"Es ist ein Kopfproblem"

Von Interview: Haruka Gruber
Elias Harris schneidet nach dem West-Coast-Conference-Titel das Netz ab
© getty
Cookie-Einstellungen

SPOX: Sie sind als Senior im vierten und damit letzten College-Jahr. Kommt Wehmut auf?

Harris: Auf jeden Fall, Spokane ist mir ans Herz gewachsen. Hier habe ich viele Freunde und es wurde zu meiner zweiten Heimat. Jetzt kommt der nächste Schritt in meinem Leben - und ich bin froh, wenn ich das Lernen hinter mir habe. (lacht) Auch als Leistungssportler bekommt man nichts geschenkt und ich musste mich ganz schön dahinterklemmen. Aber es ging ja gut: Noch zwei Kurse, bis ich meinen Bachelor im Sportmanagement geschafft habe. Im Sommer beginnt der Ernst des Lebens. (lacht)

SPOX: Erleben Sie den perfekten Abschluss? Sie legen mit 14,9 Punkten und 7,4 Rebounds im Paket die besten Statistiken der Karriere auf und Gonzaga spielt die beste Saison aller Zeiten.

Harris: Definitiv, meine letzte ist die schönste Saison. Über die Jahre bringt man sich eine gewisse Abgezocktheit bei und man weiß, worauf es ankommt und was der Trainerstab von einem erwartet.

Hier geht's zum Bracket von President Obama

SPOX: Was bleibt, sind die Zweifel, ob Sie nun ein Power Forward oder Small Forward sind.

Harris: Ich bin eben ein typischer Tweener, in between zwei Positionen. Ich mache das Beste daraus: Abhängig vom Matchup gehe ich auf die Flügel, wenn mein Gegenspieler größer und kräftiger ist, und wir spielen vier draußen und einer innen. Wenn mein Gegner kleiner und körperlich schwächer ist, suche ich den Weg zum Korb.

SPOX: Die Chancen eines Tweeners, von einem NBA-Team gedraftet zu werden, sind gemeinhin gering.

Harris: Ich werde immer darauf angesprochen. Allerdings mache ich mir nichts daraus. Was bleibt mir anderes übrig? Ich mache einfach das, was der Trainer von mir fordert. Ich mache alles, um der Mannschaft zu helfen. Mehr kann ich nicht machen und so wird meine Rolle als Basketball-Profi aussehen, egal wo ich lande.

SPOX: Denken Sie an die NBA? In einigen Mock Drafts werden Sie in der zweiten Runde gezogen.

Harris: Klar, ich habe den Traum vor Augen. Allerdings gibt es keine Garantien. Daher versuche ich einfach nur, jeden Abend das Beste zu geben. Wenn ich etwas aus der Vergangenheit gelernt habe, dann das: Zu weit vorauszublicken, bringt nichts. Vor allem nach der ersten Saison hatte ich mich etwas zu sehr ablenken lassen von dem NBA-Gerede.

SPOX: Nach einem starken College-Debütjahr erlebten Sie 2010/11 in der zweiten Saison einen ersten Rückschlag, der mit dem Verzicht auf die EM endete. Warum verliefen die letzten Jahre so schwankend?

Harris: Im Nachhinein war die die EM-Absage genau das richtige. In der zweiten Saison wurde ich durch die Schulterverletzung weit nach hinten zurückgeworfen. Aber im Sommer 2011 kurierte ich mich komplett aus, konnte mich im dritten Jahr wieder an die Bestform annähern und ernte jetzt im vierten Jahr die Früchte der Arbeit.

SPOX: Gab es vor dieser Saison ein Schlüsselerlebnis?

Harris: Kein spezielles Schlüsselerlebnis. Es war mehr ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Wie in jedem Sommer kamen die Ex-Studenten Adam Morrisson, Austin Daye oder Jeremy Pargo zurück zu Gonzaga und wir trainierten gut zusammen. Außerdem nahm ich unter anderem an der Kevin Durant Skills Academy in Chicago und an der LeBron James Skills Academy in Las Vegas teil, wo ich mich mit den besten College-Spielern messen konnte. Und das vor zig NBA-Scouts und unter Betreuung von NBA-Coaches. Das hat mir wahnsinnig viel gebracht. Das Niveau war extrem hoch, dennoch hielt ich sehr gut mit im direkten Duell mit Spielern wie Mason Plumlee von Duke. Da sah ich, dass ich auf dem gleichen Level bin.

SPOX: Zum Warnsignal für NBA-Scouts könnte Ihr Wurf werden. Warum treffen Sie dieses Jahr nur 15,9 Prozent der Dreier? Das könnte für Ihre NBA-Aussichten fatal sein.

Harris: Ich warf immer so um die 40 Prozent. Keine Ahnung, woran das liegt. Ich glaube, ich denke zu viel nach. In den ersten Spielen lief es noch ganz gut, daraufhin kam eine schlechtere Phase und seitdem grübele ich. Ich muss wieder anfangen, mich zu entspannen und den Ball einfach fliegen zu lassen.

SPOX: Die schwache Dreierquote ist demnach kein Ausdruck einer instabilen Wurftechnik?

Harris: Nein, die Technik stimmt. Es ist ein Kopfproblem. Ich muss weiter werfen und das umsetzen, was mir im Training gelingt. Da fallen die Würfe.

SPOX: Wäre die Teilnahme an der Summer League nicht interessant, um sich den NBA-Teams anzubieten und Zweifel zu beseitigen?

Harris: Ich mache mir keine weiteren Gedanken. Ich bin gerade voll im March Madness. Und danach ist alles möglich, egal ob in den USA oder in Europa.

SPOX: Nach der EM-Absage 2011 nahmen Sie auch 2012 an der EM-Quali nicht für Deutschland teil. Es gab Vermutungen, dass mehr dahinterstecken könnte. Würden Sie für Ihre NBA-Aussichten erneut dem DBB einen Korb geben?

Harris: Die Vermutung ist komplett falsch. Ich musste im letzten Sommer an der Uni einige wichtige Kurse nachholen, daher wollte ich mich auf die Summer School konzentrieren. Es hatte nichts mit der Bereitschaft zu tun, für Deutschland zu spielen. Um das klarzustellen: Ich habe weiterhin hundert Prozent Lust, für den DBB aufzulaufen. Bundestrainer Frank Menz war ja schon in Spokane zu Besuch. Wenn es mit der Nominierung für die EM 2013 klappt, würde ich mich super freuen. Zwar ist Dirk Nowitzki nicht mehr dabei, doch wir haben eine junge Truppe am Start, mit der es bestimmt riesigen Spaß macht. Ich verfolge aus der Entfernung mit großer Freude, was in Deutschland entsteht und wie sich die Talente weiterentwickeln.

Vorschau zur March Madness: "Erwartet das Unerwartete"

Artikel und Videos zum Thema