NBA

Ein Junkie entscheidet die Finals

Von Haruka Gruber
Lamar Odom (l.): Zwar nicht in der Starting Five, dennoch der X-Faktor der Lakers
© Getty

Kobe Bryant und Dwight Howard sind die Superstars, den Ausgang der Finals bestimmen aber die Rollenspieler. Einer ist süchtig, einer ist unreif - und einer eine Streetball-Legende. 

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Die Liste ist schier unendlich. Gummibärchen, Honighörnchen, Gelee-Bohnen, Fruchtbonbons, Schokoriegel, Schokotafeln, Kekse, Pralinen und noch viel mehr.

Vor dem Auftakt der NBA-Finals gegen die Orlando Magic sprach Lakers-Star und Zucker-Junkie Lamar Odom  erstaunlich offenherzig über seine ungesunde Essgewohnheit. Selbst mitten in den Playoffs könne er sich nicht zurückhalten und müsse sich mit Süßem vollstopfen, gestand er.

Aber, so betont Odom, sei genau dies der Grund für seine guten Leistungen in den entscheidenden beiden Siegen in der Runde zuvor gegen Denver: "Ich habe vor den Partien zum Frühstück Süßigkeiten gehabt. Deswegen habe ich zweistellig gepunktet."

Odom als entscheidender Faktor

Für den Psychologen Dr. Daniel Amen ist der zuckerhaltige Speiseplan jedoch die wahre Ursache für Odoms seit Jahren eklatante Inkonstanz. "Zucker pusht zunächst auf, danach erlebt man aber einen heftigen Crash. Du wirst müde und das Gehirn arbeitet nicht mehr richtig. Deswegen trifft Odom nicht immer die klügsten Entscheidungen auf dem Parkett", sagt Amen - und sorgt damit für Alarm in L.A.

Denn die Lakers bauen in der Final-Serie gegen die ähnlich starken Magic in einem erheblichen Maß auf Odom. Ob nun mit oder ohne Gummibärchen. Der Head-to-Head-Vergleich.

Point Guard


PunkteReboundsAssistsStealsTurnover
Derek Fisher (Lakers)
7,1
1,8
2,40,91,2
Rafer Alston (Magic)
12,7
2,54.4
1,6
1,8

Ein Duell in Vergangenheitsform: Der eine war einst ein begnadeter Clutchshooter (Fisher), der andere ein legendärer Streetballer (Alston). Die Gegenwart hingegen ist bitter, zumindest für Fisher. In den Playoffs ging sein Punkt-, Rebound-, Assist- und Stealschnitt runter, dafür sein Turnover- und Foulschnitt hoch. Dramatisch sein Einbruch bei der Dreierquote (von 40 auf 23,5 Prozent).

Aber: Bei den beiden Regular-Season-Niederlagen gegen Orlando war Fish noch einer der besten (18,0 Punkte und 4,0 Assists), zudem hängt der Playoff-Erfolg der Lakers nicht unwesentlich von seiner Treffgenauigkeit ab. Die Bilanz, wenn Fisher zweistellig scort: 5-0. Die Bilanz, wenn Fisher weniger als 8 Punkte erzielt: 0-3.

Dennoch: Gegenspieler Alston ist schneller, jünger und schlicht besser. Nach Nelsons Verletzung nur als Notnagel verpflichtet, erfüllt Alston im Rahmen seiner Fähigkeiten die Erwartungen und verteidigt sogar recht ordentlich. Obwohl Fisher deutlich erfahrener ist: Vorteil Orlando.

Shooting Guard


PunkteRebounds
Assists
Steals
Dreierquote
Kobe Bryant (Lakers)
29,65,3
4,9
1,7
34,6 Proz.
Courtney Lee (Magic)
8,8
2,0
1,6
1,0
30,3 Proz.

Auf dem Papier, auf dem Parkett, egal wo: Kobe ist zwei Klassen besser als Lee, der als Rookie eine gute erste Saison spielt, nichtsdestotrotz damit überfordert sein dürfte, Black Mamba zu zähmen. Nachdem sich Bryant in den ersten beiden Runden mit dem Scoren eher zurückgehalten hatte, schenkte er im West-Finale Denver 34 Punkte im Schnitt ein.

Mit Backup Pietrus bildet Lee zwar eines der besten Defense-Gespanne auf den Swingman-Positionen, aber für Kobe ist das zu wenig. Klarer Vorteil Lakers.

Small Forward


PunkteRebounds
Assists
Steals
Dreierquote
Trevor Ariza (Lakers)11,4
3,7
2,6
1,5
50,0 Proz.
Hedo Turkoglu (Magic)15,2
4,5
5,1
0,7
37,3 Proz.

Wäre die NBA-Welt fair, Ariza müsste von den Fans angehimmelt werden. Er kümmert sich bei den Lakers um die unangenehmen Dinge, verteidigt den besten gegnerischen Scorer und trifft zudem noch sehr manierlich von Downtown (seine Dreierquote in der Regular Season betrug noch 31,9 Prozent). Als bester One-on-One-Defender wird er sich vorwiegend um Turkoglu kümmern. Nur: Ariza ist 5 cm kleiner als der Türke, so dass sich womöglich Odom um Turkoglu kümmern muss.

