hat sich herausgestellt, was für Leute du um dich herum hast und wie die Leute ticken. Alle, die hier geblieben sind, haben das gleiche Mindset gehabt, ähnliche Eigenschaften geteilt."

Ungewisse Wildcats-Zukunft

Auch sein Coach Kevin Ollie lobte die Einstellung seines Teams nach all den Unwägbarkeiten: "Sie haben an die Vision geglaubt, bevor irgendwer sie nur sehen konnte. Sie haben auch in schlechten Zeiten zusammengehalten und daran geglaubt, dass es möglich ist." Vielleicht war es gerade die Erfahrung, die den Ausschlag für UConn gab und die Kentucky verlieren ließ.

Die Wildcats stehen vor einer ungewissen Zukunft. Zwar bestand die Starting Five im Finale ausschließlich aus Freshmen, aber vier von ihnen könnten sich bereits im Sommer in Richtung NBA verabschieden.

Coach John Calipari strahlte zwar noch Zuversicht aus: "Ich glaube, all diese Jungs kommen zurück. Deswegen werden wir wieder stark sein." Die anwesenden Journalisten hatten dafür nur ein müdes Lächeln über und auch bei Calipari dürfte dies nicht mehr als Zweckoptimismus gewesen sein.

Power Forward Julius Randle gilt trotz seiner schwachen Leistung im Finale als Lottery Pick. James Young und die Harrison-Brüder Aaron und Andrew könnten ebenfalls in der ersten Runde ausgewählt werden.

Calipari zu den Lakers?

Die Frage dürfte sein, ob sich die Spieler so verabschieden wollen, denn der Charakter der Truppe stimmt. Für Calipari ist es die am besten zu coachende Mannschaft, die er je hatte. Dabei tat er sich anfangs schwer, sich auf den Haufen Highschool-Absolventen einzulassen.

Nach einer überragenden Preseason fiel das Team während der Saison in ein Loch, ging dann nur als 8-Seed ins Turnier und kämpfte sich letztlich bis ins Finale. Jetzt droht Kentucky der nächste Neuaufbau - vielleicht sogar mit neuem Coach.

"Ich habe nie so ein junges Team gecoacht. Nie. Und ich hoffe, ich muss es nicht noch einmal", erklärte Calipari. Die Aussage lässt sich in beide Richtungen interpretieren. Entweder hofft der Trainer wirklich auf einen Verbleib seiner Jungs - oder er plant selbst den Absprung.

Dazu würde passen, dass Ex-Wildcat Rex Chapman vor dem Spiel twitterte, dass Calipari angeblich neuer Lakers-Coach wird. Das NBA-Team dementierte umgehend, aber Chapman blieb bei seiner Aussage. Und auch von Calipari selbst kam zumindest kein klares "Nein". "Die Lakers haben einen Basketball-Trainer. Ich habe den besten Job im Land. Ich werde das nicht kommentieren", sagte er lediglich. Eine Aussage, die Raum für Spekulationen lässt, denn die Lakers könnten bereits in der kommenden Woche ohne Trainer dastehen. Dann endet die Regular Season und wohl auch das Engagement von Mike D'Antoni in Tinseltown.

Probleme, die in Storrs niemand hat. Dort könnte die große Party erst so richtig starten. Das Damen-Team der Uni greift ebenfalls nach dem Titel. Es wäre der NCAA-Sweep seit 2004 - auch damals war es UConn.

Die Final-Four-Spiele beider Teams in der Zusammenfassung

Artikel und Videos zum Thema