NBA

Mit Gottes Hilfe in die NBA

Von Interview: Haruka Gruber
Die große Bühne, direkt vor Jacobs Haustür: Das Staples Center der Los Angeles Lakers
© Getty

Es ist eine dieser Storys, die nur der Sport schreibt. Leon Jacob wuchs im gefährlichsten Viertel von Los Angeles auf, ging zu einem zweitklassigen College, wurde daraufhin von der NBA ignoriert - und wechselte anfangs des Jahres zum Münchner Bezirksligisten MTSV Schwabing, um über die siebte Liga Deutschlands doch den Sprung in die NBA zu schaffen. Ein  Interview über Gott, Trevor Ariza und ein Starkbier-Fest.

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SPOX: Dieses Jahr ließen Sie sich auf die Early Entry List des Drafts setzen. Muss man optimistisch oder verzweifelt sein, um als 24-jähriger Siebtligaspieler auf einen NBA-Job zu hoffen?

Leon Jacob: Weder noch. Es geht darum, eine Chance zu ergreifen - und wenn durch diesen Schritt mein Name etwas bekannter wird, ist immerhin schon etwas gewonnen. Natürlich weiß ich, dass die Chance auf die NBA nicht so groß ist, aber ich arbeite weiter an mir, spiele den Sommer über in der Summer League und irgendwann wird es klappen.

SPOX: Woher kommt die Zuversicht?

Jacob: Weil ich weiß, dass ich in der NBA mithalten kann. Derzeit trainiere ich beispielsweise jeden Tag zusammen mit NBA-Profis wie Golden States Marcus Williams, Bostons Gabe Pruitt und Washingtons Nick Young, um uns auf die neue Saison vorzubereiten. Ich bin mit den Jungs aufgewachsen, habe die Entwicklung über die Jahre miterlebt und sehe aus erster Hand, dass auch ich das Zeug für die NBA habe.

SPOX: Warum hat es noch nicht geklappt?

Jacob: Es hängt einzig und allein davon ab, ob man Glück oder Pech hat. Die anderen bekamen die Möglichkeit, auf ein gutes College zu gehen - und sind auf einmal NBA-Champion wie mein Kumpel Trevor Ariza, mit dem ich während der Highschool-Zeit immer auf dem Streetball-Platz abgehangen habe. Ich hingegen erhielt trotz guter Schulleistungen nur ein Angebot eines Division-II-Teams und war dementsprechend nicht im Fokus der NBA-Scouts.

SPOX: Stattdessen sind Sie im Januar in München gelandet, wo Sie als Point und Shooting Guard den Bezirksligisten MTSV Schwabing mit 40,1 Punkten und über zwölf Assists pro Spiel im Alleingang vor dem Abstieg gerettet haben. Wie kam der kuriose Wechsel zustande?

Jacob: Der Bruder von Schwabings Coach Marc-Joe Wenger lebt in Los Angeles, zudem betreut ein Bekannter von ihm in L.A. ein Summer-League-Team, bei der ich dabei war, und so drang es bis zu Marc-Joe durch, dass ich vertragslos war und Lust hatte, in Europa zu spielen.

SPOX: Wie wichtig war Geld?

Jacob: Überhaupt nicht. Mir wurde die Wohnung bezahlt, zudem bekam ich etwas Taschengeld, mehr nicht. Mir war es wichtig, dass der Klub es so organisiert hat, dass ich beim Zweitligisten FC Bayern München mittrainieren konnte, damit ich in Form bleibe. Bei Schwabing gibt es ja nur zweimal die Woche Training. So konnte ich gleichzeitig Basketball spielen, Deutschland kennen lernen und das bayerische Leben genießen.

SPOX: Und? Wie schmeckte Ihnen Weißwurst und Weißbier?

Jacob: Das war nicht so meine Sache, ansonsten habe ich aber eine wundervolle Zeit erlebt. Ich habe Schloss Neuschwanstein gesehen, die Frauenkirche, einmal waren wir sogar beim Starkbier-Fest auf dem Nockerberg, wobei mir eine Maß schon gereicht hat. Es war wahnsinnig nett in Deutschland.

SPOX: Sie stammen aus South Central, dem berüchtigsten Viertel von Los Angeles. Wie anders ist München?

Jacob: So groß sind die Unterschiede gar nicht - außer zwei Dinge: In München ist das Wetter nicht so gut, dafür gibt es nicht so viele Verbrecher (lacht).

SPOX: Wie kann man sich South Central vorstellen?

Jacob: Wenn man in South Central aufwächst, wo es so viele Berührungspunkte zur Kriminalität gibt, besteht immer die Gefahr abzurutschen. Vor allem, wenn die Familie nicht so wohlhabend ist. Aber meine Mutter hat auf mich aufgepasst, zudem hat mein Jugendtrainer dafür gesorgt, dass ich nicht auf die falsche Bahn gerate. Andererseits darf man die Herkunft auch nicht nur negativ sehen: Durch das Leben in South Central habe ich gelernt, dass man härter arbeiten muss als andere, um es zu schaffen.

SPOX: Härter arbeiten hat bisher aber nicht gereicht, um es in die NBA zu schaffen.

Jacob: Ich glaube an Gott und gehe dementsprechend häufig in die Kirche, wo ich darum bete, dass sich mir endlich eine ähnliche Gelegenheit auftut wie bei meinen Kumpels aus L.A., die mittlerweile in der NBA spielen. Und wenn nicht, mache ich das Beste aus der Situation. Vielleicht komme ich schon bald nach Deutschland zurück. Wie ich höre, sind einige Bundesligisten interessiert.

Video: So hat Leon Jacob in der Bezirksliga dominiert