Mit seiner Größe, seinem weichen Jumper und den überragenden Passfähigkeiten (6,7 Assists gegen Cleveland) ist der Türke ein wandelnder Mismatch-Albtraum - sofern sein Wurfgefühl nicht rumzickt. Seine Wurfquote in den letzten fünf Cleveland-Spielen in Prozent: 25 / 56 / 38 / 9 / 53 / 36. Trotz Turkoglus Schwankungen: Vorteil Orlando.

Power Forward


PunkteRebounds
Assists
Blocks
Wurfquote
Paul Gasol (Lakers)
18,2
11,3
2,62,057,4 Proz.
Rashard Lewis (Magic)
19,4
6,1
2,60,746,0 Proz.

Gasol verkörpert wie kein anderer bei den Lakers den Mentalitätswechsel während der Nuggets-Serie. Zunächst zu soft und mit mangelndem Teamplay, lieferte Gasol in den letzten drei Partien gegen Denver 9 Blocks sowie 14 Assists. Stark: In den Playoffs verdoppelte er seinen Blockschnitt. Seine Länge, gepaart mit seiner Schnelligkeit, macht ihn zum idealen Verteidiger für Lewis, der sich bevorzugt an der Dreierlinie aufhält und jeden offenen Wurf nimmt.

Gegen Cleveland war es das richtige Rezept, Gasol jedoch ist flink genug, um Lewis in Schach zu halten und in der Zone gegen Howard phasenweise auszuhelfen. Auch weil Lewis trotz seiner 2,08 Meter ein mieser Rebounder ist: Vorteil Lakers.

Center


PunkteRebounds
Assists
Blocks
Wurfquote
Andrew Bynum (Lakers)
6,3
3,6
0,4
1,0
48,9 Proz.
Dwight Howard (Magic)
21,7
15,4
1,8
2,2
62,2 Proz.

Es hätte ein zukunftsweisendes Duell werden können. Das 21-jährige Center-Supertalent (Bynum) gegen das 23-jährige Center-Urvieh (Howard). Der Haken: Während sich Howard in den Playoffs endgültig zum dominierendsten Spieler der NBA etabliert hat, spielt der sichtlich unreife Bynum nur eine Statistenrolle.

Oder anders formuliert: Während sich Howard in der Postseason in allen wichtigen Kategorien verbesserte und sogar von der Freiwurflinie ungewohnt gut trifft (70,1 Prozent gegen Cleveland), hat sich Bynum eher zurückentwickelt. In 16,9 Minuten pro Schnitt hat er in keiner Partie mehr als 14 Punkte oder 7 Rebounds erzielt. Eklatant: Bei den beiden Pleiten gegen die Magic griff sich Bynum insgesamt nur 4 Rebounds ab (Howard: 32).

Bynum muss sich steigern und Howards Foulanfälligkeit (4,6 Fouls) ausnutzen, sonst sind die Lakers chancenlos - zumal Gasol zu schmächtig ist, um Howard über eine längere Zeit zu verteidigen. Klarer Vorteil Magic.

Bank


CenterPF
SF
SG
PG
Lakers
J. Powell
L. Odom
L. Walton
S. Brown
J. Farmar
Magic
M. Gortat
T. Battie
M. PietrusJ.J. Redick
A. Johnson

Beide Teams verfügen nicht über eine tiefe Bank, eher besticht sie durch Klasse. Bei den Backup-Guards ist es ein Nullsummen-Spiel. Brown und Redick sind beides gute Distanzschützen, mehr nicht. Farmar und Johnson sind ordentliche Spielmacher, mehr nicht. Den Unterschied macht der Frontcourt aus. Von Powell bzw. Battie abgesehen, haben die Rollenspieler beider Teams Starter-Qualität.

Mit einem Unterschied: L.A. setzt auf Vielseitigkeit, Orlando auf Spezialisten. Center Gortat holt Rebounds und trifft hochprozentig (Playoffs: 73,0 Prozent), bei seinem einzigen Playoff-Spiel in der Startaufstellung als Howard-Ersatz lieferte er 11 Punkte, 15 Rebounds sowie 4 Steals. Swingman Pietrus verteidigt exzellent, trifft den Dreier (39,3 Prozent) und scort zuverlässig (10,5 Punkte).

Bei den Lakers übernehmen Odom und Walton hingegen mehrere Rollen. Beide sind extrem variabel und können drei Positionen spielen. Walton hat einen hohe Basketball-IQ, Odom die nötige Größe, um Turkoglu, Lewis und für wenige Minuten auch Howard die Stirn zu bieten. 12,0 Punkte, 51,9 Prozent Wurf- und Dreierquote, 9,5 Rebounds sowie 1,4 Blocks deuten nur an, wozu er in der Lage ist. Sollte Odom seinen Zuckerkonsum gut vertragen: Vorteil Lakers.

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