NBA

Auf den Spuren von Mount Mutombo

Von Philipp Dornhegge
Der Birdman Chris Andersen ist - gemessen an Talent und Einsatzwillen - ein Typ wie Dennis Rodman
© Getty

Die amerikanische Sportpresse huldigt Chris Andersen. Der Birdman wird wegen seiner starken Defense gegen Dirk Nowitzki in Spiel eins gefeiert. Dabei hat er einen langen Weg hinter sich.

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Er ist kein Go-to-Guy, kein Topscorer und schon gar kein schillernder Superstar. Naja, schillernd irgendwie schon. Denn Chris Andersen entspricht so gar nicht der Idealvorstellung eines NBA-Spielers, einer Person, die sauberen Sport anbietet und auf dem Parkett genauso ein Vorbild für die Jugend darstellt wie außerhalb der Sporthallen.

Vielmehr fällt der Birdman, wie sich Andersen selbst nennt, durch zahlreiche Tattoos auf, durch eine wilde Frisur und eine noch wildere Spielweise.

In Spiel eins der zweiten Playoff-Runde gegen die Dallas Mavericks warf der 2,08m-Mann all seine Qualitäten in die Waagschale. Andersen rannte, kämpfte, biss und  kratzte, mit Vorliebe gegen Dirk Nowitzki, den er mit seiner physischen Spielweise zur Weißglut trieb.

Andersen schnuppert an Mutombos Rekord

"Wenn man Dirk machen lässt, dann trifft er jeden Wurf. Man muss ihn frustrieren, ihm auf den Füßen stehen, und ihn zwingen, zum Korb zu ziehen", erklärte Andersen sein Erfolgsgeheimnis.

Nowitzki erzielte zwar 28 Punkte und 10 Rebounds, die aber meist gegen Kenyon Martin. Zudem konnten sich auch die Zahlen des Birdmans sehen lassen: Mit 11 Punkten gab es einen Karrierebestwert in den Playoffs, dazu strich Andersen 6 Rebounds ein und verbuchte 6 Blocks - die meisten bei den Nuggets, seit ein gewisser Dikembe Mutombo 1994 einmal sieben Würfe blockte.

Hinzu kam, dass Andersen mit einem Plus-Minus-Verhältnis von +28 der beste Nugget war - und das in nur 28 Minuten. "Also das ist eine Statistik, die mir gefällt", musste Andersen sogar selbst schmunzeln.

Von Chauncey Billups geadelt

Vor dem Beginn der Serie hatte Nuggets-Forward Martin noch getönt, dass er Nowitzki im Eins-gegen-Eins verteidigen wolle - nach dem ersten Spiel ist klar, dass dies nur Andersen gelungen ist.

Denvers Leitwolf Chauncey Billups kommentierte dessen Leistung lapidar: "Chris hat wie immer gespielt." Ein Ritterschlag durch den ehemaligen Finals-MVP? Nicht so schlecht für einen, den zu Beginn seiner Karriere niemand beachten wollte.

Chris Andersen spielte Basketball an der University of Houston und am Blinn College, wurde beim Draft 1999 aber übergangen. Er musste sich also einen Klub abseits der NBA suchen und landete in China, wo er ein Jahr für Jiangsu Nagang auflief.

Erst über New Mexico Slam und die Fargo-Moorhead Beez, Teams aus zwei unterklassigen Ligen Nordamerikas, gelang es Andersen, sich in der Summer League 2001 für ein NBA-Engagement zu empfehlen. Die Denver Nuggets nahmen den damals 24-Jährigen unter Vertrag.

Sperre nach Drogenmissbrauch

Die ersten drei Jahre in der NBA blieb Andersen ein nur sporadisch genutzter Rollenspieler, der auf gerade einmal vier Punkte im Schnitt kam und als spielerisch sehr limitiert galt. Allerdings machte er sich schnell einen Namen als guter Shotblocker und Help Defender.

In dieser Zeit ließ sich Andersen die Haare wachsen und mehr und mehr Tattoos stechen. So wurde aus dem unscheinbaren Weißbrot ein schriller Rockstar, der abseits des Platzes übrigens gern Fischen geht, Filme mag und Videospiele spielt. Zudem ist Andersen sozial sehr aktiv und unterstützt zahlreiche Stiftungen.

Deshalb kam es eigentlich völlig überraschend, als der heute 30-Jährige 2006 bei einem Drogentest durchfiel und für zwei Jahre gesperrt wurde. Welche Drogen Andersen konsumiert hatte, ist nicht bekannt, aber so viel ist sicher: Bei Marihuana-Missbrauch wird niemand für mehrere Jahre aus dem Verkehr gezogen.

Andersen zweitbester Shotblocker der Liga

Viele Experten waren sich nach dieser Geschichte sicher, dass das Kapitel NBA für Andersen beendet ist. Doch weit gefehlt: Der Birdman hielt sich fit, bat bei der Liga immer wieder um Gnade und wurde 2008 tatsächlich wieder für den Spielbetrieb zugelassen.

Für läppische 750.000 Dollar unterschrieb Andersen schließlich erneut bei den Denver Nuggets, dem Team, das ihn einst in die NBA holte. "Für das Geld hätte ich zu jedem Team gehen können. Aber ich wollte nur nach Denver", erklärte er damals.

Andersen zahlt das in ihn gesteckte Vertrauen in dieser Saison doppelt und dreifach zurück. Längst ist er eine feste Größe in der Rotation der Nuggets, mit 2,4 Blocks liegt er auf Rang zwei in der NBA hinter Orlandos Dwight Howard - und das als Bankspieler.

Nowitzki muss sich umstellen

Andersen ist schnell, sprunggewaltig und gibt nie auf. Die Fans im Pepsi Center lieben den Birdman, der, wann immer er ins Spiel kommt, sofort für Feuer sorgt.

Den Gegnern dagegen ist er ein Dorn im Auge. Nowitzki ist nicht der Erste, dem er mit seiner Defense den Schneid abkaufen konnte. Dabei ist auffällig, dass er trotz seiner aggressiven Spielweise nur selten dumme Fouls begeht.

Nur vier Freiwürfe für Nowitzki nach Fouls zeigen, dass Andersen alles richtig gemacht hat. Der Superstar der Mavs muss sich etwas einfallen lassen, will er eine zweite bittere Pleite seines Teams verhindern.

Denn eins ist klar: Denver wird auch in Spiel zwei mit ungeheurer Energie spielen und versuchen, den Gegner in Grund und Boden zu fighten. Birdman Andersen wird schon dafür sorgen.

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