NBA

"Ihr Sohn ist ein Verbrecher und Drecksack"

Von Oliver Wittenburg
Mavs-Besitzer Mark Cuban kam diesmal wie durch ein Wunder ohne Strafe davon
© Getty

Dallas liegt gegen Denver eigentlich aussichtlos zurück. Dennoch herrscht vor Spiel fünf große Anspannung. Schuld ist Mark Cuban, der für einen handfesten Skandal sorgte und die Atmosphäre zwischen beiden Klubs aufs Fahrlässigste vergiftete.

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Es ist eine etwas eigentümliche Gemengelage. Die Serie zwischen den Dallas Mavericks und den Denver Nuggets kommt eigentlich recht einseitig daher.

Die Mavs haben genau das gemacht, was man auf jeden Fall tun sollte, wenn man reif für den Sommerurlaub ist: Sie haben sich mit 0-3 in Rückstand begeben. Tödlicher geht's nicht. Aus der Nummer kam noch nie einer raus. NEVER EVER!

Es ist also recht einseitig und an Spannung fehlt es aufgrund dieser Konstellation auch. Dallas verkürzte zwar unter Aufbietung aller erlaubten und mitunter auch unerlaubten Mittel zum 1-3, doch wie gesagt... NEVER EVER!

Eigentlich kein Klassiker

Trotz allen Mangels an Dramatik aber liegt vor dem fünften Spiel in der Nacht zum Donnerstag eine Spannung in der Luft, die ihresgleichen sucht.

Als wären es die Finals und nicht die West-Semis, als stünde uns Spiel sieben bevor und als pflegten Mavericks und Nuggets eine Rivalität, die durch das Stahlbad unzähliger bedeutsamer Duelle seit, sagen wir mal, seit den 1950ern, gegangen ist und um die sich demzufolge die tollsten Legenden ranken. Nichts davon trifft zu und doch...

Mit Volldampf in den Fettnapf

Schuld daran ist ein Mann, der sich in der Öffentlichkeit nur allzu häufig der Devise "Erst handeln, dann rausreden" bedient und gewiss kein Fettnäpfchen unbeachtet rechts liegen lässt, in das man nicht auch per Arschbombe vom Zehnmeterturm hineintorpedieren könnte.

Die Rede ist freilich von Dallas' Chefdiplomat Mark Cuban, der sich anhand der aktuellen Ereignisse rund um die Denver-Dallas-Serie doch mal selbst die Frage stellen sollte, ob die Mavericks nicht deshalb gerne vorzeitig in den Playoffs scheitern, weil er die Gegner in schöner Regelmäßigkeit bis aufs Blut reizt und in der Verkehrung seiner eigentlichen Absichten die Schiedsrichter gleich mit dazu.

Dass Cuban gegen die Referees mault, ist nichts Neues. Das kennt man seit Jahren. Nach Spiel drei, das Dallas Samstagnacht auf die bitterste Weise mit 105:106 verlor, überspannte Cuban den Bogen aber vollends.

Attacke auf die Mutter

Er geriet mit der Mutter von Denvers Power Forward Kenyon Martin, Lydia Moore, aneinander. So weit, so absurd. Dabei machte der milliardenschwere Klubbesitzer die gute Frau auf ihrem Sitzplatz in Spielfeldnähe ausfindig, ging auf sie zu und sagte ihr auf den Kopf zu, dass er ihren Sohn für einen Verbrecher und Drecksack halte.

Man stelle sich einen entsprechenden Fall in der Fußball-Bundesliga hierzulande vor. Karl-Heinz Rummenigge oder Uli Hoeneß speien der Mutter oder dem Vater eines gegnerischen Spielers Beleidigungen mitten ins Gesicht.

Entschuldigung kommt zu spät

Für die NBA, die Cuban für seine Entgleisungen regelmäßig mit den schönsten Geldstrafen belegt, war die Sache erledigt, nachdem dieser sich via Weblog bei der Familie Martin entschuldigte.

Doch da war das Kind ja schon in den Brunnen gefallen und die hässlichen Szenen rund um Spiel vier am Montagabend schon passiert. Die Entschuldigung postete Cuban erst Dienstagmorgen um 1.34 Uhr.

