NBA

Mein Team, mein Coach, mein Playmate

Von Haruka Gruber
Devin Harris wurde diese Saison erstmals ins All-Star-Team berufen
© Getty

Devin Harris wurde von den Dallas Mavericks fortgejagt - und ist bei den New Jersey Nets plötzlich der kommende Superstar. Eine All-Star-Nominierung und ein Playmate als Freundin hat er schon - kommt jetzt die Rache in Dallas?

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Plötzlich war Stuart Tanner prominent. Die legendäre ESPN-Sendung "SportsCenter" widmete ihm einen Beitrag, auf "Yahoo.com" war er auf der Startseite und praktische jede Basketball-Website der Welt thematisierte seinen Husarenstreich.

Es war im Oktober 2008, als New Jersey Nets' Spielmacher Devin Harris im Rahmen der "NBA Europe Live Tour" einen Basketball-Platz in London feierlich einweihte. Tanner, ein talentierter Freizeit-Streetballer, war vor Ort und forderte in Jeans und V-Schnitt-Pullover Harris zum Eins-gegen-Eins.

Harris mit dem ersten Angriff, der Distanzwurf trifft nur den Ring, Ballbesitz Tanner. Der Engländer sucht das Duell, kurze Wurffinte, Sprungwurf, Treffer. Tanner erneut im Angriff, lockerer Crossover durch die eigenen Beine, Dribbling durch die Hosenträger (!) von Harris, Reverse-Layup, Treffer, Sieg, Jubel.

Der verkannte Sohn kehrt zurück

Eine Sensation für Tanner, der nächste Tiefschlag für Harris. Hätte man meinen können. Im Februar vergangenen Jahres erst wurde er von den Dallas Mavericks zu den Nets im Tausch für den zehn Jahre älteren Jason Kidd abgeschoben. Der damalige Mavs-Coach Avery Johnson hatte keine Verwendung für Harris.

"Es war hart unter Johnson. Ich versuchte mich anzupassen und meine Nische zu finden. Ich dachte eigentlich, dass ich einen ordentlichen Job erledigt habe", erinnert sich Harris.

Vier Jahre Dallas und seinen Teamkollegen sowie besten Freund Josh Howard ließ er hinter sich - und feiert zwölf Monate später mit der Auswärtspartie der Nets in der Nacht auf Donnerstag bei den Mavs seine Rückkehr in Dallas.

Nicht als ausgemustertes Möchtegern-Talent, das sich von einem Freizeit-Streetballer blamieren ließ. Sondern als frisch gekürter All-Star und einer der besten Spielmacher der NBA. Nebenbei angelte sich Harris TV-Reality-Star und Playmate Meghan Allen als neue Freundin.

Leidenszeit unter Avery Johnson

Sein Durchbruch in Zahlen: 21,8 Punkte, 6,5 Assists, 1,6 Steals. Allesamt Karrierebestleistungen. Dass New Jersey trotz 16 Niederlagen in den vergangenen 21 Spielen mit einer Bilanz von 24-30 auf Rang neun im Osten liegt, ist Vince Carter und besonders Harris zu verdanken. 

"Devin musste von Avery wegkommen", sagt sein ehemaliger Mitspieler Dirk Nowitzki. "Er genießt jetzt in New Jersey eine Freiheit, die er vorher nicht kannte."

Harris hat in Dallas gelitten. "Ich liebe Devin und ich bin stolz auf ihn", sagt Johnson - aber vertraut hat er Harris nie. Die Spielzüge gab der Coach an der Seitenlinie vor, und wenn Harris diese nicht zufriedenstellend umsetzte, wurde er vor versammelter Mannschaft angeschnauzt. Tough Love.

Harris der Leader der Nets

In New Jersey hingegen ist Harris das Fundament, auf das die Zukunft der Nets erbaut werden soll. Der Klub vollzieht einen Umbruch und setzt auf jungen Spieler wie Brook Lopez, Yi Jianlian oder Ryan Anderson. Harris ist mit seinen 25 Jahren der Anführer - und wird dementsprechend wertgeschätzt.

Sein Schnitt von 21,8 Punkten, der Bestwert unter allen Point Guards, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Nets-Coach Lawrence Frank im Sommer das komplette Playbook umschrieb, damit Harris' Stärke - der Drive zum Korb - am besten zur Geltung kommt.

Harris gilt nach seiner Leistungsexplosion und der All-Star-Nominierung als Favorit auf die Auszeichnung "Most Improved Player".

"Jeder denkt, dass ich ein neuer Basketballer bin. Aber ich war schon immer so gut. Nur bekam ich nicht die Möglichkeit, das zu zeigen", sagt Harris.

Dallas gibt die Zukunft auf

Dallas stellte in den vergangenen fünf Jahren zweimal auf der Spielmacher-Position grundlegend um. 2004 wurde Steve Nash an Phoenix abgegeben. Jener Nash, der in den folgenden zwei Jahren zum wertvollsten Spieler der NBA ausgezeichnet wurde. 2008 der erwähnte Tausch Kidd-Harris.

Auch wenn der Trade nach den bisherigen Eindrücken kein totaler Fehlgriff der Mavs war - Kidd ist ein komplett anderer Point-Guard-Typ und liefert mehr Assists und Rebounds -, bleibt ein schaler Beigeschmack. Kidd ist 35, Harris 25 und amtierender All-Star.

Beim ersten Aufeinandertreffen in dieser Saison Mitte Dezember gewann New Jersey gegen Dallas deutlich mit 121:97. Mavericks-Besitzer Mark Cuban wurde von den Nets-Fans mit "Thank-you, Cu-ban! Thank-you Cu-ban!"-Rufen verhöhnt, weil Harris sein Ex-Team mit 41 Punkten, 13 Assists und 3 Steals vorführte.

"Devin spielt ein großartiges Jahr. Ich sehe ihm an, wie erwachsen er geworden ist", sagt selbst Johnson. Vor dem Rematch sollte Dallas vielleicht bei Stuart Tanner nach einem Rat fragen.

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