NBA

Dirk Nowitzki lädt zum Freakshow-Spektakel

Von Haruka Gruber
Beim Preseason-Auftakt gegen Orlando (105:110) lieferte Nowitzki 23 Punkte für Dallas
© Getty

Dirk Nowitzki wird zum Donnergott, ein Exzentriker-Trio und viel Spektakel: Die Dallas Mavericks sind kaum mehr wiederzuerkennen. Es gibt zahlreiche Hoffnungsträger, darunter sogar der "französische Usain Bolt" namens Rodrigue Beaubois.

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Es war ein ungewohntes Bild, das Dirk Nowitzki abgab. Dass der Power Forward der Dallas Mavericks alle paar Wochen mit teils gewöhnungsbedürftigen Frisuren auftritt, ist bekannt. Doch sein Äußeres beim ersten Preseason-Spiel gegen Orlando war dann doch überraschend.

Lange Zottel-Haare, provisorisch zusammengehalten von einem blütenweißen Stirnband - kein Wunder, dass er vom Fachmagazin "Dime" prompt als "eine seltsame Version des Donnergottes Thor" bezeichnet wurde.

Doch nicht nur optisch ist in dieser Saison vieles neu bei Nowitzki. Er nahm im Vergleich zum letzten Jahr von rund 116 auf 110 Kilogramm ab - und: Er spielt in einer Mannschaft, die so vielseitig und athletisch besetzt ist wie vielleicht noch nie in der Geschichte der Mavs.

Das ist die neue Mavs-Philosophie

Das Motto des früheren Rap-Duos "Rödelheim Hartreim Projekt" lautete "Höher, schneller, weiter". Die neue Philosophie der Mavs lautet: Athletischer, variabler, selbstbewusster.

Statt einen zweiten Superstar neben Nowitzki zu verpflichten, erfand sich Dallas in der Offseason lieber neu. Das Konzept mit dem geduldigen, teils langweiligen Setplay unter Avery Johnson und phasenweise auch unter Rick Carlisle in der vergangenen Saison ist gescheitert, stattdessen soll Dallas über das Spektakel zum Erfolg kommen.

Sollten die Neuzugänge tatsächlich so einschlagen wie von den meisten Experten erwartet, könnte aus den Mavs in der Tat eine athletische Freakshow werden. "Jedes Jahr haben sechs bis sieben Teams die Chance auf die Finals. Und wir gehören dazu", sagt Drew Gooden.

Das sind die neuen Mavs-Spieler

Shawn Marion (F): Talentiert, aber exzentrisch. Bis vor drei Jahren einer der besten zehn NBA-Spieler. Verlor aber seine Motivation, machte Ärger und verkam in Miami und Toronto zum Rollenspieler. Wirkt jedoch in Dallas wesentlich fokussierter. Wenn er nur ansatzweise sein Talent anzapft, ist Dallas um zwei Klassen besser als letztes Jahr. Sein Spitzname wegen der fast unmenschlich anmutenden Athletik: The Matrix.

Drew Gooden (C/F): Talentiert, aber exzentrisch, Teil II. Ungemein begabt, kann aus fast allen Situation punkten und sich am Korb selbst den Wurf kreieren, zudem mit ordentlicher Defense. Mit mehr Konstanz wäre er längst All-Star. Bekannt für seine begrenzt spaßigen Bart- und Frisurvarianten.

Quinton Ross (SG): Wurde als Defensiv-Terrier geholt und soll den besten Scorer des Gegners stoppen. Ausgestattet mit einem passablen Wurf. Ersetzt in der Rotation Antoine Wright. Urteil: Ross ist ein Upgrade.

Tim Thomas (F): Talentiert, aber exzentrisch, Teil III. Vielseitig, beherrscht fast alle Facetten des Basketballs, hat in seiner Karriere bereits alle fünf (!) Positionem gespielt. "Und seine Defense wird unterschätzt", so Mavs-Boss Mark Cuban. Hat aber ähnlich wie Gooden Probleme mit der Beständigkeit.

Kris Humphries (PF): Eigentlich nur eine Beigabe beim Marion-Deal, ist er überraschend der Gewinner der Vorbereitung. Soll mit seiner uneigennützigen, kraftvollen und intelligenten Spielweise Brandon Bass vergessen machen.

Rodrigue Beaubois (PG): Französischer Rookie, ist fest im Kader eingeplant. Ist laut Jason Terry "fast so schnell wie Usain Bolt".

Nathan Jawai (C): Besetzt Ryan Hollins' Planstelle in der Big-Man-Rotation. Soll Fouls sammeln und die Drecksarbeit erledigen.

Matt Carroll (SG): Bereits letzte Saison verpflichtet, dennoch mehr oder weniger ein Neuzugang. Nach Augen-Laser-OP im Sommer endlich in Vollbesitz der Sehkraft. Hat als einzig echter Scharfschütze des Teams eine große Verantwortung.

Das ist die neue Mavs-Rotation

Die größte Stärke der Mavs wird ihre Variabilität sein. Dank Marion, Thomas und Gooden, der mit Erick Dampier um die Starting-Center-Position kämpft, kann Dallas auf jeden Gegner und jede Spielsituation reagieren. Nur einige Beispiele:

Defense stärken: Erick Dampier, Nowitzki, Marion, Josh Howard, Jason Kidd

Offense stärken: Nowitzki, Marion, Howard, Terry, Kidd

Run'n'Gun: Nowitzki, Marion, Terry, Beaubois, J.J. Barea

Große Aufstellung: Dampier, Gooden, Nowitzki, Thomas, Kidd

Kleine Aufstellung: Marion, Howard, Terry, Barea, Kidd

Distanzwürfe: Nowitzki, Gooden, Thomas, Carroll, Terry

"In einigen Situation wird es so sein, dass wir überhaupt keine richtigen Positionen haben werden. Alles wird fließend sein", so Marion.

Das ist der neue Dirk Nowitzki

In der NBA gilt es mittlerweile als Mantra, dass man mindestens zwei, wenn nicht drei Superstars benötigt, um den Titel zu gewinnen. Dallas hält davon offenbar nichts und setzt lieber auf einen tiefen Kader - und auf Dirk Nowitzki.

Durch den Paradigmenwechsel hin zum attraktiven und athletischen Offensivbasketball muss aber auch Nowitzki seinen Stil ändern. Statt wie in den letzten Jahren fast ausschließlich als Power Forward aufzulaufen, wird er auch einige Minuten auf der Center- und womöglich sogar auf der Small-Forward-Position aushelfen. Stichwort Unberechenbarkeit.

Um vor allem in Korbnähe gegen kleinere Gegenspieler nicht nur auf seinen Fadeaway angewiesen zu sein, lud Carlisle eigens seinen Ex-Mitspieler Kevin McHale ein. McHale, in den 80er Jahren einer der besten Scorer in Brettnähe, gab Nowitzki einige Tipps.

"Ich werde mich je nach Situation und Aufstellung anpassen. Wenn ich mit Dampier spiele, werde ich eher von draußen agieren und Dreier nehmen, wenn Marion oder Howard zum Korb ziehen und Platz für mich schaffen. Wenn Gooden und Humphries auf dem Parkett stehen, gehe ich mehr in den Post", sagt Nowitzki.

Carlisle warnt die Konkurrenz: "Wenn alles so klappt wie geplant, wird Dirk viele offene Würfe bekommen."

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