Mit seiner Verbalattacke auf Mrs. Moore hatte Cuban die Fans förmlich aufgehetzt, grünes Licht gegeben, mit allen Nuggets-Fans und -Angehörigen umzuspringen, wie er es vorgelebt hatte.

"Hässlicher als feindselig"

Denvers Cheftrainer George Karl versuchte die Atmosphäre zu beschreiben und suchte nach einem Wort, dass "hässlicher als feindselig" sei.

Kenyon Martins stressgeplagte Mutter musste sich im American Airlines Center wüste Beschimpfungen anhören und bekam den Inhalt eines Bierbechers ab.

Nicht besser erging es Martins Freundin Trina und La La Vazquez, der Verlobten von Carmelo Anthony, die sich sexuell anzüglicher und rassistischer Anfeindungen ausgesetzt sahen. Mehrmals flogen Gegenstände in Richtung der Nuggets-Entourage, die von zahlreichen Security-Mitarbeitern geschützt während des vierten Viertels aus dem Innenraum der Arena flüchtete.

"Es war fast so schlimm wie bei einem Spiel in Belgrad, das ich einmal besuchte", sagte Denvers Sportdirektor Rex Chapman. "Damals flogen Stühle und Leuchtfeuer wurden entzündet. Es ist nicht fair unseren Spielern gegenüber, dass sie Angst um die Sicherheit ihrer Angehörigen haben müssen. Es war wirklich schlimm."

Nichts Konstruktives von Cuban

Cubans Entschuldigung kam windelweich daher und wurde in zahlreichen Publikationen zerrissen. Immerhin erklärte er: "Ich möchte mich bei Dir, KMart, und Deiner Mutter für meine Kommentare entschuldigen. Ich hätte gar nichts sagen dürfen und habe mich falsch verhalten."

Cuban räumte ein, dass er seine Verantwortung für den Klub und die Zustände in seiner Arena missachtet habe, nivellierte seine Einsichten aber auf der anderen Seite dadurch, dass er auf Entgleisungen seitens der Denver-Fans abhob, die er während der laufenden Serie habe erleiden müssen und dass alle NBA-Standorte Sicherheitsdefizite hätten.

Zur Versöhnung zwischen beiden Lagern dürfte er wenig bis gar nichts beigetragen haben. Es dürfte schon mehr nützen, dass Cuban zu Spiel fünf aus geschäftlichen Gründen nicht in Denver weilt.

Martin will Face to Face gehen

Martin selbst hielt sich bedeckt in der Angelegenheit, sei aber keinesfalls fertig mit Mark Cuban, dessen Namen er in der Öffentlichkeit nicht erwähnen wolle.

"Man sagt nichts zu meinen Kindern oder zu meiner Familie. Wer was zu sagen hat, soll es zu mir sagen. Aber ich werde mich um die Sache kümmern. Ich werde nicht diese Mediensache abziehen, rauf und runter. Das ist seine Masche. Ich bin geradeaus. Face to Face. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, werde ich die Sache wieder auf den Tisch bringen."

Kidd: "Der Druck liegt bei Denver"

Die Mavericks haben es sich unterdessen in ihrer Außenseiterrolle bequem gemacht. Zu den Vorkommnissen abseits des Parketts äußerte sich niemand.

"Der Druck liegt bei Denver", meinte Jason Kidd. "Sie wollen die Serie beenden. Wir müssen nur hingehen und einen Weg finden, das Spiel zu gewinnen."

Nie wieder nach Dallas

Um das Spiel zu gewinnen, braucht Dallas in jedem Fall einen Dirk Nowitzki, der die Form der ersten Spiele bestätigt. 35 Punkte erzielte er bislang durchschnittlich, in Spiel vier waren es 44, 19 davon im letzten Viertel.

"In jedem Playoff-Spiel passiert irgendwas Besonderes", meinte Nowitzki. "Wir müssen uns einfach durchkämpfen, hart spielen und dürfen auf keinen Fall klein beigeben."

Für die Nuggets kommt ein weiterer Sieg der Mavericks nicht in Frage. Der Gameplan für Spiel fünf ist klar. Spielmacher Chauncey Billups: "Wir haben definitiv nicht vor, noch mal nach Dallas zu fahren." NEVER EVER!

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