NBA

Der meistgehasste Psychopath

Von Hansjürgen Mai
Tyler Hansbrough gewann 2009 mit North Carolina die Meisterschaft im College-Basketball
© Getty

Vier Jahre lang dominierte Tyler Hansbrough zusammen mit seinen North Carolina Tar Heels den College-Basketball. Zwei Final-Four-Teilnahmen und die Nationale Meisterschaft 2009 waren das Ergebnis. Doch die Herzen der Fans konnte er nie erobern.

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Seit dem 25. Juni ist Tyler Hansbrough NBA-Profi. Die Indiana Pacers wählten den 2,06 Meter großen Power Forward an 13. Stelle des NBA Drafts 2009.

In der Orlando Summer League zeigte Hansbrough in fünf Spielen eine hervorragende Leistung und kam im Schnitt auf 18,2 Punkte und 5,6 Rebounds. Trotzdem musste sich "Psycho T" von den Zuschauern beschimpfen lassen: "Fuck­­ you, Hansbrough!" Oder auch: "Hansbrough you suck!"

Der 23-Jährige aus Poplar Bluff im US-Bundesstaat Missouri gilt als der meistgehasste Spieler in den USA. Aber warum? Wie kam es dazu? Auf den ersten Blick ist es nicht zu verstehen.

In vier Jahren an der University of North Carolina erzielte Hansbrough im Schnitt 20,3 Punkte und pflückte acht Rebounds. Er war ohne jeden Zweifel das Aushängeschild einer der besten Mannschaften im College-Baskeball. Er war effizient, er spielte hart, er war alles in allem ein hervorragender Basketballspieler.

Der Vorzeigeathlet

Er war genau so, wie man sich einen College-Spieler vorstellt. Jemand, der die Collegezeit voll ausnützt, Bildung zu schätzen weiß, täglich an sich arbeit und auch abseits des Courts als Vorbild fungiert - und trotzdem ist er einer der meist verachteten Spieler. Seltsam.

"Das ergab für mich noch nie einen Sinn, wieso sollte man Tyler Hansbrough hassen? Man kann sich über seinen Spielstil streiten, aber sonst gibt es an Tyler absolut nichts zu hassen", sagt UNC-Coach Roy Williams.

Spielstil ist ein gutes Stichwort. Hansbrough spielen zu sehen, ist weder unterhaltsam noch ästhetisch schön. Es ist hässlich. Hansbroughs Spiel besteht nur aus Körpereinsatz, den Gegner unter dem Korb wegschieben und punkten.

Wenn man dagegen einem Spieler wie No.1-Pick Blake Griffin zusieht, fallen einem oft Worte ein wie "Wow" oder "Unglaublich". Oder ein "Hast du das gesehen?" bricht aus einem heraus. Wann war das letzte Mal, dass man so etwas über Hansbrough sagen konnte?

Roboter Hansbrough

Ein wichtiger Aspekt, um sich als Basketballspieler bei den Fans Respekt zu verschaffen, fehlt Hansbrough komplett: Die eigenen Fähigkeiten im Fernsehen zu präsentieren. Hansbrough ist auf dem Spielfeld wie ein Roboter in der Fabrik: effizient, rücksichtslos effektiv und zutiefst deprimierend anzusehen.

Doch das alles ist nicht der Grund, warum die Fans ihn hassen. Der wirkliche Grund, warum so viele Leute Tyler Hansbrough nicht ausstehen können, ist viel einfacher. Die Menschen mögen ihn nicht, weil die US-Medien ihn lieben.

Egal ob Fernsehsender oder Zeitschriften, jeder liebt ihn. In den letzten drei Jahren ist uns immer wieder gesagt worden, dass Hansbrough der beste Big Man im College-Basketball sei, dass er einer der besten College-Spieler aller Zeiten sei, dass sein Spiel keine Schwächen habe und noch vieles mehr.

Übers Ziel hinausgeschossen

Diese Übertreibungen kannten keine Grenzen. Selbst als gesagt wurde, dass Hansbroughs Spiel für die NBA nicht geeignet sei, schalteten sich die Medien ein und versuchten diesen Fakt zu widerlegen.

Durch diese Übertreibungen wurden Hansbroughs wirkliche Leistungen in den Schatten gestellt. Ja, er ist ein guter Spieler und ja, er hat sich die unzähligen Auszeichnungen redlich verdient.

Aber er gehört definitiv nicht zu den größten Basketballspielern, die jemals gespielt haben. Wenn man konstant über das Ziel hinausschießt, wenn man beginnt Sachen zu erzählen, die nicht mit dem Fernsehbild der Zuseher übereinstimmen, untergräbt man das ganze Vorhaben.

Bei den Fans entstand durch diese Diskrepanz eine Abscheu gegenüber Hansbrough. Es ist sehr schade, dass dadurch laut Statistik einer der besten College-Spieler aller Zeiten nicht den nötigen Respekt der Fans erhält. Denn wie Roy Williams richtig gesagt hat: "Es gibt an Tyler Hansbrough nichts zu hassen."

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